Nazis in Behörden kein Thema
Innenminister wollen anti-israelischer Demos einschränken
Erstmals seit Beginn der Pandemie tagten die Innenminister von Bund und Ländern wieder in Präsenz. 69 Punkte standen auf ihrer Tagesordnung. Beschlossen wurden unter anderem schärfere Maßnahmen gegen Antisemitismus und Aufnahme von afghanischen Ortskräften. Rechtsextremismus in Behörden war kein Thema.
Montag, 21.06.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 20.06.2021, 14:14 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Innenminister von Bund und Ländern haben bei ihrer Konferenz im badischen Rust ein schärferes Vorgehen gegen Antisemitismus angekündigt. Wie der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Baden-Württembergs Ressortchef Thomas Strobl (CDU), am Freitag nach dem Treffen mitteilte, sollen anti-israelische Versammlungen im Umfeld von Synagogen eingeschränkt und gegebenenfalls verboten werden. Antisemitische Parolen und Übergriffe vor Synagogen bei Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt hatten kürzlich für Entsetzen gesorgt.
Wie aus einem Zeitungsbericht bekanntwurde, hat sich die Regierungsfraktionen im Bundestag zudem auf ein Verbot der Hamas-Flagge geeinigt. Man wolle nicht, dass auf deutschem Boden die Fahnen von Terrororganisationen geschwenkt würden, sagte der Unionsfraktions-Vize Thorsten Frei (CDU) der „Welt am Sonntag“. Der Rechtsstaat müsse den antisemitischen Demonstrationen von Mai eine rasche und dezidierte Antwort erteilen.
Höhere Strafen bei antisemitischen Straftaten
Durch eine Ergänzung des Paragrafen 86 im Strafgesetzbuch sollen dem Bericht zufolge beim dort geregelten Verbot der Verbreitung von Propagandamitteln neben verfassungswidrigen Organisationen auch solche berücksichtigt werden, die auf der EU-Terrorliste geführt werden. Auf dieser Sanktionsliste stehen unter anderen die radikalislamische Hamas und die Palästinenserorganisation PFLP. Laut „Welt am Sonntag“ hatte es im SPD-geführten Bundesjustizministerium zunächst verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Änderung gegeben.
Strobl kündigte zudem an, man werde auch das Strafmaß bei antisemitischen Straftaten „empfindlich anziehen“. Die Justizminister von Bund und Ländern hatten diese Woche bereits beschlossen, dass die Verfolgung antisemitischer Straftaten künftig „grundsätzlich im öffentlichen Interesse“ liegen soll. Nur noch im Einzelfall sollen solche Taten auf den Privatklageweg verwiesen oder Strafverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden können.
Präzisere Erfassung antisemitischer Straftaten
Die Innenminister beschlossen außerdem, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzurichten, um dort gemeinsam mit den Antisemitismus-Beauftragten im Bund und in den Ländern Maßnahmen gegen Antisemitismus weiterzuentwickeln. Außerdem soll der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, an der Innenministerkonferenz im Herbst in Stuttgart teilnehmen.
In der seit längerem schwelenden Diskussion um die Erfassung antisemitischer Straftaten verständigten sich die Innenminister darauf, diese künftig präziser zu fassen, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte. Details blieben aber offen. Die Länder sollen diese Seehofer zufolge klären. In der Kriminalstatistik werden antisemitische Straftaten als rechtsextrem motiviert erfasst, auch wenn nichts über das Motiv bekannt ist. Seehofer und Strobl betonten, der Rechtsextremismus sei bei diesem Thema der bedrohlichste Aspekt.
Aufnahme afghanischer Ortskräfte
Es gebe mittlerweile aber auch „erkennbar importierten Antisemitismus“, sagte Seehofer. Strobl verwies zudem auf Antisemitismus in Gruppen von Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen.
Die Innenminister begrüßten zudem, dass afghanische Ortskräfte in Deutschland aufgenommen werden können, wenn sie vor mehr als zwei Jahren für die Bundeswehr oder Bundespolizei gearbeitet haben. Seehofer bestätigte, dass diese Frist nach einer Einigung innerhalb der Bundesregierung gestrichen werden soll. Alle Ortskräfte, die seit 2013 im Dienst der deutschen Sicherheitskräfte waren und spätestens mit dem Abzug der Truppen Verfolgung durch die Taliban fürchten, sollen nun ein Visum erhalten können. Die Landesinnenminister baten zusätzlich darum, dass der Bund die Flugkosten für sie übernimmt.
