Kundgebungen für Oury Jalloh
Initiative wirft Sachsen-Anhalt Verhinderung von Aufklärung vor
In mehreren Städten bundesweit ist an den Tod von Oury Jalloh vor 16 Jahren erinnert worden. Der aus Sierra Leone stammende Flüchtling war unter bislang ungeklärten Umständen in einer Polizeizelle in Dessau verbrannt.
Montag, 11.01.2021, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 11.01.2021, 11:41 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Berlin/Dessau-Roßlau (epd). Mit mehreren Kundgebungen ist am Donnerstag in verschiedenen Städten an den Tod des Flüchtlings Oury Jalloh vor 16 Jahren erinnert worden. An einer Kundgebung vor der Landesvertretung Sachsen-Anhalts in Berlin beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 150 Menschen. Ebenfalls mehr als 150 Teilnehmer gedachten in Dessau-Roßlau des aus Sierra Leone stammenden Asylbewerbers, hieß es von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh. Demnach gab es bundesweit rund ein Dutzend Gedenkveranstaltungen, darunter in Hamburg, Köln, Frankfurt am Main, Duisburg, Dortmund, Leipzig und Bayreuth.
Oury Jalloh war am 7. Januar 2005 wenige Stunden nach seiner Inhaftierung bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle gestorben. Der Fall konnte bislang nicht restlos aufgeklärt werden.
Nach offizieller Behördenversion soll sich der damals 36-Jährige im Keller des Dessauer Polizeireviers, an Händen und Füßen gefesselt, auf einer feuerfesten Matratze selbst angezündet haben. Brandgutachter, Mediziner und Kriminologen erklärten dagegen, dass dies nicht möglich sei. Der Tote war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und soll überdies Nasen- und Rippenbrüche aufgewiesen haben. Die Ermittlungen dazu wurden eingestellt.
Initiative: Land verhindert Aufklärung
In Berlin warfen Kundgebungsteilnehmer dem Land Sachen-Anhalt vor, eine Aufklärung des Todes von Oury Jalloh seit Jahren „systematisch zu verhindern“. Sprechchöre riefen wiederholt: „Oury Jalloh – das war Mord.“ Bis heute seien die Verantwortlichen „für den grausamen Tod des Flüchtlings“ nicht zur Rechenschaft gezogen worden, hieß es.
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In Dessau bestätigte die Sprecherin der Gedenkinitiative, Nadine Saeed, dem „Evangelischen Pressedienst“, dass die Initiative gemeinsam mit der Familie von Oury Jalloh vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen wolle, um den Tod aufzuklären. Auch Schadensersatz solle für die Hinterbliebenen geltend gemacht werden. Derzeit läuft noch eine Verfassungsbeschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens.
Oury Jalloh kein Einzelfall
Unabhängig vom juristischen Verfahren werde die „selbstorganisierte Aufklärungsarbeit“ fortgesetzt, kündigte Saeed an. Sie verwies dabei auf die vor zwei Jahren von der Gedenkinitiative gegründete „unabhängige Untersuchungskommission“.
Bei den Gedenkkundgebungen erklärten andere Demonstrationsteilnehmer, Oury Jalloh sei kein Einzelfall. Er sei eines von vielen Opfern rassistischer Polizeigewalt in Deutschland. Seit 1990 habe es bundesweit rund 180 solcher Todesfälle gegeben.
Rassismus-Betroffene brechen Schweigen
Initiativensprecherin Saeed erklärte, dass die zivilgesellschaftliche Unterstützung zur Aufklärung von Polizeigewalt deutlich gestiegen sei. Ein Grund dafür sei der gewaltsame Tod des US-Amerikaners Georg Floyd im Mai 2020, der bei seiner Festnahme in Minneapolis ums Leben kam. Sein Tod war Auslöser für zahlreiche Proteste in den USA. Zudem griffen Medien in verschiedenen Ländern das Thema rassistische Polizeigewalt auf.
„Es gibt jetzt dafür eine größere Sensibilisierung in der Gesellschaft“, sagte Saeed. Auch in Deutschland würden mehr von Rassismus Betroffene „ihr Schweigen brechen“. Trotzdem würden auch hierzulande Menschen in Polizeigewahrsam sterben. Kein einziger der Fälle sei bislang vollständig aufgeklärt, kritisierte die Initiativensprecherin. (epd/mig) Aktuell Panorama
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