Abschiebungen von Geflüchteten
Zwischen Härte und Verharmlosung
Für Nationalstaaten sind Abschiebungen ein „normaler“ Vorgang. Um diese auch für die Bevölkerung „normal“ wirken zu lassen und für gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Abschiebungen zu sorgen, lässt sich der Staat einiges einfallen.
Von Hendrik Lammers Mittwoch, 10.03.2021, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 07.03.2021, 23:54 Uhr Lesedauer: 10 Minuten |
Während in den 1990er Jahren auch von etablierten Parteien systematisch und offen rassistisch über Asylsuchende und Abschiebungen gesprochen wurde, hat sich der jüngere Diskurs über diese Themen etwas verschoben. Es gibt zwar weiterhin offenen und latenten Rassismus in den politischen Debatten und institutionellen Strukturen, doch die Diskussionen und Begriffe der Migrationspolitik mit ihren Strategien der Legitimierung der Abwertung von Geflüchteten haben sich gewandelt.
Mittlerweile wird vermehrt von „Rückführungen“, „freiwilliger Rückkehr“, „Ausreiseeinrichtungen“, „Ankerzentren“ oder der „Verbesserung der Durchsetzung der Ausreisepflicht“ gesprochen. Bei diesen Beschreibungen geht es zum einen darum, der Gesellschaft ein staatliches Durchgreifen gegenüber „Ausreisepflichtigen“ zu vermitteln und zum anderen darum, dass die Abschiebungen und ihre harten Folgen für die Betroffenen gleichzeitig verharmlost werden. Dafür nutzt der Gesetzgeber eine zugleich ordnungspolitische, abstrakte und verniedlichende Sprache.
Abschiebungen werden verharmlost
Die Euphemismen sollen ein Bild von Abschiebungen erzeugen, als handele es sich um eine behördlich begleitete Reise. Die Härte von Abschiebungen, die Ängste und psychosozialen Folgen auf Seite der Abgeschobenen sollen aus dem Abschiebevorgang herausdefiniert werden. Die Umdeutung entzieht der Abschiebung das Subjekt, damit Abschiebungen als behördlicher Verwaltungsakt ohne Gesicht erscheinen. Bei Kritik an Abschiebungen ist die politische Reaktion häufig, es handele sich um einen unschöne, aber notwendige Handlung.
„Rührende Geschichten, Suizide von Abgeschobenen und rechtswidrige Abschiebungen, die durch die Medien gehen, werden später zu ‚bedauerlichen Einzelfällen‘.“
Abschiebezahlen werden einerseits als Erfolg verkauft, denn sie sollen die Durchsetzungskraft des Staates bzw. die „richtige Auswahl“ bei der Zuwanderung verdeutlichen. Damit werden die verbreiteten Zuschreibungen und sprachlichen Unterscheidungen in „Bleibeberechtigte“ und damit „gute“, „gewollte“, „echte“ Geflüchtete sowie „Ausreisepflichtige“ und damit „schlechte“, „ungewollte“, „unechte“ Geflüchtete bedient. Andererseits soll die Abschiebung mit dem entstehenden Druck und den psychosozialen Folgen für die Betroffenen unausgesprochen bleiben oder heruntergespielt werden. Es wird suggeriert, die Abschiebung sei ein irgendwo außerhalb der Alltagswelt der Gesellschaft stattfindender Vorgang. Rührende Geschichten, Suizide von Abgeschobenen und rechtswidrige Abschiebungen, die durch die Medien gehen, werden später zu „bedauerlichen Einzelfällen“.
