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Kassel und Halle

Tausende Menschen demonstrieren gegen rechts

In Kassel und Halle haben am Samstag Tausende Menschen gegen Rechtsextremisten demonstriert. Insgesamt waren 13.000 Demonstranten auf den Straßen. Politiker fordern Aberkennung der Gemeinnützigkeit der „Identitären Bewegung“.

Montag, 22.07.2019, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.07.2019, 17:08 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Sieben Wochen nach dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke haben am Samstag in Kassel Tausende Menschen gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremisten demonstriert. Etwa 10.000 Teilnehmer hätten vom Morgen bis in den Nachmittag gegen eine Kundgebung der Kleinstpartei „Die Rechte“ mit etwa 100 Teilnehmern protestiert, teilte ein Polizeisprecher mit. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) verurteilte den Aufmarsch der Rechten.

„Es ist widerlich und scheinheilig, wenn ausgerechnet die, die den Hass schüren, nun wenige Wochen nach diesem unfassbaren Verbrechen durch Kassel marschieren“, erklärte die Ministerin am Samstag. Walter Lübcke sei ermordet worden, weil er sich für Menschlichkeit eingesetzt habe. „Nach allem was wir wissen, endete die rechtsextreme Hetze gegen ihn in einem politischen Mord“, sagte Lambrecht. Die übergroße Mehrheit stehe für eine menschliche Gesellschaft.

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Neonazi-Aufmarsch am 20. Juli

Der Aufmarsch von Mitgliedern und Anhängern der Partei „Die Rechte“ war von dem bekannten Neonazi Christian Worch angemeldet worden. Er stand unter dem Motto „Gegen Pressehetze, Verleumdung und Maulkorbfantasien“. Die Rechten hatten sich wegen einer angeblichen Instrumentalisierung des Mordes an Walter Lübcke bewusst Kassel als Veranstaltungsort ausgesucht.

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Die mehr als 20 Gegendemonstrationen im Stadtgebiet waren von einem „Bündnis gegen rechts“ angemeldet worden, dem unter anderem Gewerkschaften, Vereine, Parteien, Religionsgemeinschaften und Kirchen angehören. Die Teilnehmer der Bündnis-Veranstaltungen trugen Transparente mit Aufschriften wie „Gemeinsam gegen rechten Terror. Keinen Fußbreit den Mördern und Faschisten“ oder „Rechte Terrornetzwerke zerschlagen“. Besonders empört zeigten sich viele darüber, dass der Aufmarsch der Neonazis am Gedenktag des misslungenen Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944 stattfand.

Gericht hatte rechte Demo erlaubt

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte am Freitagmorgen die Demonstration der Partei „Die Rechte“ unanfechtbar erlaubt. Der Stadt sei es nicht gelungen, deutlich zu machen, dass mit der Versammlung der Rechten eine Verunglimpfung des Andenkens an Lübcke verbunden und die öffentliche Ordnung gefährdet sei (AZ: 2 B 1532/19). Allerdings erließ die Stadt Kassel Auflagen für die Anmelder der rechten Demo. So durften die Neonazis nur am Rande der Innenstadt aufmarschieren.

Walter Lübcke war am 2. Juni nachts auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen erschossen worden. Die Tat gestand ein in Kassel wohnender Rechtsextremist, der die Polizei auch zur Tatwaffe führte, sein Geständnis aber später widerrief. Stephan E. sitzt jedoch weiter als dringend tatverdächtig in Untersuchungshaft.

Protest gegen „Identitäre Bewegung“ in Halle

Zeitgleich zur Demo in Kassel haben nach Veranstalterangaben rund 3.000 Menschen in Halle gegen Rechtsextremismus protestiert. Sie beteiligten sich an mehreren Demonstrationen sowie einem „Bürgerfest für Demokratie“, wie das Bündnis „Halle gegen rechts“ am Samstag mitteilte. Unterdessen wurde der geplante Aufmarsch der „Identitären Bewegung“ in der Stadt abgesagt. Über Twitter teilte die Polizei in Halle mit, die Versammlungsbehörde habe den Start der Demonstration verboten.

Die „Identitäre Bewegung“ war kürzlich durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft worden. Sie betreibt in Halle ein rechtsextremes Hausprojekt.

Die Sicherheitskräfte waren in Halle nach eigenen Angaben mit mehreren Hundertschaften im Großeinsatz. Die Teilnehmerzahlen an den Protestveranstaltungen bezifferte die Polizei mit rund 2.000 Menschen und verwies zur Orientierung zugleich auf die Veranstalterangaben.

„Identitären Bewegung“ gemeinnützig

An dem Protest gegen den Aufmarsch der „Identitären Bewegung“ nahmen auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sowie der Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby (SPD) teil. „Die ‚Identitäre Bewegung“ muss die Gemeinnützigkeit als Verein sofort aberkannt bekommen“, sagte Klingbeil. Die Einstufung als rechtsextrem durch den Verfassungsschutz sei richtig. Jetzt müsse mit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der nächste Schritt folgen. Rechtsextreme seien eine reale Gefahr für die Demokratie und das friedliche Zusammenleben. „Wir müssen gemeinsam alles dafür tun, um rechtsextreme Strukturen in unserem Land zurückzudrängen“, sagte Klingbeil.

„Halle gegen rechts – Bündnis für Zivilcourage“ ist nach eigenen Angaben ein überparteiliches Bündnis aus über 100 Einzelpersonen und mehr als 30 Organisationen aus Halle, das sich gegen die extreme Rechte, Rassismus, Antisemitismus und andere Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit sowie gegen jede Diskriminierung und für Zivilcourage einsetzt. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft

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