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Verfassungsschutzbericht 2019

Rechtsextremismus – Zahl und Gewaltbereitschaft steigt

Die rechtsextremistischen Gewalttaten von Kassel, Halle und Hanau sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes nur die Spitze des Eisbergs. Die Hemmschwelle sinke. Bundesinnenminister Seehofer legte den Verfassungsschutzbericht 2019 vor. Der NSU ist darin kein Thema.

Freitag, 10.07.2020, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 09.07.2020, 19:54 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Zahl der Rechtsextremisten in Deutschland steigt, ebenso wie ihre Gewaltbereitschaft. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht 2019 hervor, den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, am Donnerstag in Berlin vorstellten. Demnach stieg die Zahl der als rechtsextremistisch eingeschätzten Personen auf 32.080. Im Vorjahr waren es noch 24.100. Als gewaltbereit stufte der Verfassungsschutz 13.000 Rechtsextremisten ein – 300 mehr als ein Jahr zuvor. Seehofer betonte, Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus nähmen weiter zu. Das sei die „größte Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland“.

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Laut Verfassungsschutzbericht stieg die Anzahl rechtsextremistischer Straftaten um 9,7 Prozent auf mehr als 21.000. Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten ging zwar um knapp 15 Prozent auf gut 900 zurück – allerdings gab es dabei fünf versuchte Tötungsdelikte und zwei vollendete: den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019 und den versuchten Anschlag auf eine Synagoge in Halle, bei dem der Täter zwei Menschen erschoss, die zufällig seinen Weg querten. 2018 registrierte der Verfassungsschutz sechs versuchte Tötungsdelikte.

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Haldenwang äußerte sich besorgt, über die „gestiegene Gewaltbereitschaft in nahezu allen Phänomenbereichen“. Die Hemmschwelle sinke kontinuierlich, betonte er. „Ich spreche von Rechtsextremisten, die Politiker hinrichten und ein Blutbad in einer Synagoge anrichten wollen. Ich spreche von den neuen Rechten, die bestimmten Personengruppen ihre Menschenwürde absprechen und Gewalt gegen sie legitimieren. Ich spreche von Linksextremisten, die einen auf dem Boden liegenden Polizisten fast zu Tode treten und eine Immobilienmaklerin in ihrer Wohnung brutal zusammenschlagen“, fügte er mit Blick auf Angriffe in Leipzig hinzu. „Und ich spreche von Islamisten, die ihren Wunsch, ein Massaker in Deutschland zu verüben, längst nicht aufgegeben haben.“

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Hanau, Höhepunkt rechtsextremer Gewalt

Mit Blick auf rechtsextremistisch motivierte Mordanschläge sagte er, „fürchterliche Ereignisse“ wie der Lübcke-Mord oder die versuchte Tötung eines Eritreers im hessischen Wächtersbach seien nur die Spitze einer Gefahr, die um sich greife. 2020 habe die rechtsextreme Gewalt ihren vorläufigen Höhepunkt in Hanau erreicht, wo ein Rechtsextremist zehn Menschen getötet habe. Es sei notwendig, „den regelrechten Wettbewerb“ in der rechtsextremistischen Szene zu durchbrechen um den Anschlag mit der höchsten Opferzahl – den Extremisten gehe es um einen „High Score“ an Toten.

Der Verfassungsschutz berichtete auch über E-Mails mit Bombendrohungen bei Gerichten, kommunalen Einrichtungen und bei Landespolitikern in ganz Deutschland. Erst am Donnerstag bestätigte ein Linksfraktionssprecher in Hessen, dass die Fraktionschefin im Landtag, Janine Wissler, erneut zwei anonyme Mails mit Morddrohungen aus offenbar rechtsextremistischen Kreisen bekommen hat.

Bericht ohne „NSU“

Die Drohschreiben waren demnach wieder mit „NSU 2.0“ unterzeichnet und hätten persönliche Informationen über die 39-jährige Politikerin enthalten, die öffentlich gar nicht zugänglich seien. Es gebe Hinweise darauf, dass die Informationen aus einem Polizeicomputer in Wiesbaden abgerufen worden seien, hieß es. In dem vorgelegten Bericht für das Jahr 2019 wird der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) jedoch an keiner Stelle erwähnt.

Der Verfassungsschutz berichtete auch über einen Anstieg linksextremistisch motivierter Straftaten um 39,5 Prozent auf rund 6.449. Hier wird von 9.200 Gewaltbereiten ausgegangen. Die Zahl der Islamisten sei um rund 5,5 Prozent auf gut 28.000 Personen gestiegen. (epd/mig) Aktuell Politik

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