Opposition fordert Abschiebestopp
Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke begrüßte die Erleichterung für die Einreise afghanischer Ortskräfte. „Genauso dringend ist aber, Abschiebungen afghanischer Flüchtlinge einzustellen und den Familiennachzug nach Deutschland zu erleichtern“, erklärte die Linkspolitikerin. Deutschland habe nach 20 Jahren Kriegseinsatz am Hindukusch nicht das Recht, die einen Schutzsuchenden gegen die anderen auszuspielen. „Es gibt keine Flüchtlinge zweiter Klasse“, so Jelpke.
Auch Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik der Grünen im Bundestag, fordert einen Abschiebestopp für Syrien und Afghanistan. „Weder Syrien noch Afghanistan sind sicher. Die Entscheidung der letzten Innenministerkonferenz, den generellen bundesweiten Abschiebestopp nach Syrien nicht zu verlängern, war ignorant und gefährlich“, erklärte Amtsberg. Das Völkerrecht verbiete Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete.
Rassismus in Behörden kein Thema
Kritik ernteten die Innenminister auch vom stellvertretenden Grünen-Fraktionsvorsitzenden Konstantin von Notz. „Es ist vollkommen unverständlich, dass die IMK das drängende Problem von Rechtsextremismus und Antisemitismus in deutschen Sicherheitsbehörden offenbar ausgeklammert hat. Dies ist angesichts der jüngsten Vorfälle hochproblematisch“, erklärte von Notz.
Menschenverachtende Ideologien dürften keinen Platz in deutschen Behörden haben. Sie seien ein Sicherheitsproblem und müssten mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden. Diese Aufgabe könne und dürfe nicht aufgeschoben werden. „Es braucht ein klareres Problembewusstsein und ein konsequenteres Vorgehen. Nur mit einer kohärenten Strategie werden wir diesem relevanten Sicherheits- und Vertrauensproblem gerecht“, so der Grünen-Politiker. (epd/mig) Leitartikel Politik
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Das fügt sich sehr gut in das Gesamtbild ein: Nach all den sehr schrecklichen rassistisch und islamophob motivierten Ereignissen, wie in Mölln, Solingen, den NSU-Serienmorden, dem Bombenanschlag in Köln Keupstr., den Anschlägen wie in Hanau oder München und und und …. und der belegten Tatsache, dass Deutschland Weltmeister bezüglich Anschläge auf Moscheen ist, hatte kein einziger Innenminister bei der Innenministerkonferenz Themen, wie „Nazis in Behöden“ oder „Anschläge auf Moscheeen“ bzw. verheerende rassistisch und islamophob motiverte Straftaten“ auf dem Zettel. Seit Jahren ärgert es die Verantwortlichen, dasss jedes Jahr laut Verfassungsschutzberichten bzw. der BKA-Kriminalstatistik 90-94% aller antisemitischen Straftaten in Deutschland von Rechtsextremisten verübt werden. Wer aufmerksam die Medien durchstöbert stellt fest, dass der Drang in Deutschland trotz der 90%-Gruppe der Rechtsextremen diese Taten auf in Deutschland lebende Muslime zu schieben gigantisch ist. Nun hat man beschlossen, die antisemitisch motivierten Straftaten expliziter zu differenzieren. Vielleicht haben die ja Glück und in 2022 steht dann im Verfassungsschutz-Bericht, dass dann nur 87% aller antisemisch motivierten Straftaten von Rechtsextremisten durchgeführt werden… Obwohl BKA und Verfassungsschutz mehr als sehr deutlich mit über 90% die Hauptgruppe der antisemitischen Straftäter den Rechtsextremisten zuordnet, blenden deutsche Massenmedien und auch wahlkampfbetreibende Politikler diese Tatsache derzeit sehr auffällig aus und reden lieber über die verbliebenen 10%: 3% Linksextreme, 3-4 % Muslime, 3-4 % ohne Zurodnung. Aber Anschläge auf Muslime mit ermordeten Muslimen oder Anschläge auf Moscheeen anzusprechen und zu verurteilen: Fehlanzeige! Was für eine katastrophale Realitätsverzerrung und Entwicklung!