Abschiebungen werden in Zahlen ausgedrückt, deklariert als „Beendigung des Aufenthalts“ von „vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern“. Der Staat entledigt sich seiner Verantwortung durch die behördliche Übergabe der „Ausreisepflichtigen“ hinter der Grenze. Bis dahin müsse es aber nicht kommen. Der Staat überlasse vorher der „ausreisepflichtigen Person“ immerhin die Wahl, der Abschiebung im eigenen Interesse vorzubeugen – durch Zustimmung zur „freiwilligen Ausreise“. Es gibt zwar Menschen, die freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Oft ist dies abhängig von der Verbesserung der Sicherheitslage und den existenziellen Bedingungen vor Ort. Doch in Fällen, in denen diese Möglichkeit nicht besteht, stellt sich folgende Frage: Inwiefern kann die „Förderung zur freiwilligen Ausreise“ von Freiwilligkeit geprägt sein, wenn diese „Förderung“ damit einhergeht, dass es keine andere Wahl gibt, einer Abschiebung zu entgehen? Diese „Freiwilligkeit“ ist keine Freiwilligkeit. Sie wird durch den psychologischen Druck erzeugt, keine Alternative zu haben. Dafür führen Ausländerbehörden mit „Ausreisepflichtigen“ regelmäßig Gespräche, um bei ihnen das Gefühl der Perspektivlosigkeit in Deutschland zu erzeugen.
Abschiebungen nachts und ohne Ankündigung
„Oft berichten Menschen, denen eine Abschiebung bevorstehen könnte, von Angstzuständen und extremen Belastungen, von Flashbacks und Erinnerungen an Gewalterfahrungen, von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Hinter Abschiebezahlen verbergen sich Menschen und Schicksale.“
Abschiebungen finden vor allem nachts statt. Sie werden in der Regel nicht angekündigt. Häufig wissen Menschen, für die eine Abschiebung angeordnet wurde, über Monate nicht, ob die Polizei irgendwann während des Schlafs an der Tür klopft. Sie wissen nicht, wie sich die Behörden ihnen und ihren Kindern gegenüber verhalten werden. Sie wissen nicht, was mit ihnen nach der Abschiebung passiert. Sie fürchten, nach der Abschiebung vor dem Nichts zu stehen. Oft berichten Menschen, denen eine Abschiebung bevorstehen könnte, von Angstzuständen und extremen Belastungen, von Flashbacks und Erinnerungen an Gewalterfahrungen, von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Hinter Abschiebezahlen verbergen sich Menschen und Schicksale.
Bei Abschiebungsanordnungen aufgrund einer Ablehnung des Asylantrages als „unzulässig“ oder „offensichtlich unbegründet“ hat eine Klage vor dem Verwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung. Nur wenn innerhalb der kurzen Frist von einer Woche ein Eilantrag gestellt und dieser vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich ist, kann die Abschiebung bis zur Entscheidung über eine Klage vorübergehend gestoppt werden. Obwohl es sich bei einer Abschiebungsanordnung um einen harten Eingriff in die Freiheit der Menschen handelt, ist der Gesetzgeber nicht bereit, generell die mündliche Verhandlung abzuwarten.
Abschiebungen von Traumatisierten
Auch traumatisierte Menschen werden abgeschoben. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass niemand traumatisiert ist, wenn dies nicht umfangreich ärztlich nachgewiesen ist. Viele Menschen, die vor einer Abschiebung stehen, haben aber keinen ausreichenden Zugang zur Gesundheitsversorgung, um ein Abschiebehindernis prüfen lassen zu können. Hinzu kommt, dass psychologische Stellungnahmen für den Gesetzgeber aufenthaltsrechtlich kaum einen Wert haben. Arztpraxen sollen sich für Atteste außerdem an Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes halten1. Fehlt eine Angabe in einem Attest oder wird das Attest nicht unverzüglich nach Erhalt vorgelegt, kann der Nachweis einer Traumatisierung für die Entscheidung über eine Abschiebung unberücksichtigt bleiben. Das gilt seit dem Jahr 2016, als in Folge auf die erhöhten Fluchtbewegungen weitere absichtliche Hürden in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen wurden.
