Interview mit Mouez Khalfaoui
In der islamischen Geschichte gab es zahlreiche Epidemien
Der Fastenmonat Ramadan kann in Corona-Zeiten nach Aussage des Islam-Experten Mouez Khalfaoui auch zu Hause begangen werden. "In der aktuellen Notsituation gelten andere Regeln", sagt der Professor für Islamisches Recht am Zentrum für Islamische Theologie in Tübingen im Gespräch. Die Gesundheit der Menschen gehe vor.
Von Judith Kubitscheck Mittwoch, 22.04.2020, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 21.04.2020, 19:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Am Abend des 23. April beginnt der islamische Fastenmonat Ramadan. Eigentlich eine Zeit, in der man sich vermehrt in der Moschee und der Großfamilie trifft. Wie begehen Muslime in Zeiten von Corona den Fastenmonat?
Mouez Khalfaoui: Ja es stimmt: Der Ramadan ist dafür bekannt, dass in dieser Zeit alte Menschen besucht werden, man sich mit der Familie trifft und gemeinsam betet. Doch wichtiger als das ist der Schutz des Lebens, weshalb in der Corona-Zeit von gemeinsamen religiösen und kulturellen Ritualen abgesehen werden kann, bis die Lage besser ist. Das einzige Problem, das ich sehe, ist, dass in dieser Zeit in Moscheen oft Essen für Arme und Flüchtlinge gekocht und verteilt wird. Ich hoffe, dass in Kooperation mit den Behörden Corona-verträgliche Lösungen möglich sind, wie beispielsweise ein Essen „to go“.
Was raten Sie Muslimen für diese besondere Zeit? Sollte beispielsweise das gemeinsame Beten und Fasten auf die Nach-Corona-Zeit verschoben werden?
Mouez Khalfaoui: Das islamische Recht sagt, dass nur gesunde Menschen fasten sollen, deshalb sind an Covid-19 erkrankte Menschen davon befreit. Auch das gemeinsame Beten im Ramadan, das sogenannte Tarawih-Gebet, ist keine religiöse Pflicht, weshalb nichts dagegen spricht, dass Muslime ihr Gebet alleine zu Hause verrichten. In der islamischen Geschichte gab es übrigens zahlreiche Epidemien, in denen von religiösen Autoritäten noch härtere Maßnahmen zur Bekämpfung gebilligt und von Muslimen umgesetzt wurden. Dies kann uns auch heute noch ein Vorbild sein.
Seit Wochen sind nun auch bereits Moscheen für das Freitagsgebet geschlossen – wie ist aus islamischer Sicht da der beste Umgang damit?
Mouez Khalfaoui: Das Freitagsgebet ist nur dann eine Pflicht, wenn es die Möglichkeit gibt, es durchzuführen. In der aktuellen Notsituation gelten andere Regeln. Manche Moscheen bieten Online-Freitagsgebete an. Auch wenn sie das normale Ritual natürlich nicht ersetzen können, sind sie eine gute Behelfs-Lösung. Generell gilt, dass wir das Leben der Menschen nicht durch gemeinsame Gebete riskieren dürfen. Der Fastenmonat Ramadan ist bekannt als Monat der Anstrengung, der gegenseitigen Hilfe, der Spenden und des Nachdenkens. Genau das brauchen wir in dieser besonderen Zeit. Ich erwarte, dass Muslime einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft während der Corona-Pandemie leisten. (epd/mig) Aktuell Interview Panorama
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