Black Lives Matter
Über Hunderttausend Menschen demonstrieren gegen Rassismus
"Black Lives Matter" (Schwarzen Leben zählen) hieß es nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners Floyd am Wochenende auch in Deutschland. Zigtausende protestierten gegen Rassismus und Polizeigewalt. In Berlin und Hamburg kam es zu Ausschreitungen.
Montag, 08.06.2020, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 07.06.2020, 22:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Zigtausende Menschen haben am Wochenende in Berlin und anderen deutschen Städten gegen Rassismus und Polizeiwillkür demonstriert. Wegen der rund 15.000 Teilnehmer auf dem Berliner Alexanderplatz sperrte die Polizei die umliegenden Straßen für den Verkehr. Viele Demonstranten trugen schwarze Kleidung und riefen immer wieder den Slogan „Black Lives Matter“ („Schwarze Leben zählen“). Eine weitere Großdemonstrationen mit 25.000 Teilnehmern fand in München statt. Auslöser der Proteste war der gewaltsame Tod des schwarzem US-Amerikaners George Floyd, der am 25. Mai bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis starb.
Auf Plakaten wurde in Berlin auch an Menschen dunkler Hautfarbe erinnert, die in Deutschland Opfer rassistischer Gewalt wurden. Die Kundgebung selbst verlief laut Polizei störungsfrei, wurde wegen der anwachsenden Menschenmenge jedoch vorzeitig beendet. Bei anschließenden Ausschreitungen nahm Polizei 72 Menschen vorübergehend fest. Einsatzkräfte und ein Pressefotograf seien verletzt worden, so ein Polizeisprecher.
Auf dem Münchner Königsplatz demonstrierten nach Polizeiangaben am Samstag rund 25.000 Menschen gegen Rassismus. Die Organisatoren zeigten sich überwältigt von so viel Zuspruch. „Wir haben allerhöchstens mit 5.000 Teilnehmern gerechnet“, sagte der Sprecher des Organisationsteams, Johnny Parks, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die schwarze Community habe einen „unglaublichen Push“ erfahren. Auch die Müncher Polizei war auf maximal 3.000 Menschen eingestellt gewesen, wie eine Sprecherin sagte. Doch sei die Demonstration „ruhig und friedlich“ verlaufen. Die Demonstranten hätten allerdings die Mindestabstände von eineinhalb Metern nicht einhalten können.
Wasserwerfer in Hamburg
In Hamburg erinnerten Tausende Menschen am Jungfernstieg mit einer Schweigeminute auf Knien an den Tod von George Floyd. Insgesamt nahmen am Samstag in der Hansestadt nach Polizeiangaben rund 20.000 Menschen auf zwei Demonstrationszügen an den Protesten teil; 6.000 Demonstranten versammelten sich auf dem Rathausplatz, 14.000 in der Innenstadt. Am späten Nachmittag kam es zu Ausschreitungen an mehreren Orten der Stadt, die bis zum Abend dauerten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, es gab mehrere Festnahmen.
Polizeikräfte seien von mehreren Hundert aggressiven und vermummten Personen in Bedrängnis gebracht worden, berichtete die Hamburger Polizei. In den sozialen Medien wurde der Einsatz der Sicherheitskräfte dagegen als unangemessen kritisiert. Angemeldet worden waren für die Hamburger Kundgebungen lediglich 800 Personen. Trotz der hohen Zahl wurden die Protestaktionen von der Polizei jedoch nicht beendet. Ein gewaltsames Ende hätte das Risiko einer Corona-Infektion vermutlich erhöht, hieß es zur Begründung.
40.000 Menschen in NRW
In Nordrhein-Westfalen beteiligten sich rund 40.000 Menschen an friedlichen Protesten. Allein 20.000 nahmen nach Polizeiangaben an einem friedlichen Schweigemarsch in Düsseldorf teil, in Köln kamen bei zwei Demonstrationen gut 10.000 Menschen, in Münster 5.000 zusammen. „Silent Protest“ war das Motto der Aktionen in NRW.
In Düsseldorf verharrten zum Auftakt am DGB-Haus die Demonstranten für acht Minuten und 46 Sekunden in Schweigen. So lange hatte am 25. Mai ein Polizist sein Knie auf den Hals des Afroamerikaners gedrückt, der danach starb. „Mit unserer Demonstration wollen wir ein starkes Zeichen gegen Rassismus setzen in den USA, aber auch bei uns in Deutschland“, erklärten die Veranstalter. In Frankfurt am Main und Hannover versammelten sich nach Polizeiangaben jeweils rund 8.000 Anti-Rassismus-Demonstranten.
Polizei und Spahn mahnen zu Abstand
Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte angesichts der großen Versammlungen mehr Vorsicht während der Corona-Pandemie. Die meisten Teilnehmer hielten sich nicht an Abstandsregeln, kritisierte der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online: Sonntag, Print: Montag). Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei es aber richtig gewesen, nicht dagegen einzuschreiten. Wendt warb zugleich für mehr Verständnis für die Einsatzkräfte. Sie müssten sich auch selbst schützen, sowohl vor Infektionen mit dem Corona-Virus, als auch vor der Gewalt von Demonstrationsteilnehmern.
Besorgt äußerte sich auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Wir haben gemeinsam viel erreicht. Nun haben wir es durch unser Verhalten selbst in der Hand, ob wir Deutschen den schwierigsten Teil der Pandemie hinter uns haben“, sagte Spahn mit Blick auf dicht gedrängte Menschenmassen auf den Demonstrationen der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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