Schwierigkeiten bei rechtlichen Schritten
„Hinzu kommt, dass durch Leistungskürzungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für manche Geflüchtete kein Bargeld ausgegeben wird, weshalb sie eine anwaltliche Vertretung nicht bezahlen können. Die Kürzungen auf 0 € sind offensichtlich verfassungswidrig, aber gängige Praxis.“
Hinzu kommt, dass durch Leistungskürzungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz2 für manche Geflüchtete kein Bargeld ausgegeben wird, weshalb sie eine anwaltliche Vertretung nicht bezahlen können. Die Kürzungen auf 0 € sind offensichtlich verfassungswidrig, aber gängige Praxis.3 Aus Sicht der Hardliner ist das ein kluger Schachzug. Wer sich aufgrund fehlender Finanzierungsmöglichkeit rechtlich nicht wehren kann, der ist theoretisch willkürlichen Negativentscheidungen ausgesetzt. Für einen Rechtstaat ist diese Praxis jedoch eine Bankrotterklärung. Die Vorannahme, staatliche Entscheidungen bräuchten nicht hinterfragt werden, ist eine gefährliche autokratische Denkweise.
Als Option wäre da noch die eigenmächtige Vertretung im Klageverfahren gegen eine Abschiebungsentscheidung vor dem Verwaltungsgericht. Diese Möglichkeit ist zwar als Option wichtig, aber faktisch für die meisten von Abschiebung bedrohten Menschen mit geringen Deutschkenntnissen und fehlendem Jurastudium bei der komplexen Rechtslage oft kein gangbarer Weg. Außerdem können bestimmte Rechtsmittel, wie beispielsweise die Einreichung von Eilanträgen zusätzlich zur Klageerhebung bei Abschiebungsanordnungen in Staaten, die die Dublin-III-Verordnung unterzeichnet haben, in manchen Konstellationen sogar nachteilig sein. Es braucht also in der Regel eine Anwaltskanzlei oder eine Beratungsstelle, welche zur Überprüfung von Abschiebebescheiden ehrlich und professionell berät. Die Beratungen als Teil einer angeblichen „Anti-Abschiebeindustrie“ zu diskreditieren, wie Alexander Dobrindt (CSU) es 2018 tat, rückte die professionellen Hilfen für Geflüchtete bei der Inanspruchnahme rechtlicher Mittel in ein schlechtes Licht. Aber es geht hierbei um wichtige demokratische Prinzipien. Es geht um die Ermöglichung legaler rechtsstaatlicher Mittel gegen einen Abschiebebescheid und immerhin um einen massiven staatlichen Eingriff.
„Denn durch Umdeutungen, Verharmlosungen und die Nicht-Sichtbarmachung von Abschiebungen werden empathisches Verstehen und Solidarisierungen reduziert. Letztlich soll niemand beunruhigt werden. Der Abschiebevorgang soll möglichst ungestört bleiben.“
Wer sich nun fragt, wie sich das feingliedrige und hochkomplizierte Migrationsrecht verstehen lässt, dürfte ein ungefähres Gespür für die Schwierigkeit des Verständnisses der eigenen Rechte für Betroffene ohne Deutschkenntnisse bekommen, die zusätzlich akut belastet sind. Und trotzdem ist die Überforderung mit den rechtlichen Fragen und Schritten sowie die Bedrohlichkeit der Abschiebung nur für Betroffene wirklich nachzuvollziehen. Menschen, die der Extremsituation einer bevorstehenden Abschiebung nicht ausgesetzt waren und es nie sein werden, haben durch die Grenzen der Empathie Abstand von dem schwerwiegenden staatlichen Eingriff der Abschiebung. Das ist einerseits ein psychologischer Mechanismus, durch den sich Nicht-Beteiligte schützen können. Anderseits lässt sich hier für die Legitimation der Abschiebepolitik anknüpfen. Denn durch Umdeutungen, Verharmlosungen und die Nicht-Sichtbarmachung von Abschiebungen werden empathisches Verstehen und Solidarisierungen reduziert. Letztlich soll niemand – mit Ausnahme der Betroffenen – beunruhigt werden. Der Abschiebevorgang soll möglichst ungestört bleiben. Nicht ohne Grund werden Abschiebungen nachts und überraschend durchgeführt und Abschiebetermine im Vorfeld nicht mitgeteilt. Protest und die Sichtbarmachung von Abschiebungen durch Dritte sollen verhindert werden. Die gesellschaftliche Akzeptanz für Abschiebungen lässt sich leichter aufrechterhalten, wenn Abschiebungen unbemerkt bleiben und sich nur wenige Anlässe für ihre Hinterfragung bieten.
