OVG NRW
Kein Flüchtlingsstatus für Wehrdienstentzieher aus Syrien
Syrische Asylbewerber, die sich dem Reserve-Wehrdienst entzogen haben, erhalten nicht den Status eines politischen Flüchtlings. Das hat das Oberverwaltungsgericht NRW entgegen bisheriger Rechtspraxis entschieden. Begründung: Die Situation in Syrien habe sich verändert.
Mittwoch, 24.03.2021, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.03.2021, 10:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ein syrischer Asylbewerber, der sich in seiner Heimat dem Reserve-Wehrdienst entzogen hatte, erhält laut einem Urteil des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) nicht den Status eines politischen Flüchtlings. Einfache Wehrdienstentzieher würden – anders als politische Gegner des Regimes – in Syrien nicht mehr flächendeckend und systematisch strafrechtlich verfolgt, erklärte das OVG am Montag in Münster. (AZ: 14 A 3439/18.A)
Der Kläger aus Frechen behält allerdings den subsidiären Schutz, den ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gewährt hatte. Er müsse Deutschland nicht verlassen, teilte eine Gerichtssprecherin auf Nachfrage mit.
OVG: Veränderung in Syrien
Der Syrer war den Angaben zufolge 2015 aus seinem Land geflohen. Seinen Wehrdienst hatte er dort zwar bereits geleistet, fürchtete aber, zum Reservedienst eingezogen zu werden. Den subsidiären Schutz durch das Bamf habe er durch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln verbessern wollen, erklärte die Sprecherin. Das VG billigte ihm den Flüchtlingsstatus auch zu. (AZ: 20 K 7784/17.A) Dagegen habe das Bundesamt jedoch Rechtsmittel eingelegt. Das OVG änderte das Kölner Urteil und wies die Klage des Asylbewerbers ab.
Das Gericht habe die Erkenntnisse zur Verfolgungslage für Wehrdienstentzieher in Syrien einer neuen Prüfung unterzogen, hieß es. Nachdem sich die militärische Situation zugunsten des syrischen Staates konsolidiert habe, beobachte man eine veränderte Praxis: Einfache Wehrdienstentzieher würden nicht mehr bestraft, sondern sofort eingezogen und militärisch eingesetzt. Anders läge der Fall möglicherweise bei Deserteuren aus militärischen Einheiten oder wenn Soldaten aus Sicht des Regimes zum Feind überliefen, erläuterte das Gericht.
Alleingang des OVG
Mit seiner Neubewertung sieht das OVG zugleich die Auffassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in einem Urteil vom November 2020 (AZ: C-238/19) als widerlegt an: Der EuGH hatte in einem anderen Fall aus Deutschland die „starke Vermutung“ einer Strafverfolgung von Militärdienstverweigerern aus politischen Gründen geäußert. Einer „gegenteiligen Bewertung der Tatsachenlage“ durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom Januar 2021 (AZ: 3 B 109/18) schlossen sich die nordrhein-westfälischen Richter ausdrücklich nicht an.
Die Revision gegen das Urteil vom Montag ließ das OVG Münster nicht zu. Dagegen kann Beschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. (epd/mig) Aktuell Recht
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