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Grundrecht verletzt

Gericht stoppt Handydatenauswertung bei Asylsuchenden

Die umstrittene Handydatenauswertung von Flüchtlingen verletzt Betroffene in ihren Grundrechten. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin im Falle einer 44-jährigen Afghanin entschieden. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte wirft Bamf Grundrechtsverletzung vor.

Freitag, 04.06.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 03.06.2021, 17:11 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die umstrittene Handydatenauswertung von Asylsuchenden durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ist nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin rechtswidrig. Die Verhandlung dazu hatte bereits am Dienstag stattgefunden, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Klägerin war eine 44-Jährige aus Afghanistan, die von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt wird.

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Laut GFF geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass das Auslesen der Datenträger zum Zeitpunkt der Antragsstellung im Asylverfahren rechtswidrig ist, weil es zur Feststellung der Identität und Herkunft nicht erforderlich sei. Das stelle nun rechtlich die gesamte Praxis des Bundesamtes in Frage, erklärte die GFF-Juristin und Verfahrenskoordinatorin Lea Beckmann: „Das Bamf verletzt mit seinen Handydatenauswertungen Grundrechte.“ Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens hat das Gericht die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

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Die Handydatenauswertung ist seit einer Änderung der Asylgesetzgebung im Jahr 2017 erlaubt. Das Bundesamt darf Daten auslesen, wenn ein Asylsuchender keine Dokumente vorweisen kann. Ein konkreter Verdacht auf falsche Angaben ist nicht erforderlich. Ausgewertet werden Kontakte, Anruflisten, Browserverläufe oder Geodaten aus Fotos, um Hinweise auf Identität und Herkunft zu erhalten.

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Studie: Auswertung teuer und nutzlos

Die Handydatenauswertung in Asylverfahren bringt laut einer GFF-Studie kaum verwertbare Ergebnisse. Seit der Einführung des Verfahrens seien zehntausende Mobiltelefone von Asylsuchenden ausgelesen worden, die Summen in zweistelliger Millionenhöhe gekosten haben, heißt es in einer Studie. Danach scheitert das Auslesen in etwa einem Viertel der Fälle bereits an technischen Problemen. Mehr als die Hälfte der erfolgten Datenträgerauswertungen hätte sich zudem als unbrauchbar erwiesen. Nur in ein bis zwei Prozent der verwertbaren Auswertungen hätten sich Widersprüche zu den Angaben gefunden, die die Asylsuchenden selbst in ihren Befragungen gemacht hatten. In allen übrigen Fällen habe der Test bestätigt, was Asylsuchende vorgetragen hatten. Das Bundesamt erklärte, die Studie ziehe nicht zulässige Schlüsse.

Zwei weitere Klagen vor den Verwaltungsgerichten Hannover und Stuttgart sind laut GFF noch nicht entschieden. Zudem hat die Gesellschaft Beschwerde beim Bundesdatenschutzbeauftragten eingelegt. (epd/mig) Leitartikel Recht

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