Klimakonferenz
Die Welt schaut nach Madrid
Ob von der zweiwöchigen Klimakonferenz in der spanischen Hauptstadt starke Impulse zur Drosselung des CO2-Ausstoßes ausgehen werden, ist unsicher. Die Hoffnungen ruhen vor allem auf der EU.
Von Jan Dirk Herbermann Donnerstag, 28.11.2019, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 01.12.2019, 17:09 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Der Frust war dem Generalsekretär der Weltwetterorganisation anzumerken. „Es gibt kein Zeichen einer Verlangsamung, geschweige denn eines Rückgangs“, sagte Petteri Taalas. Die Stimme des sonst so ruhigen Finnen wurde energisch, fast laut, als er Anfang der Woche die Verschmutzung der Atmosphäre anprangerte: Niemals zu Lebzeiten des Menschen wies die Konzentration von Kohlenstoffdioxid und anderen Klimakillern einen so hohen Wert auf wie 2018 – und in den kommenden Jahren könnte es noch schlimmer werden.
Kurz vor dem Start der zweiwöchigen Weltklimakonferenz in Madrid am Montag appellierte der Chefmeteorologe der UN an die Staaten: Geht konsequenter gegen die Erderwärmung vor. Oder die Klimakrise mit Hitzewellen, Dürren, Stürmen und Überschwemmungen eskaliert noch mehr.
Klima-Flucht
Die Zahl der Menschen, die vor Naturkatastrophen fliehen ist inzwischen höher als die Zahl der Flüchtenden vor Gewalt und Konflikten. Das geht aus einer UN-Sudie hervor, die im Mai vorgelegt wurde. Danach haben allein im Jahr 2017 knapp 19 Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund von Katastrophen verlassen. Experten reden von Massenmigration wenn die Erderwärmung nicht begrenzt wird.
„Die Welt wird nach Spanien schauen und von der Staatengemeinschaft Ergebnisse erwarten, die eine erfolgreiche Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen möglich machen“, drängt auch die Klimaallianz Deutschland, ein Zusammenschluss von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen. Die Vorgaben des Paris-Abkommens von 2015, das eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad vorsieht, müssten endlich ernst genommen werden.
Druck der Straße
Die in Madrid versammelten Politiker dürften auch den Druck der Straße spüren. In diesem Jahr demonstrierten weltweit Millionen Menschen für einen pfleglichen Umgang mit Mutter Erde. Auch rund um die Klimakonferenz sind Massenproteste geplant. Und die Schwedin Greta Thunberg, die zornige Ikone der Protestbewegung, will in Madrid ein weiteres Mal für Furore sorgen.
Doch ob von der zweiwöchigen Konferenz in der spanischen Hauptstadt starke Impulse zum Klimaschutz ausgehen werden, ist unsicher. Denn zum einen brauchen die Staaten und Blöcke bei dem Treffen unter dem Motto „Zeit zum Handeln“ noch keine verbesserten Klimapläne vorzulegen. Die neuen Konzepte müssen laut Pariser Klimaabkommen erst 2020 auf den Tisch.
Vorreiter EU
Zum anderen scheint derzeit nur ein einziger der ganz großen Akteure den Klimaschutz voranbringen zu wollen: Die Europäische Union. „Die EU war bei den vorangegangenen Klimakonferenzen immer ein konstruktiver Spieler“, erklärt Jan Kowalzig, Klima-Referent bei Oxfam Deutschland. „Daran sollten die Europäer in Madrid anknüpfen.“ Nach den Worten von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) muss die EU schon deshalb „führen“, um andere große Verschmutzer wie Indien und China zu mehr Klimaschutz zu bewegen.
Immerhin schlug die kommende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Erhöhung des europäischen Klimaziels vor: Nach ihren Plänen soll die europäische Vorgabe zur Kohlendioxod-Minderung bis 2030 von 40 auf 50 Prozent oder sogar auf 55 Prozent nach oben revidiert werden. Zwar hat der Europäische Rat – also das Gremium der Staats- und Regierungschefs – dem Von-der-Leyen-Vorhaben noch nicht zugestimmt. Das könnte sich aber noch während der Konferenz in Madrid ändern: Denn der Rat wird am 12. und 13. Dezember zusammenkommen und „seine Vorgaben für die langfristige Klimaschutzstrategie der EU fertigstellen“, heißt es aus Brüssel.
Zwischen China und USA
Von anderen Schwergewichten wie Indien und China erwarten Klimaexperten auf der Madrid-Konferenz nicht viel. „Indien und China sind schwierige Verhandlungspartner“, sagt Oxfam-Fachmann Kowalzig. Indien habe zwar sehr ambitionierte Schutzbemühungen für das Klima aufgelegt, poche aber sehr stark darauf, finanzielle Hilfen von den Reichen zu erhalten. „Und für China, den größten Emittent von Treibhausgasen, steht die eigene wirtschaftliche Entwicklung klar im Vordergrund“, sagt Kowalzig. Allerdings gewinne Klimaschutz auch hier an Bedeutung. Nirgendwo würden so viel erneuerbare Energien installiert wie derzeit in China.
Und was machen die USA? Nachdem Präsident Donald Trump den Kündigungsbrief für das Pariser Klimaabkommen abgeschickt hat, wird die Regierungs-Delegation aus Washington in Madrid wohl auf Tauchstation gehen. Doch während die Trump-Administration vom Klimaschutz nichts hält, setzen viele Bundesstaaten wie Kalifornien sowie Städte und Unternehmen in den USA auf erneuerbare Energien. Diese Klimafreunde aus dem Land mit der global größten Volkswirtschaft werden ebenfalls nach Madrid reisen – sie wollen das andere Amerika vertreten. (epd/mig) Aktuell Panorama
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