Wirtschaft und Grenzschutz
EU will Beziehungen mit Afrika vertiefen
Europa will seine Beziehungen mit Afrika vertiefen. In erster Linie geht es um den wirtschaftlichen Einfluss auf dem Kontinent. Auch in Deutschland werden Weichen gestellt. Entwicklungsexperten befürchten, dass die Pläne zulasten der Ärmsten gehen.
Dienstag, 10.03.2020, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 09.03.2020, 21:27 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die EU-Kommission will Europas Beziehungen mit Afrika vertiefen. Ein engeres politisches, wirtschaftliches und kulturelles Verhältnis der Nachbarkontinente sei in einer multipolaren Welt entscheidend, heißt es in einer Mitteilung, die die Kommission und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag in Brüssel vorstellten. Mit dem Papier reagiert die EU auch auf Konkurrenz um Einfluss in Afrika.
Wenn sie in Afrika reise, treffe sie dort auf Russland, Indien, China, Golfstaaten und die USA, sagte die zuständige EU-Kommissarin Jutta Urpilainen vor einigen Tagen, auch die Rolle der Türkei wachse. Angesichts dessen wollten afrikanische Akteure von der EU wissen, was sie anzubieten habe.
Die Kommission schlägt nun vor, bestimmte Bereiche in Afrika weiterzuentwickeln. Dazu gehören grünes Wachstum und eine Verbesserung des Geschäftsumfelds, Handel und ländliche Entwicklung. Weiter geht es um Felder, die schon länger im Blickpunkt stehen, etwa Frieden und Sicherheit sowie Demokratie und Menschenrechte. Konkrete Finanzzusagen macht die EU nicht, da sie ihren mehrjährigen Haushalt gerade erst intern verhandelt.
Bekämpfung von Fluchtursachen
Mit Blick auf Migration hält die Kommission an ihrer bisherigen Linie fest. Es werden die Bekämpfung von Fluchtursachen und schnellere Abschiebungen befürwortet und zugleich Projekte für legale Migration und die Aufnahme Schutzbedürftiger aus Afrika in Europa, ohne die Größenordnungen konkret zu machen.
Das Papier soll eine Strategie vorbereiten, die EU und Afrikanische Union im Oktober bei einem Gipfeltreffen verabschieden könnten. Die Grünen-Europaabgeordnete Pierrette Herzberger-Fofana verlangte, der Prozess rund um diese Strategie müsse „transparent und inklusiv gestaltet werden“. Die CDU-Abgeordnete Hildegard Bentele bedauerte am Montag, in dem Vorschlag zum Thema Kooperationsmöglichkeiten unter dem europäischen Green Deal finde sich außer Schlagworten wenig.
Entwicklungspolitik zulasten der Ärmsten?
Der EU-Plan deckt sich auch mit Plänen der Bundesregierung, die Entwicklungszusammenarbeit stärker auf wichtige Länder auszurichten. Unter Entwicklungsexperten macht sich die Sorge bereit, dass das auf Kosten der Ärmsten geht. Abgeordnete von Grünen und Linken hatten sich bereits Mitte Februar kritisch geäußert.
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hatte im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einen Entwurf des neuen Konzepts der Kooperation mit Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit vorgestellt. Nach Angaben der Entwicklungsexpertin der Linksfraktion, Helin Evrim Sommer, soll nach den vorläufigen Plänen die Länderliste aus bislang 50 Empfängerstaaten bei der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit auf 42 gekürzt werden. Sie kritisiert, dass „die Bereiche Gesundheit und Grundbildung nicht mehr zu den Kernthemen“ dieser bilateralen Entwicklungszusammenarbeit zählen sollten.
Grenzsicherung in Afrika Hauptanliegen?
Künftig würden die Bereiche von multilateralen Organisationen verantwortet und auch stärker für Kapitalinvestitionen aus der Privatwirtschaft geöffnet. Sommer sieht darin einen „radikalen Bruch“ mit der bisherigen Entwicklungszusammenarbeit, die sich im Kampf gegen Hunger und Armut nach dem menschlichen Bedarf ausrichtet.
Der entwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Uwe Kekeritz, warnte davor, die Migrationskontrolle und Grenzsicherung in Afrika zu einem Hauptanliegen zu machen. Dass der Bereich Gesundheit aus der bilateralen Zusammenarbeit fallen solle, sei „mehr als unverständlich“. (epd/mig) Aktuell Politik Videos
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