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Deutschpflicht

Eltern wehren sich nach Strafarbeit wegen Türkisch auf dem Schulhof

Weil sie auf dem Schulhof Türkisch statt Deutsch sprach, hat eine Drittklässlerin im Schwarzwaldort Blumberg eine Strafarbeit aufbekommen. Die Eltern wehren sich, ihr Anwalt legte eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Lehrerin ein.

Von Donnerstag, 06.08.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 05.08.2020, 17:39 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Fall der Drittklässlerin, die eine Strafarbeit schreiben musste, weil sie auf dem Schulhof Türkisch sprach, hat ein Nachspiel. Die Familie wehre sich gegen die Sanktion durch die Lehrerin, sagte der Heidelberger Rechtsanwalt Yalçın Tekinoğlu dem „Evangelischen Pressedienst“. Er legte am Mittwoch beim baden-württembergischen Kultusministerium eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Lehrerin ein.

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Diese hatte die Neunjährige aufgefordert, die Strafarbeit zum Thema „Warum wir in der Schule Deutsch sprechen“ zu verfassen. Die Familie wolle erreichen, dass die bereits verfasste Strafarbeit aufgehoben, der Familie zurückgegeben wird und nicht in die Leistungsbewertung der Drittklässlerin einfließt, sagte Tekinoğlu. Zudem sei zu fragen, ob ein „Deutschzwang“ auf dem Pausenhof rechtswidrig ist.

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Weil die Lehrerin einer Grundschule im baden-württembergischen Blumberg ein Gespräch mit den Eltern zunächst abgelehnt hatte, habe sich die Familie an ihn gewandt. Die Lehrerin habe im Telefonat mit der Mutter die Sanktionierung des Gebrauchs der türkischen Muttersprache mit ihren „pädagogisch-erzieherischen Freiheiten“ begründet. Sie habe auch auf schulische Regeln verwiesen, wonach auf dem Pausenhof Deutsch zu sprechen sei. Eine solche Regelung sei allerdings weder der Schülerin noch den Eltern bekannt, sagte der Anwalt.

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Regierungspräsidium prüft

Jetzt prüft das Regierungspräsidium, ob ein rechtswidriges Verhalten der Lehrerin vorliegt. Der Behörde zufolge ist die Regel „Wir sprechen alle die deutsche Sprache“ Bestandteil der dortigen Klassenregeln und gemeinsam mit den Schülern aufgestellt worden. Bei einem Verstoß sei ein Aufsatz zum Thema „Warum wir in der Schule Deutsch sprechen“ zu schreiben, hieß es auf Anfrage.

Das Regierungspräsidium widersprach zudem der Aussage, dass ein Gespräch mit den Eltern abgelehnt worden sei. Vielmehr seien vonseiten der Schule mehrere Gesprächsangebote ausgegangen. Nach einem Gespräch sei die Strafarbeit zudem ausgesetzt worden. Die Schulverwaltung wies „in aller Deutlichkeit die Kritik zurück, der Fall sei ein Beispiel für diskriminierende Haltungen“.

„Wir dürfen die Muttersprache nicht sprechen.“

In der halbseitigen Strafarbeit, die die Drittklässlerin ohne Wissen ihrer Eltern abgab, heißt es etwa: „Ihr wollt dass wir Deutsch sprechen. Die Schulen sind Deutsch. Wenn wir Türkisch sprechen, verstehn die Kinder uns nicht. Wir dürfen die Muttersprache nicht sprechen.“ In einer E-Mail an die Lehrerin schreibt die Mutter, ihre Tochter verstehe nicht, warum sie sich nicht auf Türkisch unterhalten dürfe, obwohl es ein Teil von ihr sei.

