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Der Wegbereiter

Jesse Jackson, der Lichtblick vor Obama, wird 80

Er kämpfte an der Seite von Martin Luther King für Bürgerrechte, strebte selbst ins Weiße Haus und weinte beim Wahlsieg von Barack Obama. Jesse Jackson wird am 8. Oktober 80 Jahre alt.

Von Freitag, 08.10.2021, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 07.10.2021, 15:53 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

In den 1960er Jahren war er ein Mitstreiter von Bürgerrechtsführer Martin Luther King. 1984 und 1988 kandidierte er für das Weiße Haus. Wie kaum ein anderer hat der charismatische Mann aus einfachen Verhältnissen im rassengetrennten South Carolina US-Amerikaner, vornehmlich Schwarze, zum politischen Handeln motiviert. Ohne den Wegbereiter Jackson könnte man sich keinen schwarzen Präsidenten Barack Obama vorstellen. Am 8. Oktober wird Jackson 80 Jahre alt.

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„I am somebody“, frei übersetzt: „Ich bin ein Mensch, mein Leben zählt.“ Jesse Jackson hat diesen Satz unzählige Male wiederholt. „Ich mag Sozialhilfeempfänger sein, ich mag im Gefängnis sein, jemand ohne Schulbildung, ich bin schwarz: Ich verdiene Respekt.“ Wenn Jackson „I am somebody“ sagt, macht er nach „I am“ häufig eine kleine Pause, und die Zuhörer können enthusiastisch einstimmen beim „somebody“.

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Memphis, 4. April 1968

Mitte der 60er Jahre fand Jackson nach einem Theologiestudium seinen Weg zu Martin Luther Kings Bürgerrechtsverband „Southern Christian Leadership Conference“ (SCLC). Die Bewegung hatte das Wahlrecht erkämpft und Bürgerrechtsgesetze. Jackson leitete für die SCLC die „Operation Breadbasket“, die Boykotte einleitete gegen Unternehmen, die Schwarze diskriminierten.

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Dann kam der 4. April 1968, Memphis. Der Tag, an dem Martin Luther King erschossen wurde. „Jesse, wir gehen zu Pastor Kyles zum Abendessen“, habe King zu ihm am Nachmittag gesagt, erinnerte sich Jackson laut dem Buch „I am Somebody“ von David Masciotra. „Und du hast nicht einmal eine Krawatte an.“ Zum Essen brauche man Appetit und keine Krawatte, scherzte Jackson. Der Schuss fiel. „Er hat ihn gegen die Tür geschleudert.“ Jackson habe Kings Ehefrau Coretta Scott angerufen. Martin Luther King starb eine Stunde nach dem Todesschuss.

Ein Lichtblick

Rivalitäten machten sich breit in der schockierten und trauernden Führung der Bewegung. Jackson gründete 1971 in Chicago den Verband „People United to Save Humanity“ (Operation PUSH) gegen Diskriminierung, für Wählerregistrierung, für schwarze wirtschaftliche Initiativen – und bis zum heutigen Tag eine politische Plattform für Jackson.

In den 80er Jahren, als Jackson für das Präsidentenamt kandidierte, schien nicht wirklich denkbar, dass ein Afro-Amerikaner das höchste Amt der Nation bekleiden würde. Im linken Amerika, niedergedrückt nach acht Jahren des von vielen Amerikanern verehrten Republikaners Ronald Reagan, war Jackson jedoch ein Lichtblick. 1988 gewann Jackson bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei 29,3 Prozent der Stimmen, wesentlich mehr als bei seinem ersten Anlauf 1984. Er war 1988 damit zweiter im Kandidatenrennen, hinter Gouverneur Michael Dukakis, der später gegen Reagans Vizepräsidenten George H.W. Bush von den Republikanern deutlich verlor.

Ein weinender Mann

Was Jackson nicht erreicht hat, ist Barack Obama 20 Jahre später gelungen. Bei Obamas Siegesansprache nach dem Wahlsieg November 2008 war Jesse Jackson unter den Zehntausenden im Grant Park in Chicago. Fotos zeigen einen weinenden Mann. Er habe bei aller Freude an die gedacht, „die nicht dabei gewesen sind“, an die vielen Aktiven der schwarzen Bewegung, die beim Kampf um Bürgerrechte ihr Leben verloren hätten, sagte er später: Wäre „Dr. King nur eine Sekunde anwesend gewesen, hätte mein Herz gejubelt“.

Die Obama-Jackson-Beziehung ist komplex. Obama hat häufig betont, sein Erfolg wäre ohne die Bürgerrechtsbewegung nicht möglich gewesen. Doch Jackson sollte im Hintergrund bleiben. Er kritisierte, dass Obama bei einer Wahlkampfrede über schwarze Familienväter geklagt habe. Diese müssten gelegentlich den Fernsehapparat ausschalten und Kindern bei den Hausaufgaben helfen. Das sei herablassend, beschwerte sich Jackson.

Martin Luthers Credo

Obama feierte im August seinen 60. Geburtstag bei einer exklusiven Party mit Größen aus der Unterhaltungsindustrie. Laut Autor Masciotra befolgt Jackson an seinem Geburtstag ein Credo von Martin Luther King: Man solle sich nicht selber feiern, sondern anderen dienen.

Jesse und seine Ehefrau Jacqueline Lavinia Brown Jackson haben sich beim Studium kennengelernt. Die beiden heirateten 1962. Das Ehepaar hat fünf Kinder. 2001 wurde bekannt, dass Jesse Jackson eine Tochter hat mit einer Operation PUSH-Mitarbeiterin.  Rund zwei Wochen vor seinem 80.Geburtstag wurde Jackson aus einer Klinik in Chicago entlassen nach Behandlung und Reha wegen eines trotz Impfung positiven Covid-19-Tests und wegen seiner Parkinsons-Krankheit, mit der Jackson seit Jahren kämpft. Er danke Gott, dass er wieder selbstständig gehen und sprechen könne, sagte er einem örtlichen Fernsehsender. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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