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Save the Children

EU-Staaten müssen Kinder aus Lagern in Syrien aufnehmen

Menschenrechtsorganisationen appellieren an die Europäische Union, Kinder aus syrischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Dort lebten 40.000 Kinder unter katastrophalen Bedingungen, dutzende seien im laufenden Jahr gestorben. Auch Prominente wenden sich gegen die EU-Asylpolitik.

Freitag, 24.09.2021, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.09.2021, 14:17 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Hilfsorganisation Save the Children hat die Zustände in den syrischen Flüchtlingslagern Al Hol und Roj angeprangert. Gewalt und Epidemien seien in den Camps ein tägliches Risiko, erklärte die Kinderrechtsorganisation am Donnerstag anlässlich der Veröffentlichung eines Berichts in Berlin. Viele Kinder fürchteten um ihr Leben. Westlichen Staaten warf die Organisation vor, zu wenige minderjährige Staatsangehörige aus den Lagern zurückzuholen. „Unschuldige Kinder werden von ihren Regierungen einfach im Stich gelassen“, sagte die Syrien-Direktorin von Save the Children, Sonia Kush. Eine Initiative von 80 Prominenten wendet sich ebenfalls gegen die EU-Asylpolitik.

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In den beiden Flüchtlingslagern im Nordosten Syriens leben nach UN-Angaben mehr als 60.000 Menschen, darunter auch ehemalige Anhänger der Terrormiliz „IS“ aus westlichen Staaten. Insgesamt wachsen Save the Children zufolge 40.000 Kinder aus mehr als 60 verschiedenen Ländern unter katastrophalen Bedingungen in den beiden Lagern auf. In Al Hol seien in diesem Jahr bisher 62 Jungen und Mädchen an verschiedenen Ursachen gestorben. Die Gesundheit der Kinder sei durch vermeidbare Krankheiten sowie eine schlechte Wasser- und Sanitärversorgung gefährdet.

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Die EU-Mitgliedstaaten, das Vereinigte Königreich, Kanada und Australien hätten noch nicht genug für die Rückholung von Kindern getan, kritisierte die Kinderrechtsorganisation. So habe Frankreich von mindestens 320 Kindern mit französischer Staatsbürgerschaft erst 35 aus dem Lager evakuiert, Großbritannien habe erst vier der etwa 60 britischen Heranwachsenden zurückgeholt. Insgesamt seien seit dem Jahr 2017 etwa 1.163 Kinder in ihre Heimat zurückgebracht worden. Zuletzt hätten die Rückführungen aber stagniert.

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Prominente wenden sich gegen EU-Asylpolitik

Auch Prominente aus Kunst, Wissenschaft und Politik kritisieren in einer „Kölner Erklärung für eine Politik der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit“ die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. „Flucht nach Europa darf nicht kriminalisiert werden“, heißt es in der Erklärung mit 80 Unterzeichnern. Initiiert wurde der offene Brief von dem Schweizer Regisseur Milo Rau zusammen mit den Organisationen #LeaveNoOneBehind, Sea-Watch, dem Europäischen Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte ECCHR, medico international und der School of Political Hope.

„In Afghanistan kann man in den letzten Wochen im Brennglas sehen, was sich seit Jahren an den europäischen Außengrenzen manifestiert: Für die deutsche Politik zählen bürokratische Prozeduren mehr als Menschenleben“, heißt es in dem offenen Brief. Jahr für Jahr verschlimmere sich die Lage an den EU-Außengrenzen. „Mit allen Mitteln werden Geflüchtete an der Ankunft in Europa gehindert: durch unterlassene Hilfeleistung und das bewusste Ertrinkenlassen, durch illegale Push-Backs, durch Folter und Gewalt“, kritisieren die Unterzeichner. „Jene, die es schaffen, europäischen Boden zu betreten, werden all ihrer Grundrechte beraubt und teilweise jahrelang in Lager gesperrt, Asylanträge werden systematisch und illegal abgelehnt.“

„Barbarei oder politischer Widerstand“

„Wenn aber Verbrechen zu Recht, wenn der Tod und menschliches Leid zu politisch kalkulierter Normalität werden, bleiben uns nur zwei Möglichkeiten: die stumme Akzeptanz der neuen Barbarei oder politischer Widerstand“, heißt es in der Erklärung weiter. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderen der Pianist Igor Levit, die Autorinnen Sibylle Berg und Elfriede Jelinek sowie der Autor Sasa Stanisic, die Schauspielerinnen Jasna Fritzi Bauer und Pegah Ferydoni, der Comedian Fatih Çevikkollu und die Aktivistin Carola Rackete.

„Wir wollen eine Politik der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit“, sagte der Regisseur Rau dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Warum muss es überhaupt lebensgefährlich sein, nach Europa zu kommen? Es geht darum, ob man weiterhin eine Politik des Todes oder eine der Menschlichkeit will – und das ist eine politische Entscheidung.“

Der offene Brief hängt den Angaben zufolge mit der Fundraising-Kampagne #klageflut zusammen. Diese habe unter anderem zum Ziel, Strategien zu entwickeln „Rechtsstaatlichkeit und gleiches Recht für alle an den EU-Außengrenzen“ wiederherzustellen, hieß es.Menschenrechtsorganisationen fordern EU-Staaten immer wieder zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung für schutzbedürftige Menschen aus Krisenregionen auf. Der Flüchtlingsschutz sei in den Mittelpunkt erklärte zuletzt ein Bündnis von 24 Organisationen in Brüssel. Dazu gehöre, dass Fluchtrouten abgesichert würden, bedrohte Menschen auch aus den benachbarten Drittstaaten legal in die EU einreisen dürften, Abschiebeverfahren ausgesetzt und Asylverfahren fair gestaltet würden. (epd/mig) Aktuell Panorama

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