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US-Truppen-Abzug

Hilfswerke fordern Abschiebestopp nach Afghanistan

Afghanistan ist noch weit vom Frieden entfernt. Ein schneller Abzug ausländischer Truppen könnte die Lage destabilisieren und den Taliban in die Hände spielen. Dennoch will US-Präsident Trump Fakten schaffen. Zugleich nehmen Armut und Hunger zu. Hilfswerke fordern Abschiebestopp in das Land.

Montag, 23.11.2020, 5:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 22.11.2020, 13:22 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

In Afghanistan wächst die Angst vor einer Rückkehr der Taliban an die Macht. Der von US-Präsident Donald Trump bis Januar angekündigte Teilabzug von US-Truppen schwäche die Position der Regierung in Kabul gegenüber den Aufständischen, sagte Thomas Ruttig (63), Co-Direktor des Afghanistan Analysts Network, dem „Evangelischen Pressedienst“. „Denn mit nur noch 2.500 Soldaten wird es erheblich schwieriger, den afghanischen Streitkräften beizuspringen, wenn sie unter Druck der Taliban kommen.“

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Trump hatte am Dienstag angekündigt, die Zahl der US-Soldaten von derzeit etwa 4.500 bis Januar auf 2.500 zu reduzieren. Im Doha-Abkommen vom Februar hatten die USA und die Taliban einen vollständigen Truppenabzug bis Ende April 2021 vereinbart.

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„Afghanistan ist dem Frieden noch nicht näher gekommen“, sagte Ruttig, der 13 Jahre in Afghanistan gelebt hat und für die UN und die EU tätig war. Zuletzt habe die Gewalt wieder zugenommen. Im Doha-Abkommen sagten die Taliban zu, keine ausländischen Truppen und keine großen Städte mehr zu attackieren. „Deshalb greifen sie jetzt außerhalb der Städte und die afghanischen Streitkräfte an. Im Gegenzug flogen die Amerikaner mehr Luftangriffe.“

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Hoffen auf Biden

Der künftige US-Präsident Joe Biden werde hoffentlich stärker darauf dringen, dass auch die Taliban ihre vereinbarten Gegenleistungen erbringen, sagte Ruttig. Dazu gehöre, keiner Terrororganisation eine Basis zu bieten. Hielten die Taliban ihre Abmachungen nicht ein, könnte Biden auch länger US-Soldaten im Land lassen. Ein Truppenabzug der USA hätte auch einen Abzug der deutschen und der anderen Nato-Soldaten zur Folge.

Von Biden erhofft sich Ruttig auch, dass er sich für ein innerafghanisches Friedensabkommen starkmacht, das möglichst viele demokratische Rechte und Freiheiten bewahrt. Doch leider stagnierten die Gespräche zwischen Regierung und Taliban schon in der Startphase. Zugleich grassiere die Korruption: „Viele Afghanen wünschen sich, dass die Taliban mitregieren, weil sie sehen, dass sie in den von ihnen kontrollierten Gebieten die Korruption vielerorts stoppten.“

Hilfswerk fordert Abschiebestopp

Sicherheit darf laut Ruttig in Afghanistan nicht allein militärisch definiert werden: „Die Armutsrate ist schon vor Corona wieder gestiegen und steigt jetzt kräftig weiter“, sagte er. „Während große Teile der afghanischen Elite ihr Jetset-Leben zwischen Kabul und Dubai genießen, müssen viele Menschen sehen, wie sie an anderthalb Mahlzeiten am Tag kommen.“ Zugleich werde Afghanistan noch lange auf Hilfe angewiesen sein. Die Staatsfinanzen stammten zu 75 Prozent aus dem Ausland.

Das Hilfswerk Misereor fordert von der Bundesregierung mehr Hilfen für Afghanistan und einen Stopp der Sammelabschiebungen aus Deutschland. „Angesichts der sich aktuell erneut verschlechternden Sicherheitslage und der wachsenden sozialen Not im Land ist nicht nur jegliche Hilfe dringend geboten, sondern sind auch Rückführungen von Geflüchteten nach Afghanistan unter humanitären Gesichtspunkten unvertretbar“, sagte Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon am Samstag in Aachen.

Welthungerhilfe beklagt Armut und Hunger

Die Deutsche Welthungerhilfe beklagt infolge von Gewalt, Dürren und der Corona-Pandemie eine Zunahme des Hungers in Afghanistan. Mit 11,1 Millionen Menschen sei mehr als ein Drittel der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, erklärte das Hilfswerk. In den Wintermonaten könnte die Zahl auf 13,2 Millionen Menschen steigen. Die Corona-Pandemie wirke wie ein Brandbeschleuniger, viele Menschen hätten ihre Jobs verloren.

Bei der virtuellen Afghanistan-Geberkonferenz am 23. und 24. November müsse die internationale Gemeinschaft ein Signal der Hoffnung geben. „Wir brauchen in Afghanistan einen langen Atem und dürfen die Menschen nicht im Stich lassen“, sagte Thomas ten Boer, Landesdirektor der Welthungerhilfe in Afghanistan. (epd/mig) Aktuell Ausland

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