Integration-Studie
Strukturelle Probleme und Reformbedarf bei der Polizei
Die Polizeibehörden bemühen sich um die Rekrutierung von Bewerbern mit Migrationshintergrund, lassen sie mit strukturellen Problemen innerhalb der Polizei aber alleine. Ihre Zusatzqualifikationen werden zudem nicht honoriert. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie.
Donnerstag, 08.04.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 07.04.2021, 16:15 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Polizei in Deutschland sollte laut einem Forschungsbericht mehr für die Integration und Unterstützung von Beamten aus Familien mit Migrationshintergrund tun. Bislang werde die Herkunft dieser Beschäftigten im Arbeitsalltag vor allem genutzt, wenn Sprach- und Kulturkenntnisse benötigt werden, honoriert werde diese Qualifikation jedoch nicht, erklärte das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen in einem am Mittwoch veröffentlichten Report zum Thema „Polizei und Migration“.
Die interne Bearbeitung von migrationsspezifischen Belangen und Diskriminierungserfahrungen gestaltete sich dagegen häufig schwierig, hieß es. So bleibe es den Kollegen aus Einwandererfamilien selbst überlassen, intern gegen Vorbehalte und rassistische Ansichten zu argumentieren. Beamte mit Migrationshintergrund gerieten dabei gerade als neue Mitarbeiter häufig unter Druck und seien nicht in der Lage, die Polizei „von innen heraus“ zu verändern.
Blöde Sprüche werden weggesteckt
„Vielmehr lernen sie schnell und spätestens im Berufspraktikum, beispielsweise einen ‚blöden Spruch‘ bezogen auf ihre Herkunft wegzustecken, um nicht als zu ‚sensibel‘ angesehen zu werden. Selbst ein diskriminierender Spitzname wurde von einem Interviewpartner hingenommen, obwohl er ihn als sehr belastend empfindet“, heißt es in dem Papier. Einige hätten sogar angegeben, sich möglichst nicht zu eng mit mehreren Kollegen mit gleichem oder ähnlichem Migrationshintergrund zu zeigen, da das von anderen Kollegen als Abschottung gesehen werde.
Ein Betroffener, der im Rahmen der Studie interviewt wurde, wird wie folgt zitiert: „Ich war erst voll froh, als ich in die Dienstgruppe kam und da war noch ein Türke (…), dachte halt, da hat man schon irgendwie gleich Anschluss oder so (…), aber gleich am ersten Tag nimmt der mich zur Seite und sagt: Pass auf, ich helf‘ dir gern alles kein Thema, aber wir hängen hier nicht die ganze Zeit aufeinander, da kriegen die ‘ne Krise und wir sprechen hier deutsch, kein ‚merhaba‘, kein ‚nasılsın‘. Ja, man muss da aufpassen, dass die Kollegen halt kein falsches Bild kriegen.“
Strukturelle Probleme und Reformbedarf
Der Report ist Bestandteil eines vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts. Die Wissenschaftler konstatieren dabei auf Basis der ersten Ergebnisse strukturelle Problemlagen und Reformbedarf. Aktuell würden Veränderungsprozesse in der Polizei vor allem durch Fortbildungsmaßnahmen etwa im Bereich „Interkulturelle Kompetenz“ vorangetrieben. Die Fortbildungen richteten sich aber vor allem an Vorgesetzte – in der Annahme, dass diese besonders deutlich zu einem institutionellen Wandel beitragen könnten. Das Projekt belege jedoch, dass es den Vorgesetzten meist an Handlungsspielraum und Einfluss auf die Mitarbeiter mangele.
Nach Ansicht der Wissenschaftler wäre es in vielen Fällen eher angebracht, Verfahrensregeln direkt in den Blick zu nehmen, um die alltägliche Arbeit für die Beamten besser zu strukturieren. So sollte klar geregelt werden, wann Dolmetscher hinzugezogen werden und welche Polizisten wann aus dienstlichen Gründen übersetzen dürfen und müssen. Solche Regeln könnten Handlungssicherheit geben und gerade Polizisten mit Migrationshintergrund von „strittigen Situationen“ mit den Kollegen entlasten, hieß es. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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Die Studie zeigt mal wieder sehr gut auf, wie strukturelle Diskriminierung doch Alltag in Behörden (und Unternehmen) ist. Interkulturelle Kompetenz ist nur ein Baustein von vielen. Hier geht es um die Haltung gegenüber unseren Mitmenschen/Kolleg:innen. Es braucht Fortbildungsprogramme zum Thema Critical Wihteness, strukturelle Diskriminierung und Rassismus!