Diskriminierung
Gericht verurteilt „Deutsche Wohnen“ zu 3.000 Euro Schadensersatz
Als Koyuncu bekam er keine Antwort, als Schäfer einen Besichtigungstermin. Jetzt hat das Amtsgericht Charlottenburg das Berliner Wohnungsunternehmen "Deutsche Wohnen" wegen Diskriminierung zu 3.000 Euro Schadensersatz verurteilt.
Mittwoch, 22.01.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.01.2020, 23:34 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Wegen Diskriminierung eines Bewerbers mit türkischem Namen hat das Amtsgericht Charlottenburg das Wohnungsunternehmen „Deutsche Wohnen“ in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil zu einer Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass das Unternehmen den Bewerber aufgrund seines Namens benachteiligt hat. (GZ: 203 C 31/19).
Der türkeistämmige Bewerber hatte sich mit seinem Klarnamen über ein Portal auf zwei Wohnungen beworben und per Mail jeweils eine Absage bekommen. Er wurde auch nicht für eine Besichtigung eingeladen. Er wollte sich damit nicht abfinden und führte ein sogenanntes Testing durch, indem er seinen türkischen Namen ins Deutsche übersetzte und sich nochmals auf dieselben Wohnungen bewarb. Diesmal wurde er prompt zur Besichtigung eingeladen.
Diskriminierung wegen des Namens
Diese Verdachtsmomente wurden vom Gericht als Indizien für eine Diskriminierung anerkannt. „Dem Kläger ist es gelungen, Indizien darzulegen und zu beweisen, die die Vermutung rechtfertigen, dass er allein aufgrund seines türkisch klingenden Namens, mithin seiner ethnischen Herkunft, keine Einladung zu einem Besichtigungstermin erhalten hat“, heißt es in dem Urteil.
Die „Deutsche Wohnen“ konnte mit der Argumentation, dass die Bewerber nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden seien, das Gericht nicht überzeugen.
Gericht erhöht geforderte Entschädigung
Mehr noch: Das Gericht hob die geforderte Entschädigungssumme sogar um 1.000 Euro an, weil es zu der Überzeugung kam, dass das Wohnungsunternehmen die Mailadresse des Bewerbers nach dessen Diskriminierungsbeschwerde blockiert hatte. Somit hatte er keine Möglichkeit mehr, sich bei der „Deutsche Wohnen“ auf weitere Wohnungen zu bewerben. Die Beklagte vermietet in Berlin ca. 110.000 Wohnungen und gehört zu den größten Vermietern.
Die Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, die den Kläger während des Verfahrens beraten und begleitet hat, ist erfreut über den Richterspruch: „Mit diesem Urteil wird das reaktive Testing von einem weiteren Gericht in der Bundesrepublik Deutschland als Beweismittel in Diskriminierungsfällen anerkannt. Eine durch Indizien glaubhaft gemachte Diskriminierung zu entkräften wird mit diesem Urteil erschwert.“ Die Fachstelle hofft, dass dieses Urteil Menschen in ähnlichen Situationen ermutigt, sich beraten zu lassen und gegen Diskriminierung vorzugehen.
Nur wenige Fälle werden verfolgt
Der Türkische Bund in Berlin und Brandenburg (TBB), der den Betroffenen ebenfalls beraten und begleitet hat, weist darauf hin, dass nur wenige Diskriminierungsfälle juristisch verfolgt und öffentlich bekannt werden. „Umso wichtiger ist es, dass sich die Betroffenen Rat holen und die Fälle sichtbar machen. Dieses Urteil haben wir einem selbstbewussten Bürger zu verdanken, der sich mit der Diskriminierung nicht abgefunden hat und sich auch nicht auf Vergleichsangebote eingelassen hat“, erklärt TBB-Vorstandsmitglied Remzi Uyguner.
Die Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ist ein Projekt der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung und wird aus Mitteln der Landesstelle für Gleichbehandlung-gegen Diskriminierung (LADS) gefördert. Sie wird von der UP19 Stadtforschung + Beratung GmbH und dem Türkischen Bund in Berlin-Brandenburg-TBB getragen. (mig) Leitartikel Recht
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