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Pandemie-Studie

Lesefähigkeit von Schülern mit ausländischen Wurzeln stark abgenommen

Die coronabedingten Ausfälle im Schulbetrieb haben offenbar massive Auswirkungen auf die Lesekompetenz von Grundschulkindern. Nach einer Studie des Dortmunder Forschungsinstituts IFS nahm die Lesefähigkeit von Viertklässlern deutlich ab. Besonders betroffen sind Schüler mit ausländischen Wurzeln.

Donnerstag, 17.03.2022, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 30.05.2023, 10:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Lesefähigkeit von Grundschülern in Deutschland ist infolge der Corona-Pandemie deutlich zurückgegangen. Der Anteil an Viertklässlern, die gut bis sehr gut lesen können, lag im vergangenen Jahr bei 37 Prozent, wie eine am Dienstag vorgelegte Studie eines Forschungsteams am Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Technischen Universität Dortmund ergab. Das sind sieben Prozentpunkte weniger als fünf Jahre zuvor.

Besonders drastisch ist der Rückgang bei Kindern mit schlechten häuslichen Rahmenbedingungen zum Lernen. Das ist etwa der Fall, wenn das Kind über keinen Internetzugang und keinen eigenen Schreibtisch – am besten ein höhenverstellbarer Schreibtisch – verfügt. Diese Kinder verloren im Schnitt mit 27 Punkten mehr als Kinder mit guten Rahmenbedingungen (16 Punkte).

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Migranten besonders stark betroffen

„Vergleicht man schließlich die Gruppen der Grundschulkinder mit und ohne Migrationshintergrund, so hat die Lesekompetenz von Kindern mit Migrationshintergrund im Mittel tendenziell stärker unter der Pandemie gelitten“, so die Wissenschaftler. Das Ergebnis könne zwar nicht statistisch gegen den Zufall abgesichert werden, aber die Zahlen zeigten deskriptiv eine deutliche Vergrößerung des Unterschieds der mittleren Leseleistungen: „Lagen Kinder, die im Ausland geboren sind, 2016 im Mittel noch 46 Punkte hinter Kindern mit Deutschland als Geburtsland, so beträgt dieser Unterschied 2021 durchschnittlich 63 Punkte und damit rund 1,5 Lernjahre“, so die Studienautoren.

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Die Analysen des sogenannten IFS-Schulpanel basieren auf Daten von rund 2.200 Viertklässlern aus dem Jahr 2016 und fast 2.100 Viertklässlern aus dem Jahr 2021. Jungen und Mädchen aus 111 Grundschulen in Deutschland wurden dabei anhand standardisierter Lesetests überprüft. Der Rückgang des mittleren Kompetenzniveaus betrifft den Forschern zufolge alle untersuchten Schülergruppen. So sind zwar Mädchen im Lesen im Mittel weiterhin stärker als Jungen, allerdings sank das durchschnittliche Leseniveau beider Gruppen.

Rückstand von einem halben Lernjahr

Zum Zeitpunkt der Erhebung im Jahr 2021 lag hinter den Grundschülern über ein Jahr pandemiebedingter Einschränkungen im Unterricht. „Drückt man es in Lernjahren aus, fehlt den Kindern im Durchschnitt etwa ein halbes Lernjahr“, sagte Ulrich Ludewig, Co-Leiter der Studie. „Wird die Veränderung in der Zusammensetzung der Schülerschaft berücksichtigt, wird die Lücke zwar etwas kleiner, der signifikante Rückgang der mittleren Lesekompetenz bleibt jedoch.“

Nach der repräsentativen Studie wuchs der Anteil der Jungen und Mädchen, die Probleme mit dem Lesen und dem Textverständnis haben, um sechs Punkte auf 28 Prozent. „Da Lesen eine zentrale Kompetenz darstellt, hat dieses Ergebnis auch Auswirkungen auf alle anderen Schulfächer“, betonte Studienleiterin Nele McElvany.

Studie Beleg für unterfinanziertes Bildungssystem

Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, wertete die Untersuchung als Beleg für ein unterfinanziertes Bildungssystem. „Solange Kitas und Schulen durch die politisch Verantwortlichen nicht so ausgestattet werden, dass sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben auch erfüllen können, werden festgestellte Defizite trotz allen Engagements des pädagogischen Personals nicht behoben werden können“, mahnte er.

Die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer sieht sich durch die Studie in ihrer Präferenz für den Präsenzunterricht in der Schule auch in Pandemiezeiten bestätigt. „Die Studie zeigt, wie wichtig der Einsatz für den Präsenzunterricht war und nach wie vor ist“, sagte die FDP-Politikerin. „Zugleich zeigen die Ergebnisse deutlich, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen bei der Aufarbeitung pandemiebedingter Lernrückstände umfassend unterstützen müssen.“ Deshalb habe das Land das Aktionsprogramm „Ankommen und Aufholen“ und die dafür zur Verfügung stehenden Bundesmittel auf insgesamt 430 Millionen Euro verdoppelt. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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