Erleichterte Abschiebungshaft
Die Betroffenen sollen sich der Abschiebung faktisch nicht entziehen können. Dafür gibt es verschiedene Maßnahmen. Eine davon ist die „Verfügung zum nächtlichen Aufenthalt“. Das bedeutet: nächtlicher Hausarrest mit Option auf Ausgangserlaubnis. Es wäre rechtlich als Freiheitsentziehung ohne ausreichenden Grund zu bewerten und damit unzulässig,4 wenn die zuständigen Behörden nicht daran gedacht hätten, den Betroffenen einzuräumen, ihre Wohnung für kurze Zeit verlassen zu dürfen, sofern sie jedes Mal vorher die Behörden informieren. Vergessen sie dies, ist das nach dem Aufenthaltsgesetz ein Grund für Abschiebungshaft.
Besonders an der Abschiebungshaft wird die Härte des Eingriffs und die De-Thematisierung deutlich. Die Inhaftnahme als Form der Freiheitsentziehung ist in Rechtsstaaten dafür gedacht, die Sicherheit der Allgemeinheit zu schützen. Aber handelt es sich um eine Gefahr der öffentlichen Sicherheit, wenn eine Person eine Grenze überquert, ein Asylverfahren negativ durchläuft und dann nicht ausreist? Abschiebungshaft ist per se unverhältnismäßig und entwürdigend. Sie ist unethisch. Und sie ist obendrein teuer für den Staat. Dass dann noch von der Gesamtzahl der Abschiebehaftfälle etwa 50 Prozent im Nachhinein gerichtlich als rechtswidrig eingestuft werden, ist erschreckend und ein Armutszeugnis für den Rechtsstaat.
„Selbst Familien und Minderjährige dürfen in Abschiebungshaft genommen werden … Um sich vorzustellen, wie bei minderjährigen Geflüchteten ohne Strafvergehen unter Beachtung des Kindeswohls eine Haft ablaufen soll, braucht es viel Phantasie und die Ignoranz der UN-Kinderrechtskonvention.“
Nach der letzten Reform des Abschiebehaftrechts stehen zahlreiche Gründe für eine Abschiebungshaft im Aufenthaltsgesetz, sodass sich leicht ein Anordnungsgrund finden lässt. Für Sicherungshaft reicht es schon, wenn eine Anhörung oder eine ärztliche Untersuchung versäumt wird oder jemand den Wechsel der Anschrift mitzuteilen vergisst. Das sind nur einige der Anordnungsgründe für die Haft. Selbst Familien und Minderjährige dürfen in Abschiebungshaft genommen werden, allerdings „nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange […], wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist“5. Um sich vorzustellen, wie bei minderjährigen Geflüchteten ohne Strafvergehen unter Beachtung des Kindeswohls eine Haft ablaufen soll, braucht es viel Phantasie und die Ignoranz der UN-Kinderrechtskonvention.
Keine Ausnahme in Corona-Zeiten
Im vergangenen Jahr hat es weniger Abschiebungen gegeben. Doch das liegt nicht am Verhalten der „abgelehnten“ Asylsuchenden. Der Grund ist die Corona-Pandemie. Grenzen wurden zeitweise geschlossen, viele Staaten setzten Abschiebungen aus. Deutschland versuchte dennoch, Abschiebungen durchzuführen. Allein auf dem Flugweg wurden fast 9.000 Menschen abgeschoben, neben 1.780 Abschiebungen auf dem Landweg und 50 Abschiebungen auf dem Seeweg. Parallel gab es eine mediale Debatte um die Notwendigkeit der Einschränkungen von Flügen aufgrund der Risiken einer Ansteckung mit Covid-19. Die Grenze der Einschränkung bei Reisen scheint bei Abschiebungen zu liegen. Diese müssen scheinbar selbst im absoluten gesellschaftlichen Ausnahmezustand der Corona-Pandemie fortgeführt werden. Dabei finden sich nicht nur in Pandemiezeiten, sondern auch generell gute Argumente für eine Kritik an Abschiebungen und ihren Mechanismen. In einer demokratischen und an Menschenrechten orientierten Gesellschaft ist diese Kritik wichtig. Noch wichtiger ist die praktische Veränderung des Abschiebesystems.
