Studie
Mimik entscheidet Ersteindruck von Geflüchteten mehr als Asylstatus
Einer Studie zufolge beeinflussen Attraktivität und Mimik den ersten Eindruck mehr als der Flüchtlingsstatus. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor. Eine Abwertung erfolgt allerdings bei gläubigen Muslimen, insbesondere durch Deutsche mit rechtspolitischer Haltung.
Montag, 27.09.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 26.09.2021, 15:13 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Deutsche Bürgerinnen und Bürger lehnen einer Studie zufolge Menschen mit Migrations- oder Flüchtlingshintergrund nicht per se aufgrund von negativen Stereotypen ab. Bei ersten Eindrücken von Geflüchteten beeinflussten ein freundlicher Gesichtsausdruck und Attraktivität die Beurteilung der Zugewanderten stärker als ihr Flüchtlingsstatus, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Untersuchung von Forschern des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster.
„Die Annahme, dass etwa das Lächeln einer Zielperson keinen Einfluss hat, sobald sie als Geflüchteter identifiziert wurde, hat sich nicht bestätigt“, sagte der Psychologe und Mitautor der Studie Mitja Back. Spontane Abwertungen fänden sich vor allem bei Vertreterinnen und Vertretern des politisch rechten Spektrums.
Für die Untersuchung arbeitete er mit vier Fachkollegen der Universitäten Münster und Stuttgart am Exzellenzcluster zusammen. Dabei legten sie 900 Probanden deutscher Staatsangehörigkeit gut hundert standardisierte Personenfotos von Männern aus dem Mittleren Osten mit ihren natürlichen Gesichtsausdrücken vor, deren Sympathie sie bewerten sollten. „Unsere Ergebnisse zeigen keine pauschalen Abwertungen von Geflüchteten oder von Muslimen“, sagte Back. Alle Teilnehmenden reagierten demnach positiv auf freundliche Mimik und Attraktivität, unabhängig vom Grad einer politisch rechten Haltung.
Abwertung von frommen Muslimen
„Wir konnten aber eine Abwertung feststellen, wenn die Menschen auf den Fotos zuvor als religiös ausgewiesen wurden, insbesondere als fromme Muslime“, erzählte der Forscher weiter. Doch selbst hier hätten Lächeln und Attraktivität einen größeren Effekt als die reine Gruppenzugehörigkeit gehabt.
Der Befund solle nicht alltägliche Diskriminierungserfahrungen relativieren, betonte der Wissenschaftler. Doch zeige sich, dass persönliche Kontakte das individuelle Kennenlernen und differenzierte Einschätzungen ermöglichten. Wenn ein geflüchteter Mensch im Erstkontakt etwa bei Auswahlgesprächen positiv wahrgenommen werde, verbessere dies auch seine sozialen und beruflichen Chancen, warb Back für mehr Begegnungen zwischen Deutschen und Zugewanderten.
Positiver Erstkontakt kann Chancen erhöhen
Die Forscher zielen mit ihren Studien eigenen Angaben nach auf ein besseres Verständnis von Ersteindrücken ab, weil diese gerade für Angehörige umstrittener Minderheiten wie Geflüchteten und Muslimen oft folgenreich sei: „In Auswahlgesprächen etwa in Firmen kann der erste Eindruck des Personalverantwortlichen ein wichtiger Faktor für die Entscheidung sein“, sagt Mitja Back.
„Wenn ein geflüchteter Mensch im Erstkontakt positiv wahrgenommen wird, verbessert dies auch seine sozialen und beruflichen Chancen. Die persönliche Begegnung ermöglicht das Kennenlernen und in der Folge differenziertere Urteile über andere Menschen, die sich nicht allein auf deren Gruppenzugehörigkeit beziehen.“ Zudem könne der Austausch für Unterschiede zwischen Angehörigen sowohl einer Minderheiten- als auch der Mehrheitsgruppe sensibilisieren und Alltagsdiskriminierungen entgegenwirken. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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