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„Keine stabile Situation hier“

Entwicklungsarbeit mit Fallstricken: Schulze besucht den Libanon

Im Libanon trifft eine dramatische Verarmung der Bevölkerung auf eine korrupte politische Klasse. Entwicklungsministerin Schulze schaut sich hier Projekte an, die trotzdem sicherstellen wollen, dass Hilfen auch bei den Menschen ankommen.

Von Montag, 25.04.2022, 21:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 25.04.2022, 16:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Im Libanon verarmt die Bevölkerung derzeit so schnell wie sonst nur in Kriegsländern. Mehr als eine Million Flüchtlinge aus Syrien leben hier, gleichzeitig gibt es viele Nichtregierungsorganisationen und eine Zivilgesellschaft, die mit Hingabe und Kreativität versucht, die Menschen zu versorgen und das Land voranzubringen. Deshalb könnte Entwicklungsarbeit in dem Land am Mittelmeer eigentlich eine Erfolgsgeschichte sein.

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Doch es gibt viele Fallstricke: eine korrupte Verwaltung, die seit Jahrzehnten Gelder durch dunkle Kanäle versickern lässt und selbst einfache Aufgaben wie die Müllentsorgung nicht hinbekommt, eine politische Klasse mit Gruppen, die sich gegenseitig blockieren, sowie instabile und schnell wechselnde Regierungen – oftmals wie aktuell mit Beteiligung der Hisbollah, die in Deutschland als Terrororganisation verboten ist.

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Schulze: „keine stabile Situation hier“

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat sich das Fünf-Millionen-Einwohnerland für einen Besuch ausgesucht, um zu sehen, ob und wie der Kampf gegen Hunger trotz widriger Umstände gelingen könnte. „Es ist keine stabile Situation hier“, sagt sie. Es sei nicht einfach, politische Reformen im Libanon voranzubringen. „Aber das muss sein. Wir können nicht dauerhaft hier helfen.“ Die libanesische Regierung sieht sie in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass mehr Lebensmittel angepflanzt werden, damit die Bevölkerung sich selbst versorgen kann. In etwa drei Wochen sind Parlamentswahlen und Schulze hofft, dass sich dann etwas tut.

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Anlass ihres Besuchs ist der Ukraine-Krieg. Schulze reist nach ihrem Besuch nach Äthiopien, um Gespräche mit der Afrikanischen Union in Addis Abeba zu führen. Die Ukraine wird gerne als Kornkammer bezeichnet. Doch wegen der Kämpfe dürfte die Ernte in diesem Jahr deutlich schrumpfen. Außerdem blockiert Russland die Häfen am Schwarzen Meer, weshalb Getreide in den Silos zu verrotten droht.

Libanon abhängig von Importen

Der Libanon ist wiederum – wie viele andere arabische und afrikanische Länder – hochgradig abhängig ist von Importen aus der Ukraine. So kommt es, dass neben der Wirtschafts- und Finanzkrise, der Corona-Krise und dem Absturzes vieler Menschen in die Hilfsbedürftigkeit nach der verheerenden Explosion am Hafen von Beirut 2020 nun auch noch eine Hungersnot droht.

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen ist eine der vielen Organisationen, die versucht, die Menschen bestmöglich durch die Vielzahl an Krisen zu bringen. Eigentlich wurde das libanesische Programm gestartet, um syrischen Flüchtlingen zu helfen. Doch inzwischen sind auch derart viele libanesische Familien verarmt, dass auch sie Hilfe brauchen. Nach Angaben der Organisation waren 2021 rund 2,1 Millionen Libanesinnen und Libanesen sowie 1,3 Millionen Flüchtlinge aus Syrien auf Unterstützung angewiesen.

Schulze stellt 10 Mrd. Euro in Aussicht

Schulze stellte dem Welternährungsprogramm im Libanon bei ihrem Besuch zehn Millionen Euro in Aussicht, weil auch hier steigende Lebensmittel- und Energiepreise dazu führen, dass das gleiche Engagement mehr kostet. Deshalb muss die UN-Organisation bereits Lebensmittelrationen in Syrien und im Jemen kürzen.

Landesdirektor Abdallah Alwardat erläutert das System, mit dem er im Libanon arbeitet: Bedürftige bekommen Checkkarten, mit denen sie Geld für Miete und Lebensmittel abheben können, aber auch in bestimmten Läden einkaufen können. Damit sichergestellt wird, dass auch nur die Bedürftigen diese Karten bekommen, wird ihre Identität alle drei Monate per Iris-Scan überprüft.

116 Euro im Monat

Alwardat sagt, eine fünfköpfige Familie bekomme monatlich umgerechnet rund 116 Euro zur Verfügung gestellt. „Das ist etwa so viel, wie ein Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes verdient“, betont er. Denn im Libanon sind die Gehälter staatlich Beschäftigter trotz massiver Inflation nicht gestiegen. Zur politischen Situation sagte Alwardat nur: „Ich bin hier seit vier Jahren und habe vier Regierungen gesehen.“

Dass Leben und Arbeiten im Libanon extrem kompliziert ist, hat Ministerin Schulze während ihres Besuchsprogramms erfahren. So musste das Treffen mit einer von Armut betroffenen libanesischen Familie aus Sicherheitsgründen an einen anderen Ort verlegt werden – der Wohnsitz der Familie liegt in einem von der Hisbollah kontrollierten Gebiet. (epd/mig) Aktuell Ausland

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