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Senegal

Ein Ausbildungszentrum will Flucht nach Europa verhindern

Sie kredenzen Hähnchen mit Piment-Kakao-Sauce, reparieren Autos oder schließen Fotovoltaik-Module an. Junge Leute lernen im Senegal verschiedene Berufe. Das soll sie davon abhalten, die gefährliche Überfahrt nach Europa zu wagen.

Von Freitag, 22.01.2021, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 21.01.2021, 14:45 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Clarisse Ndour hat Dienst an der Bar. Sie trägt weiße Perlen in ihren Zöpfen und ein schickes weißes Bustier zum schwarzen Rock. Schwarz und Weiß sind Pflicht am Übungsabend im Restaurant Ganale in Warang, etwa 90 Kilometer südlich der senegalesischen Hauptstadt Dakar. „Ein Bustier ist keine Bluse“, kritisiert Saal-Chefin Astou Djiame: „Im Dienst trägt man Dienstkleidung.“ Also leiht sich Ndour eine weiße Bluse von einer Kollegin. Nun sind die angehenden Kellnerinnen und Kellner bereit für 25 Gäste, die im festlich dekorierten Restaurant für umgerechnet etwa zehn Euro ein Menü bestellt haben.

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Saal-Chefin Djiame hat vor zwei Jahren ihren Abschluss gemacht und leitet seither die Übungen ehrenamtlich. „Diese Ausbildung hat mich zu jemand mit Zukunft gemacht“, sagt die 25-Jährige. Schon im Praktikum fand sie eine Anstellung in einem Hotelrestaurant im Badeort Saly: „Ich bin nicht arbeitslos, darauf bin ich stolz.“

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Kellner, Elektriker, Schneider, Maurer

In der Küche ist Hochbetrieb. Die Schüler und Schülerinnen sollen zeigen, was sie gelernt haben: Mini-Quiche Lorraine und gemischter Salat, gegrilltes Hähnchen mit Piment-Kakao-Sauce, Nougat und Mini-Törtchen. „Heute ist unser Dinner der Welt französisch“, sagt Küchenchef Abdoulaye Ba, der neben seiner Lehrtätigkeit in einem Restaurant arbeitet: „Jeden Donnerstag haben wir ein anderes Thema, wir kochen nach Rezepten aus aller Welt.“

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Seit 2011 bildet das Zentrum „Centre Frédéric Ozanam“ junge Leute zwischen 18 und 32 Jahren aus. Unter den 170 Männern und Frauen sind auch welche, die die Hauptschule ohne Abschluss verlassen haben. Sie sollen als Kellner und Köchinnen Arbeit finden, als Elektrikerinnen und Automechaniker, als Schneiderinnen, Schreiner oder Maurer. Pro Jahr kostet die Ausbildung 1.000 Euro. Die Familien müssen nur einen Teil aufbringen, der Rest kommt über Spenden.

Ausbildung soll Perspektiven bieten

„Ziel ist, eine Tür für eine bessere Zukunft zu öffnen“, erklärt Direktor Gilbert Magnier (68). Die Arbeitslosigkeit ist im Senegal vor allem unter jungen Leuten sehr hoch, die Corona-Pandemie hat die Tourismusbranche schwer getroffen. Immer wieder brechen junge Menschen mit Fischerbooten in Richtung Spanien auf. Wie viele auf See sterben, ist ungewiss. Der Franzose Magnier möchte diese gefährliche illegale Migration verhindern.

Eine gute Ausbildung soll jungen Leuten im Senegal Perspektiven bieten. In der Elektrikerklasse sticht Thioro Ngom ins Auge. Die 21-Jährige mit dem roten Schal um den Kopf ist das einzige Mädchen: „Ich möchte etwas erreichen im Leben“, sagt die verheiratete Mutter von zwei Kindern selbstbewusst: „Ich will den Mädchen zeigen, dass das nicht nur Jungs können.“ Ihren Mann hat sie geheiratet, weil er versprach, ihre Ausbildung zu unterstützen.

„Du kommst zur Welt und musst dir selbst helfen.“

Die Lehrerin Jeanne Diouf schraubt an einem Regulator, an den die Schüler ein Fotovoltaikmodul anschließen werden: „Hier im Senegal arbeiten an Solaranlagen praktisch nur Männer“, erklärt die 31-Jährige. Wenn sie auf eine Baustelle komme, löse sie regelmäßig Verwunderung aus. Im Zentrum gibt sie nun ihr Wissen weiter.

Tairou Djedjou träumt von einer eigenen Autowerkstatt. „Ich möchte es zu etwas bringen, um meinen Bruder, meine Schwester und meine Eltern aus der Misere zu holen“, sagt der 20-jährige angehende Automechaniker mit Rastalocken. „Wir leben in Armut, aber wir sind solidarisch und stolz.“ Das meiste Geld für seine Ausbildung verdient er als DJ selbst. „Bei uns eröffnen Mama und Papa kein Konto für dich“, bedauert er: „Du kommst zur Welt und musst dir selbst helfen.“

„Lust, hierzubleiben“

Ans Auswandern denkt er nicht. „Wenn du hier mit deinen Freunden im Unterricht arbeitest, hast du Lust, hierzubleiben und hier eine Arbeit zu finden.“ Er will, dass es seinen Kindern einmal bessergeht. Zwei Drittel der fast 1.000 jungen Männer und Frauen, die in neun Jahren das von einem Verein betriebene Zentrum besuchten, fanden sofort einen Job. Manche gründeten eigene Firmen. „Arbeit finden sie im Senegal oft über persönliche und familiäre Beziehungen, nicht über Bewerbungen und Qualifikation“, bedauert Direktor Magnier.

Der Leiter des von einem Verein betriebenen Ausbildungszentrums appelliert an Regierung, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Über die Hälfte der 14 Millionen Senegalesen sind jünger als 20 Jahre. Das Bildungssystem im Senegal ist bisher fast ausschließlich auf schulischen Unterricht angelegt. (epd/mig) Aktuell Ausland

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