Wahlen
Sind die USA reif für einen jüdischen Präsidenten?
Jüdische US-Amerikaner sind besorgt über zunehmenden Antisemitismus. Zugleich steht mit dem Demokraten Bernie Sanders erstmals ein jüdischer Politiker an der Schwelle zum Weißen Haus - ob er diese überquert, ist zurzeit unvorhersehbar. Fest steht: Noch nie kam ein jüdischer Anwärter für das höchste US-Amt bei den Vorwahlen so weit wie Bernie Sanders.
Von Konrad Ege Mittwoch, 04.03.2020, 17:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 04.03.2020, 23:13 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bislang stand außerfrage: Ein US-Präsident muss Christ sein oder zumindest an „etwas“ glauben. Dies verlangte schon das in den USA tief verwurzelte Christentum. Doch diese Vorgabe hat offenbar an Kraft verloren – zumindest in der Demokratischen Partei. Der 78-jährige Senator Bernie Sanders aus Vermont hat die Vorwahlen in Nevada und New Hampshire gewonnen. In Iowa lag er an der Spitze gleichauf mit seinem Rivalen Pete Buttigieg. Juden machen etwa zwei Prozent der Wähler aus. Noch nie ist ein jüdischer Anwärter so weit gekommen. Oder jemand, der sich wie Sanders, als nicht religiös engagiert definiert.
2016 verlor Sanders bei den demokratischen Vorwahlen gegen Hillary Clinton. 2020 spricht Sanders mehr als damals über seine jüdische Familiengeschichte. „Ich bin sehr stolz, Jude zu sein, und das ist ein essenzieller Teil meiner Identität“, sagt Sanders in einem Wahlwerbespot. Juden wüssten, wie gefährlich Rassismus ist. Sanders ist in New York in einem jüdisch geprägten Viertel aufgewachsen. Er habe Menschen mit Tätowierungen aus den nationalsozialistischen Konzentrationslagern auf dem Arm gesehen.
„Ich glaube an Gott“
Im Interview mit der „New York Times“ im Januar wurde Sanders im Detail zu seinem Glauben befragt. „Ich glaube an Gott“, entgegnete Sander. „Ich glaube an die Universalität der Menschen. Was dir zustößt, hat auch auf mich Auswirkungen.“ Ob er einen spirituellen Berater habe? Seine Ehefrau sei katholisch erzogen worden, entgegnete Sanders. Und diese habe „ziemlich starke Gefühle“. Er selber beteilige sich nicht an „organisierter Religion“.
Mit dieser Auskunft liegt Sanders im gesellschaftlichen Trend. Laut einer Erhebung des Forschungsinstituts Pew aus dem vergangenen Jahr stufen sich 26 Prozent der US-Amerikaner als Menschen ohne religiöse Bindung, atheistisch oder agnostisch ein. 2009 hätten dies nur 17 Prozent von sich behauptet. Für Sanders wollen laut Umfragen besonders häufig Wähler ohne Bindung zu organisierter Religion sowie junge Menschen stimmen.
Weiße evangelikale Christen wählen Trump
Demokratische Politiker haben es seit Jahren schwer mit „frommen“ Wählern. Häufige Kirchgänger wählen eher republikanisch. Weiße evangelikale Christen stellen den harten Kern der Wählerkoalition für Präsident Donald Trump. Weiße Protestanten tendieren zu den Republikanern.
Sanders Rivalen Buttigieg, Elizabeth Warren, Amy Klobuchar und Joe Biden wollen den Republikanern offenbar die Gläubigen streitig machen. „Ich gehe zur Messe und ich bete den Rosenkranz“: Das sagt Ex-Vizepräsident Biden in seiner Wahlwerbung. Sein Glaube lehre, dass man Fremde willkommen heißen und sich der Armen annehmen muss, schrieb Biden im Informationsdienst „Religion News Service“. Senatorin Warren spricht gelegentlich über ihre frühere Tätigkeit als Sonntagsschullehrerin in einer evangelisch-methodistischen Kirche.
Hauptwahlen am 3. November
Buttigieg sagte bei einer Wahlveranstaltung im Sender CNN, keine Partei dürfe Gott vereinnahmen. Der frühere Bürgermeister von South Bend in Indiana spricht häufig über seinen Glauben als Mitglied der anglikanischen Episkopalkirche. Seinen Partner Chasten Glezman hat er 2018 in einer Episkopalkirche geheiratet. Senatorin Klobuchar gehört der protestantischen „Vereinigten Kirche Christi“ an. Sie möchte ihre Partei nach eigenen Worten als großes Zelt sehen, in dem religiöse Menschen Platz haben. Anwärter Mike Bloomberg, einer der reichsten Männer der Welt, ist wie Sanders jüdisch. Der Demokrat Bloomberg bietet sich als Politiker der Mitte an, als erfahrener Bürgermeister von New York City und als starker Freund Israels.
Die Hauptwahlen sind am 3. November. Trump betont, evangelikale Christen müssten wählen gehen, um „extremistische linke Radikale“ zu stoppen. Die Mehrheit der Juden wählt demokratisch. 84 Prozent der US-amerikanischen Juden erklärten in einer Erhebung des Verbandes „American Jewish Committee“ im Oktober, der Antisemitismus habe in den USA in den vergangenen fünf Jahren zugenommen. (epd/mig) Aktuell Ausland
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Danke für den Hintergrundartikel.
Aber muss der Hinweis, dass der ehemalige New Yorker OB einer der reichsten Männer der Welt sei, sein? Das finde ich in keinster Weise informativ und eher antisemitische Ressentimenst bedienend.