Flüchtlingsinitiativen
Innenminister müssen Rechtsbruch beenden
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen sich in den nächsten Tagen mit der Flüchtlingspolitik befassen. Flüchtlingsinitiativen machen Druck und fordern rasch die Aufnahme von Geflüchteten, die in Lagern auf den griechischen Inseln leben.
Mittwoch, 17.06.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 16.06.2020, 16:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Kurz vor dem Start der Innenministerkonferenz haben Flüchtlingsorganisationen eine Wiederherstellung des Asylrechts angemahnt. Die Lage der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln zeige eine „Dauerkrise des Rechts“, kritisierte Berenice Böhlo vom Republikanischen Anwälteverein am Dienstag in Berlin. Europa habe sich an einen Rechtsbruch gewöhnt. Bund und Länder müssten deshalb rasch die vielen Geflüchteten rechtlich zustehende Aufnahme in Deutschland gewährleisten. „Wir fordern eine effektive Aufnahme, die zu einer echten Entlastung vor Ort führt“, sagte Böhlo und fügte hinzu: „Alles andere ist inakzeptabel und zerstört die Grundlagen unseres Zusammenlebens.“
Ab Mittwoch treffen sich die Innenminister von Bund und Ländern in Erfurt zu ihrer Frühjahrskonferenz. Auf der Tagung bis Freitag wollen sich die Ressortchefs unter anderem mit dem Schwerpunkthema Migration befassen.
Seit Monaten würden Asylgesuche von Menschen auf den griechischen Ländern verstärkt abgelehnt, obwohl diese etwa über den Familiennachzug ein Recht hätten, nach Deutschland zu kommen, hieß es weiter. So seien im ersten Quartal dieses Jahres 82 Prozent der Aufnahmegesuche von Deutschland abgelehnt worden, sagte Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin. Im Vorjahreszeitraum seien es etwa 75 Prozent gewesen.
Aufnahme von 47 Flüchtlingen nur Symbolpolitik
Der Flüchtlingsrat Berlin begrüßte unterdessen die vom Land Berlin geplante Aufnahme von rund 300 Flüchtlingen aus Griechenland. Thüringen plant ein ähnliches Programm. Dem müssten sich andere Bundesländer anschließen, forderte Mauer. Zwar seien Landesaufnahmeprogramme „nicht die Lösung für die katastrophale Lage in den griechischen Lagern“. Dennoch dürften sich die Bundesländer nicht zu „Komplizen des Bundes“ machen und das Asylrecht aussetzen. So sei die bisherige Aufnahme von 47 minderjährigen Flüchtlinge aus dem Camp Moria nur „Symbolpolitik“ und völlig unzureichend.
Auch die Schauspielerin Katja Riemann sprach sich für eine stärkere Flüchtlingsaufnahme durch Deutschland, mehr Integration und den Abbau von Ressentiments auf: „Alle Bürger dieses Landes, die wagten sich das Unbekannte bekannt zu machen, haben die diffuse Angst vor den sogenannten Flüchtlingen verloren.“ Ersetzt worden seien Ängste durch persönliche Geschichten, „weil so aus dem Stigma des Geflüchteten eine Person wurde“, erklärte Riemann. Die Schauspielerin hatte nach eigenen Angaben zuletzt unter anderem an Anti-Rassismus-Demonstrationen teilgenommen.
70 Millionen Menschen auf der Flucht
Riemann verwies darauf, dass 70 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht seien. Davon habe es rund 42.000 „auf die Ägäischen Inseln gespült in der Hoffnung auf Sicherheit“. „Schutzsuchende Menschen aufzunehmen, sollte kein Problem darstellen, würde ich denken“, sagte die Schauspielerin.
Mit Blick auf die Coronavirus-Pandemie berichtete Böhlo, dass befürchtete massenhafte Infektionsausbrüche in den Flüchtlingslagern bislang ausgeblieben seien. Die „Horrorszenarien“ seien real gewesen, aber durch die rigorosen Ausgangssperren in Griechenland bislang offenbar verhindert worden. Dennoch sei die Gefahr keineswegs gebannt. Immer noch sei die Situation in die Flüchtlingslagern auch mit Blick auf Covid-19 alarmierend und besorgniserregend. (epd/mig) Leitartikel Politik
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