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"Lügenmärchen"

Kritik an Seehofers Abschiebe-Forderung für syrische „Heimaturlauber“

Die Forderung von Horst Seehofer, syrische „Heimaturlauber“ sollten abgeschoben werden, stößt auf Kritik. Diakonie, Grüne und die Linken werfen dem Innenminister Stimmungsmache vor.

Mittwoch, 21.08.2019, 5:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 22.08.2019, 16:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stößt mit seiner Forderung nach einer Abschiebung von syrischen Heimaturlaubern auf Kritik. „Insgesamt dürfte sich das Phänomen in engen Grenzen halten, da den Flüchtlingen bewusst ist, dass sie ihren Schutzstatus dadurch verlieren“, sagte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Nach Informationen aus der Flüchtlingsarbeit der Diakonie gebe es lediglich einzelne Fälle von Flüchtlingen, die nach Syrien reisen.

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„Sie tun dies etwa, um den Entzug ihrer Häuser durch das Assad-Regime zu verhindern oder nahen Angehörigen in lebensbedrohlichen Situationen beizustehen, zum Beispiel im Sterben liegenden Eltern“, erklärte die Diakonie. Die Betroffenen gefährdeten mit diesen Reisen ihren Flüchtlingsstatus.

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Seehofer hatte sich im Boulevardblatt „Bild am Sonntag“ für die Abschiebung von Asylbewerbern aus Syrien ausgesprochen, die nach ihrer Flucht regelmäßig aus privaten Gründen in ihr Heimatland zurückkehren. „Wer als syrischer Flüchtling regelmäßig in Syrien Urlaub macht, der kann sich ja nicht ernsthaft darauf berufen, in Syrien verfolgt zu werden“, sagte Seehofer der Zeitung. Wenn dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge solche Reisen bekannt würden, prüfe die Behörde unverzüglich einen Widerruf des Flüchtlingsstatus.

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Jelpke: Seehofers Lügenmärchen

Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, findet es „haarsträubend, wie der Bundesinnenminister Stimmung gegen syrische Flüchtlinge macht“. Seehofer schäme sich nicht, die längst widerlegte Mär vom Schutzsuchenden, der in Syrien „Urlaub“ macht, aufzukochen. Dabei sei Seehofer nicht einmal in der Lage, Zahlen oder Daten zu benennen, wie viele Flüchtlinge denn angeblich „Urlaub“ in Syrien machten.

„Mit seiner perfiden Hetze geht es Seehofer offenkundig darum, die Union für AfD-Wähler attraktiv zu machen. Mit solchen perfiden Lügenmärchen wird aber einzig und allein der braune Sumpf gestärkt“, erklärt Jelpke und fügt hinzu: „Selbst wenn es so sein sollte, dass einzelne Schutzsuchende in Verfolgerstaaten ausreisen, um dort Familienangehörige zu treffen und sich dadurch in Gefahr begeben, so wäre das kein ,Urlaub’“.

Solche Reisen seien vielmehr die Konsequenz einer restriktiven Familiennachzugspolitik, mit der die Bundesregierung dafür sorgt, dass Familien voneinander getrennt bleiben und sogar Kleinkinder im Kriegsgebiet zurückbleiben. Asylsuchenden, die nur einen subsidiären Schutzstatus bekommen, ist der Familiennachzug nicht erlaubt.

Mihalic: Seehofer sollte Integrationsgrundlagen schaffen

Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, sagte der „Rheinischen Post“: „Der Bundesinnenminister muss endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass es nicht seine Aufgabe ist, Fälle zu konstruieren, bei denen er zeigen kann: Hier schieben wir ab.“ Aus kurzen Aufenthalten in Syrien könne keinesfalls geschlossen werden, dass keine Schutzbedürftigkeit mehr bestehe und ein dauerhafter Aufenthalt ungefährlich wäre. „Statt sich an solchen Fallkonstellationen festzubeißen, sollte der Innenminister lieber die Grundlagen für gelingende Integration schaffen“, forderte Mihalic.

Für Syrien gilt seit Jahren ein Abschiebestopp, der immer wieder verlängert wurde. Die aktuelle Verlängerung gilt bis Ende dieses Jahres. (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. kommentator sagt:

    Er hat eigentlich Recht. Diejenigen, die so sicher zu Hause fühlen, dass sie dort Urlaub machen können, können nicht behaupten, dass sie dort verfolgt sind, Schutz brauchen und wollen auf Kosten von anderen als Flüchtlinge im Ausland weiter wohnen. Dieses Problem ist leider aber nicht lösbar, da die deutsche Behörden nicht wissen/folgen können wer nach Syrien tatsächlich gereist ist. Ich kenne selber viele, die ihre original Pässe/Ausweis Dokumente in der Türkei oder andere Nachbarländer mit Bekannten lassen. Sie fliegen nach der Türkei oder Kurdistan und passieren durchs Land mit diesen Dokumenten nach Syrien, was die deutsche Behörden nicht folgen oder prüfen können, weil nur das Reiseziel Türkei festgestellt werden kann. Deswegen ist diese Forderung nicht impementierbar.