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Wahlkampf gemacht

Mord an Walter Lübcke: Tatverdächtiger für AfD aktiv

Der Tatverdächtige im Mordfall Lübcke war offenbar für die AfD aktiv. Er soll Partei-Veranstaltungen besucht und Wahlplakate aufgehängt haben. Experte Schroeder fragt, warum die AfD interessant für Rechtsextremisten geworden ist.

Mittwoch, 22.01.2020, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.01.2020, 22:16 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Hauptverdächtige im Mordfall des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hatte offenbar engere Verbindungen zur AfD als bisher bekannt. Nach Recherchen des NDR soll der Rechtsextremist Stephan E. die AfD im hessischen Landtagswahlkampf 2018 unterstützt haben. So soll E. unter anderem Wahlplakate aufgehängt und mehrere Treffen der Partei in Nordhessen besucht haben. Das sollen AfD-Mitglieder gegenüber der Polizei angegeben haben. Bisher waren lediglich eine Spende an die Partei sowie die Teilnahme an einer AfD-Demonstration in Chemnitz 2018 bekannt.

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Nachdem Mitte Juni vergangenen Jahres bekannt geworden war, dass Stephan E. für den Mord an Walter Lübcke verantwortlich sein soll, meldete sich der ehemalige Kreisvorsitzende der Kasseler AfD bei der Polizei. Er schilderte den Beamten, dass Stephan E. im Wahlkampf zur Landtagswahl 2018 beim Plakatieren geholfen habe. E. sei ihm zuvor nicht bekannt gewesen. Der ehemalige AfD-Funktionär hatte bei der Wahl für den Hessischen Landtag kandidiert. Später habe er den heute in Untersuchungshaft sitzenden E. bei der Wahlparty in einem Stammlokal der AfD in Kassel gesehen.

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Verdächtiger bei Partei-Veranstaltungen

Wie außerdem bekannt wurde, sollen weitere Zeugen bei der Polizei ausgesagt haben, sie hätten den Mordverdächtigen E. bei AfD-Treffen gesehen. Ein AfD-Anhänger aus Kassel soll den Ermittlern gesagt haben, er habe E. Ende 2018 bei einem Vortrag bei der AfD kennengelernt. Man habe sich auch mehrmals privat getroffen, aber nie über Politik gesprochen.

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Auch der heutige Vorsitzende der AfD in Kassel hatte Stephan E. bei Partei-Veranstaltungen gesehen. Nachdem Medien im Juni Fotos des Verdächtigen veröffentlicht hatten, erkannte der AfD-Funktionär das Gesicht, erklärte er in einer Aussage bei der Polizei. Bei mindestens drei Versammlungen der AfD habe er E. gesehen, sagte der AfD-Mann den Ermittlern. E. habe sich immer zurückgehalten und in den hinteren Reihen gesessen. Zu einer Veranstaltung sei E. in Begleitung eines anderen Mannes gekommen.

AfD bestätigt Teilnahme

Auf Anfrage des NDR bestätigte die AfD Hessen, dass Stephan E. „bei einigen für alle interessierten Bürger frei zugänglichen Veranstaltungen der AfD in Kassel-Stadt zugegen“ war. E. und sein Umfeld seien für die örtlichen AfD-Politiker „völlig unbekannt“ gewesen. Noch im Juni 2019 habe der AfD-Kreisvorsitzende die Landes- und Bundesspitze der AfD informiert. Umgehend habe die Partei auch die Ermittler über die Anwesenheit auf AfD-Veranstaltungen und die Hilfe im Wahlkampf unterrichtet. Die weitere Steuerung der Information sei von der AfD „komplett den Behörden überlassen“ worden, da es sich um eine laufende Ermittlung handele.

Im September 2019 hatte der Bundesverband der AfD über einen Anwalt mitteilen lassen, dass eine Nähe zwischen dem Mordverdächtigen und der Partei „in keinster Weise bestand oder besteht“. Damals wurde die Partei um eine Stellungnahme zu einer Spende gebeten, die Stephan E. an die AfD getätigt haben soll. Eine Anfrage zu den neuen Recherchen ließ der AfD-Bundesverband unbeantwortet. Der Verteidiger von Stephan E. wollte sich zu den neuen Recherchen nicht äußern.

Experte: AfD interessant für Rechtsextremisten

Bei der Durchsuchung des Wohnhauses des mutmaßlichen Lübcke-Mörders Stephan E. fanden die Ermittler nach NDR-Recherchen Unterschriftenlisten mit den Namen von AfD-Kandidaten. Gegenüber dem Hessischen Landeskriminalamt hat eine Zeugin zudem ausgesagt, Stephan E. habe zusammen mit dem mutmaßlichen Mordhelfer Markus H. 2016 und 2017 an AfD-Demonstrationen in Erfurt teilgenommen.

Nach Einschätzung des Kasseler Politikwissenschaftlers Prof. Wolfgang Schroeder könne die AfD zwar nichts dafür, wenn sich Rechtsextremisten wie Stephan E. für sie einsetzen. Man müsse sich aber fragen, warum er gerade zur AfD gegangen sei. Die AfD habe sich im Laufe der Zeit radikalisiert, sagt Prof. Schroeder im Interview mit dem NDR Magazin „Panorama 3“. So sei die Partei auch für Rechtsextremisten interessant geworden. „Extremistische Kräfte, die nicht nur die Verfassung ändern wollen, sondern sogar bereit sind, Gewalt einzusetzen, sehen in dieser Partei eine Projektionsfläche, einen Handlungsraum“, erklärt der Politologe. (ots/mig) Aktuell Panorama

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