Seenotrettung
Seehofer verteidigt Einsatz für Verteilmechanismus
Bundesinnenminister Seehofer verteidigt seinen Vorschlag, ein Viertel der aus Seenot geretteten Flüchtlinge aufzunehmen. Derweil werben Bundespräsident Steinmeier und sein italienischer Amtskollege Mattarella für eine EU-Lösung. Am Montag treffen sich EU-Innenminister.
Freitag, 20.09.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 23.09.2019, 16:55 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sein Plädoyer für einen Verteilmechanismus bei der Rettung von aus Seenot geretteten Migranten gegen Kritik aus den eigenen Reihen verteidigt. „Es ist unglaublich, dass man sich als Bundesinnenminister für die Rettung von Menschen vor dem Ertrinken rechtfertigen muss“, sagte Seehofer am Donnerstag in Berlin. Kritik aus der Union für sein kürzliches Angebot, Deutschland könne ein Viertel der aus Seenot Geretteten aufnehmen, wies er zurück.
Seehofer betonte, seit Juli 2018 habe Deutschland die Aufnahme von 565 aus Seenot Geretteten zugesagt. 225 davon, die Sicherheitsüberprüfungen und Registrierung durchlaufen haben, seien seitdem nach Deutschland gebracht worden. 2.199 Menschen wurden in diesem Zeitraum nach seinen Worten von Nichtregierungsorganisationen oder der Küstenwache von Italien und Malta aus Seenot gerettet. Deutschland habe also bereits nach derzeitiger Praxis für ein Viertel der Geretteten Aufnahmen zugesagt. Bei einer Verteilung unter allen 27 EU-Staaten müsste Deutschland nach einem gerechten Verteilungsschlüssel 22 Prozent aufnehmen, erklärte der Minister.
Asylzahlen unterhalb der Obergrenze
Seehofer stellte die Zahl der der gesamten Asylerstanträge von Januar bis Ende August dieses Jahres in Deutschland gegenüber. Dies seien 98.000 gewesen. Bis Ende des Jahres rechne er mit 140.000 bis 150.000 Asylanträgen. Das bewege sich unterhalb des in der Koalition vereinbarten Korridors für die Asylzuwanderung, sagte Seehofer. 225 aus Seenot Gerettete in 15 Monaten seien „Lichtjahre entfernt von einer Veränderung der Migrationspolitik der Bundesregierung“.
Seehofer unterstrich am Donnerstag zudem seinen Optimismus, beim bevorstehenden Treffen einiger EU-Innenminister auf Malta einen Vorschlag zu einem Verteilmechanismus für die aus Seenot Geretteten zu kommen. Der Bundesinnenminister hatte sich am Mittwoch mit seiner neuen italienischen Amtskollegin Luciana Lamorgese in Berlin getroffen. Sie ist Nachfolgerin von Matteo Salvini von der rechten Partei Lega, der wiederholt Rettungsschiffen die Einfahrt in italienische Häfen verweigerte und europäische Lösungen blockierte. Mit Lamorgese habe eine „neue Ära“ der Zusammenarbeit begonnen, sagte Seehofer.
Steinmeier wirbt für EU-Lösungen
Derweil haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und sein italienischer Amtskollege Sergio Mattarella für gemeinsame Bemühungen der EU um eine Lösung der Migrationskrise geworben. Italien dürfe bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht vom Rest Europas allein gelassen werden, sagte Steinmeier am Donnerstag bei einer Begegnung mit Mattarella in Rom. Unter Anspielung auf das Dublin-Abkommen, nach dem Asylanträge in dem Land gestellt werden müssen, in dem Flüchtlinge als erstes die EU betreten, forderte er eine Entlastung Italiens.
Die Suche nach Lösungen in der Migrationsfrage müsse von Bemühungen um eine Befriedung Libyens begleitet sein, mahnte Steinmeier. Er äußerte die Hoffnung auf eine Überwindung der „Sprachlosigkeit“ zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen in Libyen.
Mattarella fordert automatische Verteilung
Mattarella forderte am Beginn von Steinmeiers zweitägigen Besuch in Italien verstärkte Bemühungen um eine automatische Verteilung von Bootsflüchtlingen, die im Mittelmeer gerettet werden. Ohne eine Stabilisierung Libyens ausgehend von einem Waffenstillstand, drohe eine Ausweitung von Menschenhandel und Terrorismus in dem nordafrikanischen Land.
Der italienische Präsident drang bei der Begegnung mit Steinmeier überdies auf verstärkte Bemühungen um gemeinsame Vereinbarungen der EU mit Herkunftsländern über die Rückführung von Migranten. Diese müssten unter Achtung der Menschenrechte vollzogen werden.
Innenministertreffen
Am Montag treffen sich die Innenminister von Deutschland, Frankreich, Italien, Malta sowie Finnland als derzeitiger EU-Ratsvorsitzender und die EU-Kommission in Malta, um weiter über diesen Mechanismus zu verhandeln. Der Vorschlag soll Seehofer zufolge dann dem EU-Innenministerrat am 8. Oktober vorgelegt werden.
Seehofer hofft, dass der Mechanismus dann inkraft gesetzt wird mit der Unterstützung von wenigstens einem Dutzend der 27 EU-Staaten. Wer sich nicht beteiligen wolle, könne auf andere Weise unterstützen, beispielsweise mit Personal, sagte Seehofer. (epd/mig) Aktuell Politik
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