"Asoziale"
Bundestag berät über Anerkennung weiterer NS-Opfergruppen
"Asoziale" und "Berufsverbrecher", die in Konzentrationslagern inhaftiert und gequält wurden, sind bislang nicht als NS-Opfergruppen anerkannt. Das soll sich ändern. Alle Fraktionen haben entsprechende Anträge eingereicht - bis auf die AfD.
Dienstag, 11.02.2020, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 10.02.2020, 16:12 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Bundestag berät in dieser Woche über eine mögliche Anerkennung weiterer NS-Opfergruppen. Dem Parlament liegen vier Anträge aller Fraktionen außer der AfD für eine stärkere Würdigung von Menschen vor, die von den Nazis als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ in Konzentrationslagern inhaftiert, gequält und auch ermordet wurden.
Ein gemeinsamer Antrag von Union und SPD im Bundestag fordert, die beiden Gruppen als Verfolgte anzuerkennen und sie explizit in die Liste der Leistungsempfänger nach den Härterichtlinien im Allgemeinen Kriegsfolgengesetz aufzunehmen. Auszahlungen nach dieser Richtlinie gab es dem Antrag zufolge bislang an 288 als „Asoziale“ und 46 als „Berufsverbrecher“ im Nationalsozialismus inhaftierte Menschen.
Wie viele der Verfolgten aus diesen beiden Gruppen heute noch leben, ist unbekannt. Es wird von einer sehr niedrigen Zahl ausgegangen, weil sie in der Regel bereits in der NS-Zeit Erwachsene waren. Als „Asoziale“ wurden von den Nazis unter anderem Obdachlose, Bettler oder Prostituierte in Konzentrationslager gebracht. Zu „Berufsverbrechern“ erklärten die Nazis Menschen, die wiederholt in der Regel wegen Eigentumsdelikten verurteilt wurden. Ihre Strafe hatten sie allerdings schon verbüßt, bevor sie in einem KZ inhaftiert wurden.
Unterschiede im Detail
„Niemand wurde zu Recht in einem Konzentrationslager inhaftiert, gequält oder ermordet“, heißt es in dem Antrag der Koalitionsfraktionen. Dass die beiden Gruppen neben anderen Verfolgtengruppen – Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen oder politisch Verfolgten – bislang nicht anerkannt waren, liege unter anderem an deren weiterer gesellschaftlicher Ausgrenzung nach dem Zweiten Weltkrieg und fehlender politischer Organisation der Gruppen, heißt es darin weiter.
Der Antrag fordert nun im Kern die gesellschaftliche Würdigung der Opfer, eine Aufarbeitung und stärkere Forschung zu diesen Opfergruppen. Die Anträge von FDP, Linken und Grünen verfolgen dasselbe Ziel, unterscheiden sich in einigen Details. Laut Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses wollen bei der Abstimmung am nächsten Donnerstag auch FDP und Grüne für den Koalitionsantrag votieren. Die SPD-Abgeordneten Eva Högl und Marianne Schieder wollen zuvor am Donnerstagvormittag auf dem Berliner Alexanderplatz Blumen an „Stolpersteinen“ niederlegen, die an fünf Menschen erinnern, die als „Asoziale“ im KZ gestorben sind. (epd/mig) Aktuell Politik
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