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Sais Rezek © Privat, bearb. MiG

Brief an Giffey

Nicht das Fasten schadet den Kindern, sondern…

Familienministerin Franziska Giffey hat zum Start des Fastenmonats Ramadan muslimische Eltern gemahnt, "Kinder müssen regelmäßig trinken und essen, sonst können sie nicht aufmerksam sein, lernen und sich gesund entwickeln". Said Rezek antwortet der Familienministerin in einem Brief:

Montag, 06.05.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 09.05.2019, 16:03 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Sehr geehrte Frau Franziska Giffey,

ich bin Muslim und habe in meiner Schulzeit gefastet. Es hat mir nicht geschadet, denn sonst hätte ich wohl kaum als Jahrgangsbester mein Fachabitur absolviert. Ich bin übrigens keine Ausnahme. Das Bildungsniveau in Deutschland lebender Muslime steigt stetig.

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Wenn ich krank war, habe ich nicht gefastet, so ist es im Islam geregelt. Fasten sollten Muslime ohnehin erst, wenn sie in die Pubertät kommen. Ihre Sorgen sind vielleicht gut gemeint, aber an dieser Stelle nicht nötig.

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Wenn Ihnen das Wohl der Kinder als Familienministerin und Sozialdemokratin am Herzen liegt, dann sollten Sie sich für höhere Hartz-IV Sätze einsetzen. Hartz-IV-Empfänger haben für die Ernährung ihrer Kinder bis zum sechsten Lebensjahr gerade mal 2,77 Euro pro Tag. Diese Armut schadet der Entwicklung der Kinder und nicht das Fasten.

Wenn Ihnen die Chancengleichheit als Familienministerin und Sozialdemokratin am Herzen liegt, dann sorgen Sie sich um die Chancengleichheit im Bildungssystem. Kinder aus wirtschaftlich schwachen Familien machen viel seltener Abitur oder besuchen eine Universität als Kinder aus wirtschaftlich starken Familien. Entscheidend für den Bildungserfolg ist nicht das Fasten, sondern der soziale Status.

Wenn Ihnen als Familienministerin und Sozialdemokratin die Lebensleistung aller Menschen am Herzen liegt, dann sorgen Sie sich um die Gehaltsunterschiede in diesem Land. Niedrigverdiener leben bis zu zehn Jahre weniger als Gutverdiener. Das hat nichts mit dem Fasten, sondern mit einer Zwei-Klassen-Gesellschaft zu tun.

Als Familienministerin und Sozialdemokratin sollten Sie sich genau um diese Probleme kümmern, statt steile Thesen über das Fasten zu verbreiten.

Die Liste mit sozialen Missständen in unserem Land ließe sich fortsetzen. Als Familienministerin sind Sie sicherlich stark beschäftigt. Aber falls Sie doch mal Zeit haben, lade ich Sie herzlich zu mir nach Essen zum Fastenbrechen ein. Bei der Gelegenheit können wir uns gerne über das Fasten und die sozialen Probleme in unserem Land unterhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Said Rezek Leitartikel Meinung

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  1. Thorsten sagt:

    Hallo in die Runde,

    ich arbeite seit 2014 in einer Aufnahmeeinrichtung für minderjährige Flüchtlinge. Ich habe aufgrund meiner eigenen christlichen Prägung und meiner Einstellung der Toleranz und Anerkennung anderer Religionen höchsten Respekt für die Ausübung religiöser Gebote.
    Meine Erfahrung im Umgang mit der Zeit des Ramadan in meiner Einrichtung ist, dass die Zeit des Fastens eine Herausforderung ist.
    Eine meiner Meinung nach gute und zielführende Begleitung durch eine islamische Gemeinde vor Ort war gegeben.
    Aufgrund meiner Beobachtungen der letzten Jahre mit den Jugendlichen, die ich betreut habe, kann ich folgendes zusammenfassen:
    1. Ja, es gibt die Jugendlichen, die vorbildlich und auf sich schauend die Zeit des Fasten im Ramadan als eigene Prüfung auffassen und leben
    2. Konflikte aufgrund unterschiedlicher Einstellungen der Fastenden waren geläufig und mussten pädagogisch begleitet werden.
    3. Die Präsenz und Mitwirkung der fastenden Jugendlichen am internen Sprachunterricht hat im Ramadan immer gelitten
    4. Das Fasten im Ramadan ist ich nicht immer 1zu1 in unserer Gesellschaft umsetzbar, vor allem wenn (ich kann hier nur aufgrund meiner Erfahrungen mit den Jugendlichen sprechen, die ich betreut habe) eigene bekannte kulturelle und religiöse Maßstäbe angesetzt werden. Auch hier muss eine Auseinandersetzung mit den Begebenheiten in Deutschland stattfinden. Und sei es, dass Regeln einer Einrichtung (wie die Nachtruhe) eingehalten werden müssen.
    Bei allem Verständnis für die Kritik an Integration hindernden Gesetzen, Vorgaben, Ungerechtigkeiten, wünsche auch ich mir eine ehrliche Debatte und Draufschau auf dieses Thema.
    Es ist möglich, voneinander zu lernen und zu profitieren, aber es hat seine Grenzen und darf hier nicht am Wohl des einzelnen Menschen vorbeigehen! Und auch dies kann bedeuten, dass dem einen oder anderen ein zu strenges Fasten eher schadet als nützt.

