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Untersuchungsausschuss gefordert

Streit über Antisemitismus auf der documenta eskaliert

Der seit Jahresanfang währende Streit um Antisemitismus auf der „documenta fifteen“ eskaliert weiter. Die Kuratoren weisen Kritik als eurozentrisch und deutschzentrisch zurück. Die Jüdische Gemeinde Kassel ist empört.

Dienstag, 13.09.2022, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.09.2022, 16:25 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Jüdische Gemeinde Kassel und das Kasseler Sara-Nussbaum-Zentrum für Jüdisches Leben haben sich entsetzt über die Entscheidung der documenta-Kuratorengruppe geäußert, als antisemitisch bezeichnete Filme weiter auf der Kunstausstellung zu zeigen. „Wir beschuldigen Euch, ruangrupa und das artistic team, Antisemitismus zuzulassen und nachhaltig zu befördern“, heißt es in der am Dienstag verbreiteten Stellungnahme. Die Reaktion auf die Kritik des Expertengremiums an Propagandafilmen der Terrorgruppe Japanische Rote Armee sei „skandalös und aufschlussreich zugleich“.

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Dass den Fachleuten eine „rassistische Tendenz“ vorgeworfen werde und von einer „bösartigen Struktur der Zensur“ dahergeredet werde, sei grotesk und ungeheuerlich, heißt es in der Stellungnahme. Die Jüdische Gemeinde forderte die Gesellschafter der documenta, die Stadt Kassel und das Land Hessen, dazu auf, einen Untersuchungsausschuss einzurichten: „Es kann nicht sein, dass die Verantwortlichen in der Stadt-, Landes- und Bundespolitik dieser antisemitischen Agitation weiter tatenlos zusehen und keine Konsequenzen gezogen werden.“

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Die Gesellschafter der documenta stellten sich am Dienstag hinter das Votum des Expertengremiums zur Absetzung der als antisemitisch bezeichneten Filme. Die aktuelle Kommentierung der Filme sei nicht geeignet, „da sie die teils antisemitische und terroristische Gewalt verherrlichenden Propagandafilme gerade nicht historisch einordnet“. Praktische Konsequenzen hat diese Stellungnahme zunächst keine. Die Geschäftsleitung der documenta hatte am Montag betont, dass eine Entscheidung über die Kunstwerke allein der künstlerischen Leitung obliege.

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Kuratorenteam weist „eurozentrische Superiorität“ zurück

Das Kuratorenteam „ruangrupa“ hingegen hatte die Aufforderung der Experten, die als antisemitisch bezeichneten Filme abzusetzen, als „bösartigen Versuch einer Zensur“ kategorisch abgelehnt und dem Gremium eine rassistische Tendenz vorgeworfen.

Ebenfalls sprechen die Kuratoren dem Bericht eine wissenschaftliche und argumentative Integrität ab. Sie seien seit Monaten einer Schmierenkampagne und Erniedrigungen in den Medien und auf den Straßen ausgesetzt. Die deutsche Gesellschaft müsse sich mit antipalästinensischem und anderem Rassismus auseinandersetzen. „Wir weisen eine eurozentrische und deutschzentrische Superiorität zurück“, erklärte „ruangrupa“.

Diesjährige documenta überschattet von Antisemitismus-Vorwürfen

Das Expertengremium unter der Leitung der Frankfurter Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff hatte gefordert, die Vorführung pro-palästinensischer Propagandafilme aus den 1960er bis 1980er Jahren unter dem Namen „Tokyo Reels Film Festival“ sofort zu stoppen. Antisemitische Filmstücke würden mit Künstlerkommentaren versehen, die „den Israelhass und die Glorifizierung von Terrorismus“ legitimierten. Die einseitig negative Darstellung Israels, dessen Politik mit dem nationalsozialistischen Deutschland gleichgesetzt werde, schlage „mehrfach in offenen Antisemitismus“ um.

Die diesjährige documenta wird seit der Vorbereitungsphase von Antisemitismus-Vorwürfen überschattet. Kurz nach Eröffnung der Ausstellung Mitte Juni wurde das Banner „People’s Justice“ des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi wegen antisemitischer Motive abgehängt. Später wurden Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly mit antisemitischer Bildsprache bekannt. Die Generaldirektorin der Kunstschau, Sabine Schormann, wurde abberufen und der Expertenrat eingesetzt. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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