Corona-Studie
Ärmere Kinder hatten kleinere Displays im Homeschool
Stress durch Homeschooling betraf viele Eltern, unabhängig von Einkommen. Besonders stark war die Belastung, wenn Eltern länger gearbeitet haben oder seltener im Homeoffice waren. Beides traf auf Eltern mit Migrationshintergrund öfter zu.
Mittwoch, 15.09.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 14.09.2021, 15:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Eltern von Grundschulkindern waren mehrheitlich durch den Distanzunterricht ihrer Kinder während der Corona-Pandemie starkem Druck ausgesetzt. Mehr als 60 Prozent hätten sich durch den digital erteilten Unterricht im Wohnzimmer immer oder sehr häufig gestresst gefühlt, teilte das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung am Montag in Essen ein zentrales Ergebnis einer Erhebung mit. Der Stresslevel zwischen Eltern von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund sei vergleichbar gewesen.
Im Juni und Juli waren knapp 6.000 Eltern von Grundschulkindern in Nordrhein-Westfalen zu Lern- und Alltagssituationen während der zweiten Phase der Pandemie befragt worden. Einbezogen wurden auch Daten etwa zum Einkommen in den jeweiligen Stadtvierteln der Schulen.
Migranten finanziell stärker betroffen
Die Analyse zeige, dass in puncto Elternbelastung nur wenige Unterschiede zwischen Familien aus wohlhabenderen und ärmeren Stadtvierteln erkennbar waren, hieß es. Grundsätzlich sei es der Mehrheit der befragten Eltern schwergefallen, ihre Kinder zu Hause zum Lernen zu motivieren. Dies habe sich dann bei denjenigen Schülern verstärkt, die vonseiten ihrer Schule keine oder kaum digitale Lernmittel zur Verfügung gestellt bekamen. Besonders Schulen in ärmeren Stadtvierteln setzten im Durchschnitt weniger digitale Lernmittel regelmäßig ein wie etwa Videounterricht, Apps oder Lernvideos.
Unterschiede zwischen Stadtvierteln ergaben sich bei der Anschaffung beziehungsweise erstmaligen Anschaffung digitaler Endgeräte der Eltern für ihre Kinder. Denn nur bei einem kleinen Teil der verwendeten Tablets handelte es sich um Leihgeräte der jeweiligen Schule, hieß es. Sehr viele Familien mussten der Erhebung zufolge digitale Endgeräte speziell für das Distanzlernen anschaffen. Vor allem Familien in Nachbarschaften mit geringerem Einkommen waren von Neuanschaffungen und den finanziellen Belastungen betroffen.
Kleinere Displays für ärmere Kinder
In ärmeren Nachbarschaften seien außerdem häufiger auch Mobiltelefone für das Distanzlernen genutzt worden – mit dem Nachteil kleiner Displays. 18 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund gaben an, über nicht ausreichende technische Ausstattung verfügt zu haben. In Familien ohne Migrationshintergrund betrug diese Quote knapp 11 Prozent. Zudem waren Familien der Kinder mit Migrationshintergrund häufiger von pandemiebedingten finanziellen Einbußen betroffen.
Die Mehrheit der Grundschulkinder (75 Prozent) verbrachte während des Distanzlernens zwei bis vier Stunden täglich fürs Lernen oder Hausaufgaben. Dabei falle auf, dass der Lernumfang mit bis zu zwei Stunden täglich bei über einem Drittel der Kinder (38 Prozent) deutlich unter der normalen Schulzeit liegt, erklärten die RWI-Forscher. Zudem wurden Kinder von den durchschnittlich drei Stunden durchschnittlich 2,5 Stunden von einem Elternteil unterstützt – und arbeiteten durchschnittlich also nur eine halbe Stunde allein.
Migranten seltener im Homeoffice
Insgesamt jedoch unterschieden sich Kinder mit und ohne Migrationshintergrund oder in Nachbarschaften mit unterschiedlich hohem Einkommen kaum bei der Lerndauer und der Dauer der Unterstützung durch die Eltern. Im Detail ließen sich jedoch durchaus Unterschiede erkennen: So fühlten sich viele der befragten Eltern (62 Prozent) durch das Distanzlernen immer oder sehr häufig gestresst. Dies sei besonders dann aufgetreten, wenn Mütter mehr als 25 Wochenstunden arbeiten und seltener im Homeoffice sind. Das war bei Eltern mit Migrationserfahrung deutlich häufiger der Fall als bei anderen Eltern.
Auch wenn sich der Mehrheit der Eltern von den Schulen gut unterstützt fühlten, bleibe die Negativbilanz von geringerem Unterrichtsumfang, Lernrückständen beziehungsweise ausgebliebenen Klassenarbeiten, lautet eine Bilanz des RWI. Die Lernkontrollen fielen für Kinder mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund etwas häufiger schlechter als erwartet aus. Allerdings fanden in etwa elf Prozent der Fälle keine Tests in Deutsch oder Mathematik statt. Das war vor allem in den ersten beiden Jahrgangsstufen der Fall. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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