  2. President Obama sagt:

    Der Artikel macht mich wütend. Ist es doch ein Beispiel für Demagogie sondergleichen.

    Der Autor erweckt den Anschein, als habe Frau Giffey sich generell gegen das Fasten gewendet. KEINESFALLS ist dies der Fall.

    Sie wendet sich gegen STRENGE Ramadan-Regeln für Schulkinder, gegen solche Fälle von unter 14-jährigen, die aufgrund des Fastens gesundheitliche Probleme bekommen. Sie wird gestützt von anderen Politikern, Ärzteverbänden, meiner Wahrnehmung nach der breiten Mehrheit einer Gesellschaft.

    Kein halbwegs vernünftiger Mensch würde seine Kinder in eine gesundheitlich schwierige Lage bringen. Diejenigen vereinzelt wenigen Eltern, die dies tun und das mit Ihrer Religion begründen müssen nicht in Schutz genommen werden, sondern deutlich dazu bewegt werden ihre Kinder nicht zu gefährden.

    Und was ich dann hier bei Migazin? Die Regelsätze sollten besser angehoben werden???

    Eine falsche Behauptung (Giffey gegen Ramadan für Kinder) wird benutzt um höhere SGB II Regelsätze einzufordern?

    Auf diese populistische, auf Effekthascherei ausgerichtete, Schreiblerei treibt die Gesellschaft nur weiter auseinander.

  3. Antoinette de Boer sagt:

    Fasten muss nicht grundsätzlich richtig oder falsch sein – im Gegenteil – das Intervallfasten wird unter gesundheitsbewusten Menschen – egal welcher Religion – sehr befürwortet.- Allerdings sollte man Schulkindern, die mental oder auch körperlich zur Zeit des Ramadan den doch oft grossen Anstrengungen in der Schule nicht gerecht werden können,das strenge Fasten nicht zumuten.- Ein Kompromiss im Verzicht könnte doch auch sein,in dieser Zeit z B. auf Süssigkeiten zu verzichten, auf Videospiele oder andere liebgewonnenen Angewohnheiten während der Zeit des Ramadan zu verzichten.

  4. Antoinette de Boer sagt:

    . . . was die Unterstützung a l l e r Kinder betrifft,so bin ich der Meinung,dass ein kostenloses Mittagessen in K i t a s und S c h u l e n – ausserdem kostenloser Nachhilfeunterricht,besser wären und eine sehr gute Grundlage zur Gesundheit und Bildung der Kinder leisten könnten – die gute Entwicklung eines Kindes in den ersten 10 Jahren ist die allerwichtigste für die Zukunft eines friedlichen M i t e i n a n d e r s.- Niemand sollte in unserem Lande seine Kultur verleugnen müssen, aber genauso wichtig ist es doch auch,dass wir als Gesellschaft zusammenwachsen.- Ausserdem würde dieser Vorschlag vielen Eltern einige Sorgen abnehmen.

  5. Tina sagt:

    Auch ich möchte Herrn Rezek recht geben.

    Was ich dennoch nicht ganz verstehe ist, dass egal ob Kind oder Erwachsener beim Fasten nichts getrunken werden darf. Gerade wenn es im Sommer sehr heiß ist.

    Vielleicht kann mich ja mal jemand aufklären, ob und wie sich der Körper damit arrangiert.

    Noch kurz zur Sozialen Ungleichheit. Ich finde auch, dass sozial schwache Kinder viel mehr gefördert werden können und müssen. Das müsste auch mehr in den Schulen passieren, weil Eltern von sozial schwachen Kindern oft nicht selbst fördern, egal aus welchen Gründen.

    Naja letztendlich ist das hier auch eine schwierige Debatte.

    Allgemein sollte aber viel mehr in unsere Zukunft investiert werden, siehe skandinavische Länder und auch die Frage von Betreuung und arbeitende Mütter/Eltern ist eine die sich unsere Regierung stellen muss.