Nach Ansicht Tekinoğlus ist eine Deutschpflicht außerhalb des Unterrichts rechtswidrig. Er verweist auf eine Stellungnahme des baden-württembergischen Kultusministeriums zur AfD-Anfrage „Deutsch als verpflichtende Umgangssprache an Schulen („Schulhofsprache“)“ vom Januar 2017. Darin heißt es, die Menschenwürde und das allgemeine Persönlichkeitsrecht für Schüler schlössen das Recht ein, außerhalb des Unterrichts in einer anderen Sprache zu sprechen.

Expertin: Mehrsprachigkeit Normalfall

Die Entscheidung, freiwillig – ohne Vereinbarung – auf eine Verständigung in der nicht-deutschen Herkunftssprache zu verzichten, stehe den Schülern aber jederzeit frei.

Auch Wissenschaftler zweifeln am Sinn einer Deutschpflicht außerhalb des Unterrichts. Das schränke die Kinder unnötig ein, sagte die Germanistin Heike Wiese. Auf deutschen Schulhöfen würden mehr als 100 Sprachen gesprochen, die Mehrsprachigkeit sei der Normalfall in menschlichen Gesellschaften. Die Wertschätzung mehrsprachiger Schüler komme nicht nur dem Bildungssystem, sondern auch der Gesellschaft zugute, schreibt die Wissenschaftlerin in dem Buch „Deutschpflicht auf dem Schulhof?“. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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  1. karakal sagt:

    Unglaublich! Offensichtlich haben die Deutschen nichts aus ihrer Geschichte gelernt! Im von Polen besetzten Schlesien wurden die nach dem Zweiten Weltkrieg dort verbliebenen Deutschen gezwungen, die polnische Staatsangehörigkeit anzunehmen, wenn sie bleiben wollten, und es wurde ihnen bei Strafe verboten, Deutsch zu sprechen. Und nun erdreistet sich diese Lehrerin, das Unrecht, das Deutschstämmigen angetan wurde, in dem deutschen Staat, der es sich zum Ziel gemacht hat, keine Minderheiten zu unterdrücken, den Angehörigen einer Minderheit zuzufügen.
    Die dänischsprachige Minderheit in Nordschleswig, der das Recht gewährt wird, in ihren Schulen auf Dänisch zu unterrichten, kam durch ein historisches Ereignis, den deutsch-dänischen Krieg von 1864 unter deutsche Herrschaft, und auch die türkischsprachige Minderheit in der BRD kam durch ein historisches Ereignis unter deutsche Herrschaft, nämlich die Anwerbung von türkischen „Gastarbeitern“ in den 60er Jahren des verg. Jhs. Es wird jedoch mit zweierlei Maß gemessen. Während man der ersteren Minderheit Zugeständnisse gemacht hat, wie die genannte, will man der türkischen Minderheit, deren Mitglieder bereits größtenteils die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, keinerlei Zugeständnisse machen, sondern sie – z. T. auch zwangsweise – assimilieren.

    • Georgios sagt:

      Geht es auch eine Stufe sachlicher und ohne Keule? 1. Außer der dänischen und sorbischen Minderheit gibt es Deutschland keine weitere anerkannte Minderheit. 2. Es ist niemandem verboten, beispielsweise außerhalb der Schule in der Sprache zu sprechen, die ihm genehm ist – im Gegensatz zu Polen vor zig Jahren. 3. Lt. Artikel steht hier Aussage gegen Aussage, welche zutrifft, erschließt sich dem Leser zunächst nicht. 4. Das Vorgehen der Eltern nebst Rechtsanwalt trägt mit Sicherheit zur wesentlichen Verbesserung des allgemeinen Verhältnisses innerhalb der verschiedenen Einwohner Blumbergs bei… Glückwunsch!

    • Martin sagt:

      Voraussetzung für Integration ist _immer_ die Sprache des Gastlandes … außer man will sich abgrenzen, ausschließen oder in seiner parallelen Welt leben und bleiben. Und für das Miteinander im Kindergarten und Schule sollte die deutsche Sprache selbstverständlich sein.