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Interview mit Said Rezek

„Wir dürfen Hatern das Internet nicht überlassen“

Said Rezek, Journalist und Blogger, fordert Zivilcourage gegen Rassismus – auch im Netz. Sein neues Buch ist ein Leitfaden für mehr Engagement im Internet. Im Gespräch erklärt er, warum das wichtig ist.

Freitag, 13.11.2020, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 13.11.2020, 8:46 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

MiGAZIN: In ihrem neuen Buch sprechen sie von digitaler Zivilcourage gegen Rassismus. Was ist damit gemeint?

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Said Rezek: In der analogen Welt erwarten die meisten zu Recht Zivilcourage, wenn jemand in aller Öffentlichkeit rassistisch beleidigt oder bedroht wird. Diesen Maßstab sollten wir als Gesellschaft auch in der digitalen Welt an den Tag legen, da beide Sphären real sind und sich Rassismus sowohl digital als auch analog negativ auf die Betroffenen auswirken kann.

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Ihr neues Buch heißt, „Bloggen gegen Rassismus“. Sie sind selbst Blogger. Was können Sie tun gegen Rassismus?

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Als Blogger kann jeder Beiträge veröffentlichen, die sich online und offline gegen Rassisten richten und sich für Vielfalt stark machen. Vor allem rassistische Aussagen von Politikern, wie die der AfD, oder Personen des öffentlichen Lebens sollten nicht unwidersprochen bleiben, weil sie häufig viele Menschen erreichen.

Macht man die AfD und Rassist:innen nicht noch größer, wenn man sie öffentlich kritisiert?

„Wenn es keinen Widerstand gibt, könnten Rassisten meinen, im Namen einer schweigenden Mehrheit zu sprechen, da sie die fehlende Reaktion als Zustimmung oder Gleichgültigkeit interpretieren.“

Die Kritik verschafft den Rassisten zwar noch mehr Präsenz. Wenn es hingegen keinen Widerstand gibt, könnten Rassisten meinen, im Namen einer schweigenden Mehrheit zu sprechen, da sie die fehlende Reaktion als Zustimmung oder Gleichgültigkeit interpretieren. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich bei verbalen Grenzüberschreitungen öffentlich gegen die AfD und anderen Rassisten zu positionieren.

Ist jeder in der Lage als Blogger aktiv zu werden?

Bloggen ist kein Hexenwerk, sondern ein Handwerk. Jeder kann es lernen. Jeder kann über soziale Netzwerke Inhalte in Echtzeit veröffentlichen und damit potenziell ein weltweites Publikum erreichen. Ein Social-Media-Account und eine Internetverbindung sind alles, was man dazu braucht. Das klingt heutzutage so selbstverständlich, aber vor einigen Jahren war das noch ganz anders. Wer vor dem Internetzeitalter etwas publizieren wollte und in keiner Redaktion arbeitete, hatte so gut wie keine Chance, sich öffentlich Gehör zu verschaffen.

Vermissen Sie in der migrantischen Community Engagement gegen Rassismus?

Ich vermisse das Engagement gegen Rassismus aus der Gesellschaft insgesamt, gerade in sozialen Netzwerken. Es gibt zwar zahlreiche Initiativen und Blogger, die sich gegen Rassismus engagieren, aber in Sachen Aktivität in sozialen Netzwerken können wir leider noch einiges von der rechten Gegenöffentlichkeit und speziell von der AfD lernen, da sie mit Abstand die stärkste Partei auf Facebook ist.

Sie gehen auch auf Risiken des Bloggens ein. Wovor muss man sich schützen?

Zu den Risiken zählen Filterblasen, Fake News, und nicht zuletzt Hasskommentare. Als Muslim mit sogenanntem Migrationshintergrund bin ich regelmäßig von Hate-Speech betroffen sowie viele andere auch. Die meisten geraten aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Herkunft, ihrer Religion, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Körpers in das Visier der Hater. Hass im Netz kann aber auch Leute treffen, die sich gegen Rassismus und für Benachteiligte einsetzen, aber selbst keiner diskriminierten Gruppe angehören.

Was können Betroffene gegen Hate Speech unternehmen?

„Wir müssen lauter und sichtbarer werden! Mit „wir“ meine ich alle, die sich für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben in unserer Gesellschaft einsetzen.“

Ein Musterrezept gibt es nicht. Je nach Situation und Schwere des Hasskommentars kann man Hasskommentare melden, moderieren, löschen oder sogar anzeigen. Außerdem reichen die Möglichkeiten von sachlicher bis hin zu sarkastischer Gegenrede. Betroffene können sich auch an Beratungsstellen wie HateAid wenden. Die Organisation berät Opfer von Hasskommentaren rechtlich, psychologisch und unterstützt durch Prozesskostenfinanzierung

Können Sie Menschen verstehen, die sich aufgrund der Gefahren aus sozialen Netzwerken fernhalten?

Zugegeben, mir gingen solche Gedanken auch schon durch den Kopf, aber wir dürfen Hatern das Internet nicht überlassen. Soziale Netzwerke bieten die Plattform und das Potenzial, positive Inhalte zu verbreiten. Jeder kann einen Beitrag leisten und eigene Akzente setzen. Je mehr sich daran beteiligen, desto besser. Wir müssen lauter und sichtbarer werden! Mit „wir“ meine ich alle, die sich für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben in unserer Gesellschaft einsetzen. (mig) Aktuell Interview Panorama

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  1. Maik sagt:

    Gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht. Herr Rezek wirft alles zusammen: Hasskommentare, Rassismus, Hate Speech, Hass im Netz usw. Dadurch klingt das Ganze naiv und unausgegoren, wie leider bei vielen Journalisten. Es sind schlicht verschiedene Dinge, die unterschiedliche zu handhaben sind. Gab auch hier im Migazin vor kurzem ein cooles Interview mit einer Wissenschaftlerin dazu, wo das einmal aufgeschlüsselt wurde…
    Kritisch sehe ich auch den Rat, Rassisten zu widersprechen, mit ihnen zu diskutieren: 1. Wie soll man sich das vorstellen? 2. Erkenne ich dadurch nicht an, dass Rassismus eine legitime Meinung ist, über die man sprechen kann? Ich denke schon. Daher halte ich das Gesagte von Herrn Rezek leider nur für wenig hilfreich ist…