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Flüchtlingspolitik

Bundesregierung will 1.553 Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen

Die Bundesregierung hat sich festgelegt, wie viele Flüchtlinge sie aus Griechenland aufnehmen will. 1.553 Menschen sollen kommen dürfen. Es sind bereits anerkannte Flüchtlinge - von mehreren griechischen Inseln, nicht nur von Lesbos.

Mittwoch, 16.09.2020, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 16.09.2020, 1:12 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria will die Bundesregierung insgesamt 1.553 Menschen von den griechischen Inseln nach Deutschland holen. Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) gaben am Dienstagnachmittag als erste die Einigung bekannt. Damit solle auch ein Beitrag zur Entlastung von Moria geleistet werden, auch wenn nicht nur Flüchtlinge von dort geholt werden sollen, sagte Scholz in Berlin. Wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte, handelt es sich bei der Aufnahme um 408 Familien, die in Griechenland bereits als Schutzberechtigte anerkannt sind.

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Esken sprach von einem „eigenständigen deutschen Kontingent“. Gleichzeitig betonten sie und Scholz, dass auch an einer gesamteuropäischen Lösung für die Flüchtlinge in Griechenland gearbeitet werden müsse. Die SPD-Vorsitzende hatte am Wochenende die Aufnahme von Menschen in einer Zahl im hohen vierstelligen Bereich aus Moria gefordert. Den Kompromiss wertete sie dennoch als „riesigen Fortschritt“.

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Unionsfraktionschef: Keine neuen Flüchtlingsbewegungen

Regierungssprecher Seibert verwies in seiner Erklärung auf das bereits laufende Programm zur Aufnahme kranker Kinder mit ihren Familien aus Griechenland. 1.000 Menschen sollen darüber nach Deutschland kommen. 574 sind bereits in der Bundesrepublik. Erst am Dienstag landete ein Flug mit 109 Personen an Bord in Hannover. Die Gesamtzahl der Schutzsuchenden, die Deutschland aus Griechenland aufnimmt, belaufe sich damit auf rund 2.750, erklärte Seibert. Enthalten ist darin unter anderem auch die bereits zugesagte Zahl von bis zu 150 unbegleiteten Minderjährigen aus Moria.

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Die Koalition hatte lange um den Kompromiss gerungen. Früh am Dienstag kursierte die Zahl 1.500, die weder Regierung noch Koalitionsfraktionen zunächst bestätigen wollten. In der Union gab es nach der grundsätzlich von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) formulierten Bereitschaft, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen, auch Vorbehalte. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte im „Spiegel“-Spitzengespräch, es dürfe keine Blaupause etabliert werden, die zu neuen Flüchtlingsbewegungen führe. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU) sagte dagegen der „Rheinischen Post“, es sei richtig, dass Deutschland in Europa den Anfang mache und zusätzliche Flüchtlinge aus Griechenland aufnehme.

Linke und Grüne kritisieren Koalition

Linke und Grüne hatten bereits vor der Entscheidung das Verhalten der Koalition kritisiert. Die zugesagte Aufnahme sei ein „Täuschungsmanöver“, weil es an der Lage der Menschen dort nichts ändere, erklärte die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, forderte die schnelle Aufnahme von 5.000 Menschen.

Angesichts der Lage auf Lesbos forderte auch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) die europäischen Länder zu umgehender Hilfe für die Migranten auf. Die gegenwärtige Situation sei eine humanitäre Notlage, die ein „schnelles und unverzügliches Handeln“ der europäischen Staaten gemeinsam mit Griechenland erfordere, sagte der Vertreter in Deutschland, Frank Remus, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration, António Vitorino, verlangte von den EU-Staaten die großzügige Aufnahme von Opfern des verheerenden Brandes in Moria. Die Menschen bräuchten Unterstützung und Griechenland dürfe bei der Bewältigung der Tragödie nicht alleine gelassen werden, erklärte Vitorino in Genf.

Flüchtlinge auf Kreuzfahrtschiffen unterbringen

Der deutsche Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne) hat bei einem Besuch auf der griechischen Insel Lesbos seine Forderung nach einer Unterbringung von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Lager Moria auf Kreuzfahrtschiffen unterstrichen. „Es gibt viele schwimmende Hotels, die derzeit leerstehen“, sagte Marquardt am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz von der Inselhauptstadt Mytilini aus. Er bezog sich damit auf die Folgen der Corona-Krise für die Kreuzfahrtindustrie. Für die durch die Brände obdachlos gewordenen Menschen könne ein Schiff ein Rückzugsraum werden, erklärte der Europaabgeordnete, der dies als Kurzfrist-Lösung verstanden wissen will.

Die EU-Kommission hatte sich am Montag zu dem Vorschlag der Nutzung von Kreuzfahrtschiffen zurückhaltend geäußert. Es sollten „zunächst angemessenere Optionen“ genutzt werden, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. „Die Kreuzfahrtschiff-Option ist im Vergleich mit anderen Optionen nicht kostengünstig.“ Er verwies auf ein neues Camp auf Lesbos.

Landesprogramme unter Seehofer-Vorbehalt

Derweil versuchen auch einzelne Bundesländer weiter Druck auf die Bundesregierung zu machen. Berlin und Thüringen, die eigene Landesaufnahmeprogramme auflegen wollten und dafür keine Zustimmung von Seehofer erhielten, wollen weitere Länder für eine Bundesratsinitiative gewinnen, wie Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am Dienstag mitteilte.

Der Bremer Senat beschloss zudem ebenfalls ein eigenes Landesaufnahmeprogramm für Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager Moria. Aufgenommen werden sollen demnach 100 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge. Es ist ein ähnliches Programm wie in den anderen beiden Länder geplant. Auch Bremen muss daher die Zustimmung von Seehofer anfragen.

Seehofer hatte die Programme unter anderem mit Verweis auf das bereits vor dem Brand bestehende Programm des Bundes zur Aufnahme aus Moria abgelehnt. Am Dienstag kamen nach Angaben des Bundesinnenministeriums in dessen Rahmen wieder kranke Kinder und deren Angehörige in Deutschland an. Insgesamt 574 Flüchtlinge wurden damit bislang über das Programm nach Deutschland geholt. Rund 1.000 sollen es werden. (epd/mig) Aktuell Politik

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