Samos
Wegen Tod seines Sohnes angeklagter Flüchtling freigesprochen
Weil sein Sohn auf der Flucht nach Europa ertrunken ist, musste sich ein 25-jähriger Afghane in Griechenland vor Gericht verantworten. Nun wurde er freigesprochen.
Mittwoch, 18.05.2022, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 18.05.2022, 16:59 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ein wegen seines auf der Flucht ertrunkenen Sohnes in Griechenland angeklagter Afghane ist laut Menschenrechtlern freigesprochen worden. Der mit ihm vor Gericht stehende Afghane Hasan wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung verurteilt, wie die Menschenrechtsorganisation borderline-europe am Mittwoch auf Twitter mitteilte. Dem 25-jährigen N. wurde vorgeworfen, das Lebens seines Kindes gefährdet zu haben, indem er den Sechsjährigen in ein Boot nach Europa setzte.
Das Boot mit N. und Hasan an Bord war im November 2020 vor der griechischen Insel Samos gekentert. Das Kind war bei dem Unglück gestorben. Vor dem Prozess hatten Menschenrechtler gegen das Verfahren protestiert. N. sei der erste Asylsuchende, der in Europa für den Tod seines Kindes angeklagt worden sei. „Dabei war alles, was er wollte, sein Kind in Sicherheit zu bringen.“ Borderline-europe zeigte sich über den Ausgang des Gerichtsverfahrens erleichtert.
Tod „unmittelbares Ergebnis EU-Abschottungspolitik“
Der zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Hasan musste sich vor Gericht verantworten, weil er bei der Überfahrt das Steuer des Flüchtlingsbootes übernommen hatte. Die Menschenschmuggler seien zuvor kurz nach dem Ablegen von Bord gegangen und hätten das Boot und seine Insassen ihrem Schicksal überlassen, erklärte borderline-europe. Hasan drohten demnach eine lebenslange Haftstrafe für den Tod des Kindes und weitere zehn Jahre Haft für jede der insgesamt 23 beförderten Personen.
In einer Online-Petition hatten Dutzende Organisationen aus ganz Europa gefordert, die Vorwürfe gegen die beiden Männer, die „Samos2“, fallenzulassen. „Der Schiffbruch vom 7. November 2020 und der Tod von N.s Sohn waren weder die Schuld von N. und Hasan, noch war es eine unglückliche Tragödie“, heißt es in der Petition. „Sie sind das unmittelbare Ergebnis der zunehmenden Abschottungspolitik der EU, die den Menschen keine andere Wahl lässt, als ihr Leben und das ihrer Familien auf immer lebensgefährlicheren Reisen zu riskieren.“ (epd/mig) Aktuell Panorama
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