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Asylgrenzverfahren

EU-Staaten einigen sich nach langem Streit auf Teil der Asylreform

Nach jahrelangem Ringen um eine neue gemeinsame Asylpolitik haben sich Vertreter der EU-Staaten jetzt geeinigt: auf verschärfte Asylregeln an den EU-Grenzen. Scharfe Kritik ernten die Pläne von Pro Asyl. Die Menschenrechtsorganisation befürchtet Haftzeiten von bis zu zwei Jahren.

Mittwoch, 22.06.2022, 21:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.06.2022, 5:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Beim Ringen um eine gemeinsame europäische Asylpolitik haben sich die EU-Staaten auf verschärfte Regeln an den europäischen Außengrenzen und eine Reform der Datenbank zur Abnahme von Fingerabdrücken und Erfassung biometrischer Daten geeinigt. Die entsprechenden Beschlüsse fassten die ständigen Vertreter der 27 Länder in Brüssel am Mittwoch. Eine Einigung erzielten Deutschland und 20 weitere europäische Länder auch beim Mechanismus zur Unterstützung der Mittelmeerländer im Umgang mit Asylsuchenden, auch wenn nicht alle Geflüchtete aufnehmen wollen. Pro Asyl kritisierte Teile des Vorhabens scharf.

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Die EU-Mitgliedsstaaten streiten seit Jahren über eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik. Umstritten ist insbesondere die Frage nach der Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU. Staaten wie Ungarn, Polen und Österreich lehnen einen festen Verteilmechanismus ab. Nach der bisher geltenden Dublin-Verordnung ist das Land für den Asylantrag zuständig, das der Schutzsuchende zuerst betreten hat. Diese Regelung führt dazu, dass südliche Länder wie Italien, Malta und Spanien und Griechenland, wo viele Menschen ankommen, besonders belastet werden.

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Solidaritätsmechanismus freiwillig

Auch der jetzt beschlossene Solidaritätsmechanismus ist freiwillig. Den Staaten steht es frei, die Mittelmeerländer durch Abnahme von Schutzsuchenden oder ihnen beispielsweise mit Geld- oder Sachzuwendungen zu helfen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte vor knapp zwei Wochen beim EU-Innenministertreffen geschätzt, dass Deutschland und etwa elf weitere Länder Flüchtlinge aufnehmen würden. Die restlichen wollen die Mittelmeerländer anderweitig unterstützen.

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Vor diesem Hintergrund wird die Einigung als der erste greifbare Fortschritt in der EU-Asylpolitik seit langem gefeiert. Doch es gibt scharfe Kritik. Beim Screening-Verfahren etwa sollen alle Schutzsuchenden nach Aufgriff an der Grenze eines europäischen Mitgliedstaates bis zu zehn Tage festgesetzt werden und für diesen Zeitraum als „nicht eingereist“ gelten. In dieser Zeit sollen die Identität geprüft sowie Sicherheits- und Gesundheitschecks vorgenommen werden.

Pro Asyl kritisiert Asylgrenzverfahren

Auf Basis der gewonnenen Informationen soll entschieden werden, welches Verfahren sich dem anschließt: Das normale Asylverfahren oder das Asylgrenzverfahren. Letzteres soll für bestimmte Fälle verpflichtend werden, beispielsweise dann, wenn die Anerkennungsquote eines Herkunftslandes unter 20 Prozent liegt. Den Mitgliedstaaten ist zudem freigestellt, das Verfahren darüber hinausgehend auf andere Asylsuchenden anzuwenden.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert, das Asylgrenzverfahren könnte „bis zu 12 Wochen dauern, woran sich bei einer Ablehnungsentscheidung ein neues Abschiebungsgrenzverfahren anschließen würde, was ebenfalls 12 Wochen dauern“ könne. Während dieser gesamten Zeit gelten die Festgesetzten als „nicht eingereist“.

Bis zu zwei Jahre Freiheitsentziehung

Diese Fiktion der ‚Nicht-Einreise‘ werde sich nur mit Haft durchsetzen lassen, kritisiert Pro Asyl weiter: „Damit wären die Betroffenen für über 24 Wochen in großen Lagern an den Außengrenzen der EU festgesetzt und isoliert. Ihre notwendige rechtliche und soziale Unterstützung kann so nicht gewährleistet werden. Und als ob das noch nicht genug wäre, kann sich daran direkt noch die erweiterte Abschiebungshaft von bis zu 18 Monaten anschließen“. Im Extremfall drohten also zwei Jahre Freiheitsentziehung.

Hinzu kommt: Während einer „Krise“ können EU-Mitgliedsstaaten die Asylgrenzverfahren erheblich ausweiten, sodass sie für alle Schutzsuchenden gelten. Während einer Pandemie etwa können die EU-Mitgliedsstaaten von den Standards abweichen. (epd/mig) Leitartikel Politik

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