- § 60 Abs. 7 AufenthG bzw. § 60a Abs. 2 c) AufenthG
- § 1a AsylbLG
- Siehe u. a. LSG Niedersachsen-Bremen: L 8 AY 4/20 B ER; Bundesverfassungsgericht: 1 BvL 10/10; 1 BvL 2/11; 1 BvL 7/16; EuGH: C-233/18
- Dazu u. a. OVG Lüneburg: 13 ME 442/17
- § 62 AufenthG
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Wenn man ihre Ausführungen zu Ende denkt, ist kein Fall mehr vorstellbar, in dem abgelehnte Asylbewerber gegen ihren Willen Deutschland verlassen müssen. Daraus folgt für mich, dass man sich ehrlich macht und das Asylrecht am besten abschafft. Stattdessen sollte man gleich sagen, dass jeder Mensch, der aus welchen Gründen auch immer in diesem Land leben will und egal woher er kommt, dies auch tun können soll. Damit es keine Diskriminierung gegenüber deutschen Staatsbürgern gibt, sollte man diesen Menschen auch sofort die Staatsbürgerschaft verleihen. Wie gesagt, das wäre für mich die ehrliche Schlussfolgerung ihrer Meinung.
Ein sehr interessanter Gedankengang, bei dem ich Ihnen zustimme. Verrechnet man die Abschliebezahlen durch Dublin miteinander, kommt man auf das Ergebnis, dass 2020 lediglich rund 2.000 Menschen durch eine Abschliebung das Land verlassen haben. Und dafür Leben hunderttausende in Angst.
Danke für den ausführlichen, gut recherchierten Artikel!
Auch wenn der Text manch richtigen Punkt anspricht, zeigt er wieder mal die typische Kultur des Polemisierens und Dagegenseins, ohne einen konstruktiven und realistischen Lösungsansatz zu bieten.
Darf also jeder Mensch hierherkommen, unterschieds- und bedingungslos im Land bleiben und niemals zwangsweise weggeschickt werden? Laden wir – jetzt bin ich selbst polemisch – die ganze Welt ein? Und wer übernimmt dann die Verantwortung für unkalkulierbare Folgen einer solchen Politik total offener Grenzen? … Fragen über Fragen!
„Noch wichtiger ist die praktische Veränderung des Abschiebesystems.“
Gerade an dieser Stelle wird der Artikel erst richtig interessant. Ich frage mich natürlich, welche Alternativen es gibt.
Über Gründe der Abschiebehaft weiß ich nichts, aber könnte mir vorstellen, dass diese auch nicht ohne weiteres angeordnet werden darf. Es liegt mir fern, Flüchtlinge aus Krisenherden zurückzuweisen, aber schaut man sich die Anfrage an die Bundesregierung an, welche Nationalitäten abgeschoben wurden, sind einige südöstliche europäische Länder an erster Stelle: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/214/1921406.pdf
Wohlgemerkt Länder, die irgendwann mal in die EU wollen, also wäre es schon interessant, die Fluchtgründe zu erfahren. Zudem finde ich es unfair, dass Leute die kein Recht auf Asyl haben, sich „vordrängeln“, im Gegensatz zu Leuten, welche auf legalen Weg mit Aufenthaltsgenehmigung einreisen. Mein Kollege aus Serbien weiß da vielleicht mehr. Mein Exfreund aus Indonesien musste dieses Prozedere auch durchmachen, bevor er hier studieren durfte.
Es gibt – leider lässt sich dies nicht leugnen – schwarze Schafe, welche nun mal nichts zu einem angenehmen Zusammenleben beitragen.
Ich stimme Ihnen vollumfänglich zu, vor allem Ihren ersten Sätzen. Leider endet der Artikel exakt dort, wo es spannend wird: Wie soll die „praktische Veränderung des Abschiebesystems“ konkret aussehen? Welche Alternativen bieten sich denn an?
Das ist meine Kritik an dem Text: Er mag Debatten anregen und im Sinne einer Problemanalyse richtig sein. Eine Antwort, wie es in der Praxis anders gehen soll, bleibt der Autor schuldig.