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Pressefreiheit

Seehofer prüft Anzeige gegen „taz“-Autorin Hengameh Yaghoobifarah

Polizisten auf der Müllhalde: Eine Kolumne über die internationalen "Black-Lives-Matter-Proteste" in der "taz" hat für große Empörung gesorgt. Innenminister Seehofer prüft jetzt sogar eine Anzeige. Die Redaktion wertet das als Angriff auf die Pressefreiheit.

Von Dienstag, 23.06.2020, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 22.06.2020, 17:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Anzeige oder keine Anzeige: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat noch nicht endgültig entschieden, ob er rechtlich gegen die „taz“-Autorin Hengameh Yaghoobifarah wegen deren Kolumne über die Polizei vorgeht. Nach einer zunächst konkreten Ankündigung in der „Bild“-Zeitung ruderte der Innenminister am Montagmittag teilweise zurück. Er wolle den Fall noch abschließend im Ministerium besprechen, sagte er in Stuttgart. Er sprach von einer „schwierigen Schnittstelle zwischen Pressefreiheit und Strafrecht“. Zugleich betonte er, dass er in der Kolumne eine Grenzüberschreitung sehe. Als mögliche Straftatbestände nannte er Beleidigung und Volksverhetzung.

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Nur eine knappe Stunde zuvor hatte ein Ministeriumssprecher mehrmals betonen müssen, dass noch nichts entschieden sei. In der Bundespressekonferenz in Berlin fragten Journalisten hartnäckig zu den Beweggründen des Ministers. Gleich mehrere Mitarbeiter der „tageszeitung“ (taz) waren zu der Pressekonferenz gekommen. Sie ließen die Sprecher der Regierung auch wissen, dass sie das Vorgehen für falsch halten.

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Seehofer hatte zunächst der „Bild“ gesagt: „Ich werde morgen als Bundesinnenminister Strafanzeige gegen die Kolumnistin wegen des unsäglichen Artikels in der taz über die Polizei stellen.“ Die Ankündigung kam ziemlich genau eine Woche nach der Veröffentlichung der Kolumne und direkt nach den Gewaltexzessen in Stuttgart, zu denen Seehofer einen Zusammenhang herstellte: „Aus Worten folgen immer auch Taten.“

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Die Kolumne

Yaghoobifarah hatte in einer Kolumne unter dem Titel „All cops are berufsunfähig“ Überlegungen angestellt, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde. Sie kommt zu dem Schluss, dass es nur „eine geeignete Option“ gebe, „die Mülldeponie“. Der am Schluss des Textes formulierte Vergleich von Polizisten mit Abfall sorgte für Empörung und auch für eine Diskussion innerhalb der Redaktion der „taz“. Gleichzeitig verwies die Redaktion auf die Freiheit der Satire. Die zunächst konkret klingende Ankündigung einer Anzeige wertete „taz“-Chefredakteurin Barbara Junge als „Angriff auf die Pressefreiheit“.

Warum Seehofer am Montagmittag von der konkreten Ankündigung wieder abrückte, blieb unbeantwortet. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, dass auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Seehofer über den Fall im Gespräch sei. Über den Inhalt oder Merkels Haltung zu der Anzeige wollte Seibert aber keine Auskunft geben.

Journalisten kritisieren Seehofer

Journalistenorganisationen kritisierten Seehofers Ankündigung scharf. Der Minister rücke eine Journalistin per Strafanzeige ins Fadenkreuz aggressiver Teile der Öffentlichkeit, erklärte das Netzwerk Recherche. „Dieser Tabubruch ist ein klarer Versuch der Einschüchterung und damit ein Angriff auf die Pressefreiheit“, sagte die Vorsitzende Julia Stein. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) verwies darauf, dass inhaltliche und ethische Fragen vom Presserat erörtert würden.

Dort ist die Kolumne bereits Thema, wie Sprecherin Sonja Volkmann-Schluck dem „Evangelischen Pressedienst“ sagte. Nach ihren Angaben sind bislang 293 Beschwerden eingegangen. Ob der Text gegen den Pressekodex – die von der Presse selbst entwickelten Ethikleitlinien – verstößt, könne noch nicht gesagt werden. Geprüft werde derzeit die Einleitung eines Verfahrens. Dabei gehe es um die Frage eines Verstoßes gegen Ziffer 1 des Kodex, das Gebot zur Wahrung der Menschenwürde. (epd/mig) Aktuell Politik

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