"Erdrückende Beweislage"
EU-Abgeordneter fordert Konsequenzen aus Frontex-Untersuchung
Das Ergebnis der Untersuchungen zu illegalen Pushbacks in der Ägäis ist nach Auffassung des Grünen-EU-Abgeordneten Marquardt eindeutig. Die Beweislage über systematische Menschenrechtsverletzungen sei erdrückend und Frontex sei Teil des Problems.
Von Phillipp Saure Donnerstag, 24.06.2021, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.06.2021, 15:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt fordert Konsequenzen aus der Arbeit des Frontex-Untersuchungsgremiums zu mutmaßlichen Pushbacks gegen Migranten und Flüchtlinge in der Ägäis. Eine Verbesserung wäre zum Beispiel die sofortige Veröffentlichung von Seenotfällen, sagte Marquardt dem „Evangelischen Pressedienst“ vor der Abschlusssitzung des Parlamentsgremiums am Mittwoch. „Wenn man die Informationen der Seenotrettungsleitstellen in Echtzeit hätte, könnte man besser nachverfolgen, was mit den Booten passiert und ob in Notfällen wirklich gerettet wird“, sagte er. „Und warum sollte das geheim sein?“
Die Parlamentsarbeitsgruppe prüft seit Anfang März die Arbeit der EU-Grenz- und Küstenwachagentur. Im Fokus stehen mögliche Verwicklungen in illegale Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Seegrenze in der Ägäis. Marquardt zufolge hat die Untersuchung Vorwürfe gegen die griechische Küstenwache und auch Frontex, dessen Chef Fabrice Leggeri am Mittwoch noch einmal befragt werden soll, bestätigt. „Es gibt viele Augenzeugen und Berichte und eine erdrückende Beweislage über systematische Menschenrechtsverletzungen.“
Vermeidung von Nachweisen
Hauptverantwortlich seien die griechischen Behörden, die Zufluchtsuchende zum Beispiel in türkische Gewässer zurückschleppten oder ohne Motor auf See zurückließen. Frontex habe etwa durch Aufklärungsflüge immer wieder daran mitgewirkt. Andererseits werde Frontex selbst von den Griechen zunehmend schlechter eingebunden. „Man versucht Frontex aus den konkreten Menschenrechtsverletzungen rauszuhalten, damit es weniger Nachweise über die Rechtsbrüche gibt.“
Marquardt führt das unter anderem darauf zurück, dass manche Bedienstete im Frontex-Hauptquartier in Warschau gegen solche Praktiken seien. „Sie haben uns auf diplomatische Weise gesagt, sie finden das schlimm.“ Und vor Ort in der Ägäis habe sich beispielsweise einmal ein dänisches Frontex-Schiff geweigert, für die Griechen einen Pushback durchzuführen.
„Kultur der Verschleierung“ bei Frontex
Insgesamt herrsche bei der Agentur jedoch eine „Kultur der Verschleierung“. Die meisten der 27 EU-Länder in ihrem Aufsichtsgremium seien zudem nicht an einer Änderung der Praktiken an der EU-Außengrenze interessiert. Und Exekutivdirektor Leggeri leugne Menschenrechtsverstöße oder stelle „absurde“ Behauptungen wie die auf, auf manchen der Flüchtlingsboote wolle niemand Asyl beantragen oder sie würden freiwillig und ohne Gewalteinwirkung umdrehen.
Ob das Untersuchungsgremium des EU-Parlaments sich allerdings auf einen Bericht einigen wird, ist Marquardt zufolge offen. „Meine Befürchtung ist, dass es womöglich gar keinen gibt.“ Denn ein Teil der Mitglieder stelle trotz der „klaren Gesamtlage“ die Existenz systematischer Pushbacks infrage. (epd/mig) Aktuell Panorama
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