Kontrolle von Waffenlieferungen
Gespräche über Wiederaufnahme der EU-Mission „Sophia“
Benannt ist sie nach einem Baby, das 2015 von einer somalischen Mutter auf einem deutschen Marineschiff zur Welt gebracht wurde: die EU-Operation "Sophia", die immer wieder Migranten und Flüchtlinge rettete. Jetzt ist eine Wiederbelebung im Gespräch - um Waffenlieferungen zu unterbinden.
Dienstag, 21.01.2020, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 20.01.2020, 20:09 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach der Berliner Libyen-Konferenz ist eine Wiederaufnahme der EU-Marinemission „Sophia“ im Gespräch, die Zehntausende Menschen aus dem Mittelmeer geborgen und nach Europa gebracht hat. Dabei solle die Mission einen neuen Fokus erhalten, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag in Brüssel. „Sophia“ ist derzeit faktisch weitgehend eingestellt.
„Die Idee ist, sie wiederzubeleben“, sagte Borrell nach der Sitzung über „Sophia“. Zugleich wolle man die Mission „refokussieren“ und das Waffenembargo ins Zentrum rücken, erklärte er. Waffentransporte in das Bürgerkriegsland Libyen zu unterbinden, gehört neben dem Kampf gegen Menschenschmuggler und Schlepper bereits zu den Aufgaben von „Sophia“. Durch die Berliner Libyen-Konferenz am Sonntag, die den Weg zu einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen ebnen wollte, bekommt die Aufgabe aber neue Dringlichkeit.
Libyen stand am Montag bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel ganz oben auf der Tagesordnung. Die 2015 gestartete Mission „Sophia“ läuft zwar formell noch. Der Einsatz der Marineschiffe wurde aber im März 2019 ausgesetzt. Grund war der Streit um die Aufnahme der geretteten Flüchtlinge und Migranten in Europa. Seither ist nur noch Fluggerät über dem Mittelmeer im Einsatz. Hintergrund der Einstellung war vor allem die harte Haltung von Italiens damaligem Innenminister Matteo Salvini im Streit um die Aufnahme der geretteten Menschen in Europa. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte am Montag: „Salvini ist weg, wir müssen ‚Sophia‘ wieder aufbauen.“
Unmenschliche Zustände
Info: Gestartet wurde die EU-Militärmission „Sophia“ 2015. Damals war die sog. Flüchtlingskrise auf ihrem Höhepunkt. Erklärtes Hauptziel von „Sophia“ war und ist, Schleppern das Handwerk zu legen. Bei den Einsätzen retteten die EU-Schiffe auch Zehntausenden Flüchtlingen und Migranten das Leben. Diese wurden in Europa angelandet. Da sich der Streit um die Aufnahme der Menschen immer weiter zuspitzte, entschied die EU 2019, die Schiffe abzuziehen. Ein anderer, fortgesetzter Teil der Mission „Sophia“ ist das Training der libyschen Küstenwache. Die EU betont, dass dabei auch die Menschenrechte und die korrekte Behandlung von Migranten und Flüchtlingen vermittelt werden. Menschenrechtler werfen der libyschen Küstenwache schwere Menschenrechtsverletzungen vor.
Bereits am Sonntag hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) direkt nach der Libyen-Konferenz, bei der es um die Befriedung des kriegsgeschüttelten Landes ging, in der ARD-Sendung „Anne Will“ gesagt, dass über „Sophia“ neu gesprochen werden müsse. Maas bezog sich dabei auf einen anderen Aspekt der Mission, nämlich die Unterstützung der EU für die umstrittene libysche Küstenwache. Diese bringt immer wieder Menschen in die berüchtigten Lager. Darauf angesprochen äußerte Maas: „Ich kann ja nicht sagen ‚ich halte die Zustände für unmenschlich‘ und dann irgendwie befürworten, wenn Leute dahin zurückgebracht werden.“
In den ersten zwei Wochen im Januar hat die libysche Küstenwache fast 1.000 Bootsflüchtlinge, darunter 136 Frauen und 85 Kinder, zurück nach Libyen gebracht. UNHCR und „Ärzte ohne Grenzen“ fordern, dass diese Rückführungen beendet werden. Schutzsuchenden drohten dort willkürliche, unbeschränkte Inhaftierung mit Folter, Lösegelderpressung und Vergewaltigung.
Kontrolle von Waffenlieferungen
Auch der CDU-Europapolitiker Michael Gahler sieht durch die Ergebnisse der Libyen-Konferenz die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die EU „Sophia“ wieder mit Schiffen ausstattet. Schließlich sei in Berlin bekräftigt worden, dass nach Libyen keine Waffen mehr geliefert werden sollten, sagte der Europaabgeordnete dem „Evangelischen Pressedienst“. Eine Unterbindung von Waffenlieferungen ist auch ein erklärter Zweck von „Sophia“. Durch Luftraumüberwachung allein gelinge das aber nicht, sagte Gahler.
Ähnlich äußerte sich Raphael Bossong von der Stiftung Wissenschaft und Politik. „Es ist durchaus möglich geworden, dass Operation ‚Sophia‘ wieder Schiffe einsetzt, um die Kontrolle des Waffenembargos zu unterstützen“, sagte Bossong. Mit Blick auf die Seenotrettung hänge der erneute Einsatz von Schiffen aber unter anderem davon ab, ob sich „migrationskritische Staaten“ bei der EU-Entscheidung enthielten beziehungsweise ob es eine glaubwürdige freiwillige Koalition gebe, um die geretteten Menschen aufzunehmen. (epd/mig) Aktuell Politik
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