Viele Fragen
Verein zur Ausbildung von Imamen geplant
Ein Verein soll die Ausbildung von Imamen in Deutschland voranbringen. Für die Verwurzelung in Deutschland wäre das ein Fortschritt, lobt die Politik. Viele Fragen bleiben zum Start aber offen. Kritikfrei ist das Vorhaben auch nicht.
Von Corinna Buschow Freitag, 22.11.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 25.11.2019, 15:53 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Ausbildung von Imamen in Deutschland ist ein Ziel der Politik. Mit einer Vereinsgründung in Osnabrück könnte man dem nun einen Schritt näherkommen. Wie das Bundesinnenministerium und die Universität Osnabrück bestätigten, sollte dort am Donnerstag ein Trägerverein an den Start gebracht werden, in dem Wissenschaftler, Vertreter von Islam-Verbänden und Einzelpersonen ein Kolleg für die Ausbildung der Geistlichen organisieren. Von der Politik wird das Vorhaben gelobt. Die Vereinsgründer halten sich zum Start allerdings bedeckt und lassen viele Fragen offen.
Den Auftrag der Politik hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im März 2018 selbst vorgegeben: „Dass wir uns Jahrzehnte darauf verlassen haben, dass für die Gastarbeiter Imame aus der Türkei kamen, reicht für das 21. Jahrhundert nicht mehr aus“, sagte sie damals im Bundestag. Insbesondere der Einfluss aus der Türkei wurde zunehmend kritisch gesehen. Die Islamkonferenz unter der Führung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stellte vor einem Jahr das Thema Imam-Ausbildung in Deutschland in den Mittelpunkt.
Islamische Theologen werden an Universitäten in Deutschland zwar bereits ausgebildet. Was bislang aber fehlt, ist die praktische Ausbildung in Gemeinden ähnlich der Pfarrer-, Priester- oder Rabbinerausbildung. Wegen der Pluralität der muslimischen Verbände und Richtungen galt dies als besonders kompliziert. In der vergangenen Woche meldete der zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber, einen Fortschritt. Er kündigte die Gründung des Trägervereins in Osnabrück an, der nach seinen Worten unter anderem ein Curriculum für die Ausbildung definieren soll.
Kerber: Großer Schritt
„Wir können zuversichtlich sagen, dass wir beim Thema Imam-Ausbildung einen großen Schritt vorangekommen sind“, sagte Kerber. Eine Ministeriumssprecherin bezeichnete das Projekt in Osnabrück als „Modellvorhaben“ für die Aus- und Fortbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden in Deutschland. Unterstützt wird das Vorhaben auch vom niedersächsischen Wissenschaftsministerium. „Der Verein plant, dort anzuschließen, wo das Studium aufhört“, sagte eine Sprecherin dem „Evangelischen Pressedienst“. Er wolle Theologen auf die seelsorgerische Seite ihrer Arbeit in den Moscheen vorbereiten. Man erwarte von dem Projekt einen Impuls für die Ausbildung, die es bisher nicht gibt.
Die Grünen-Politikerin Filiz Polat begrüßte die Pläne: „Das ist ein wichtiger Schritt für Muslime in Deutschland hin zu einer eigenständigen, vom Herkunftsland unabhängigen Imam-Ausbildung.“ Gleichzeitig sei es ein wichtiges Signal von der Bundesregierung, Muslime dabei zu unterstützen, sagte sie dem epd. Im Raum steht eine finanzielle Förderung vonseiten des Bundes. Die konkrete Höhe steht nach Angaben des Bundesinnenministeriums aber noch nicht fest. Im niedersächsischen Ministerium liegt nach Angaben der Sprecherin noch kein Antrag auf Förderung vor.
Gründer halten sich bedekt
Die Verantwortlichen selbst wollten sich zu den Plänen vor Vereinsgründung allerdings nicht äußern. Man sei noch in der Gründungsphase und wolle erst zu einem späteren Zeitpunkt informieren, hieß es vom Lehrstuhl von Bülent Uçar. Der Professor am Institut für Islamische Theologie in Osnabrück ist nach Angaben der Universität am Verein beteiligt. Die Uni bestätigte dem „Evangelischen Pressedienst“, dass solch ein Verein am Donnerstag gegründet werden sollte. Ein Sprecher betonte aber zugleich, dass der Verein selbst mit der Uni nichts zu tun hat.
Offen blieb damit zunächst, wie der Verein konkret arbeiten wird und welche Organisationen und Personen sich ihm anschließen. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, bestätigte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ), dass sein Verband beteiligt ist.
Umgehung des Neutralitätsprinzips
Kritiker bemängeln, dass der Staat mit solchen Projekten sich auf verfassungsrechtlich dünnem Eis bewegt. Das Neutralitätsprinzip besagt, dass der Staat Religion weder haben noch machen darf. Durch die Gründung und finanzielle Förderung begibt er sich jedoch genau auf dieses Terrain und gibt mittelbar Inhalte vor – zumindest über die Auswahl der Teilnehmer.
Islamrat-Vorsitzender Burhan Kesici hat noch einen weiteren Einwand. Er erklärt gegenüber dem MiGAZIN, dass diese Initiative „nicht ausreichend mit den muslimischen Gemeinden kommuniziert worden ist“. Die Ausbildung von Imamen sei Sache der Religionsgemeinschaften und nicht des Staates.
Uçar: Staat wird sich nicht einmischen
Im Gespräch mit der türkischen Nachrichtenagentur „Anadolu Ajansı“ (AA) erklärte Bülent Uçar am Donnerstag, dass der Staat nur als Geldgeber fungiere und sich nicht einmischen werde. „Sollte sich der Staat einmischen, werden wir bei diesem Projekt nicht dabei sein“, zitiert AA Uçar.
Nicht beteiligt ist der eng mit der türkischen Religionsbehörde verbundene Verband Ditib, der die meisten Moscheen in Deutschland unterhält. Nach Angaben von Innen-Staatssekretär Kerber plant Ditib, im Dezember eine eigene Ausbildungsakademie zu eröffnen. Eine Anfrage zu Details der geplanten Einrichtung ließ Ditib bislang unbeantwortet. (epd/mig) Aktuell Politik
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