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Schlechtes Zeugnis für Deutschland

Klima-Expertenrat: Zu wenig, zu langsam, zu spät und inkonsequent

Der Klima-Expertenrat stellt Deutschland ein bitteres Zeugnis aus. Die eigenen gesetzlichen Vorgaben werden danach nicht eingehalten - und wenn es so weitergeht, sind weder die selbstgesetzten noch die internationalen Klimaziele zu erreichen.

Sonntag, 06.11.2022, 21:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 06.11.2022, 13:04 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Anlässlich des Beginns der UN-Klimakonferenz in Ägypten kommt der Expertenrat für Klimafragen zu dem Ergebnis, dass Deutschland seine Klimaziele für 2030 mit einem „Weiter so“ nicht erreichen kann. Das von der Bundesregierung berufene, aber unabhängig arbeitende Gremium legte am Freitag in Berlin sein erstes Gutachten über die Entwicklung der Treibhausgasemissionen und die Wirksamkeit der Klimapolitik vor. Künftig wird der Expertenrat (ERK) alle zwei Jahre Bilanz ziehen.

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Klimaverbände kritisierten, die Ampel-Regierung versage beim Klimaschutz. Demgegenüber erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner, Klimaschutz sei das zentrale Anliegen der Regierung. „Wir wollen effektive Klimaschutzpolitik als gesamte Bundesregierung umsetzen.“ Dies mache man durch „Entschlossenheit zum Handeln“ deutlich.

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Dem Expertenrat zufolge sind die Treibhausgasemissionen von 2000 bis 2021 zwar um rund 27 Prozent gesunken. Verliefe die Entwicklung aber weiter wie bisher, sänken die Emissionen viel zu langsam, um das Ziel einer Minderung um 65 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 zu erreichen, wie es das Bundes-Klimaschutzgesetz vorschreibt. Auch das Ausbautempo bei Solar- und Windenergieanlagen sowie von Wärmepumpen oder die Verbreitung von E-Autos reiche nicht, so die Experten, um die Klimaziele auf technischem Weg zu erreichen. Zudem werde deutlich, dass im gleichen Maße der Abbau der fossilen Infrastruktur, beispielsweise von Öl- und Gasheizungen oder die Stilllegung von Verbrenner-Autos notwendig wäre, um die Klimaziele zu erreichen.

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Sofortprogramm „völlig unzureichend“

Der ERK-Vorsitzende Hans-Martin Henning bilanzierte, die Minderung der Emissionen müsse gegenüber den vergangenen Jahren mindestens verdoppelt werden. In einzelnen Bereichen sei noch viel mehr zu tun: Im Verkehrssektor müsse die Reduktion der Treibhausgase pro Jahr 14 Mal so hoch ausfallen wie bisher, um die gesetzlich vorgegebenen Schritte einzuhalten. Zuletzt hatte der ERK das Sofortprogramm von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) dazu als völlig unzureichend zurückgewiesen.

Die Hälfte der Minderung von Treibhausgasen zwischen 2000 und 2021 erfolgte dem Gutachten zufolge im Energiesektor. Die Reduktion verläuft in den meisten Bereichen aber nicht stetig. So sanken die Emissionen beispielsweise im Verkehrssektor nur zwischen 2000 und 2010. Vor dem Ausbruch der Corona-Epidemie waren sie sogar wieder angestiegen. Eines der zentralen Probleme sieht der Expertenrat darin, dass die Effekte emissionsmindernder Technik durch Wohlstandszuwachs und Wirtschaftswachstum wieder aufgefressen werden. So machten größere Wohnungen, immer mehr Autos und Verkehr die Effizienzgewinne beim Energieverbrauch durch neue Heizungen, Dämmung oder E-Autos zunichte.

„Beleg für Komplettversagen“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht in dem Gutachten einen „eindrucksvollen Beleg für das Komplettversagen der Ampel-Regierung im Klimaschutz“, erklärte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die rot-grün-gelbe Regierung halte nicht einmal das Gesetz der Vorgängerregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ein, geschweige denn, dass sie ihren Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels erbringe. Die Klima-Allianz Deutschland erklärte, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werde den anderen Ländern bei der am Sonntag in Ägypten beginnenden 27. UN-Klimakonferenz erklären müssen, warum sein Land nicht entschiedener gegen die Klimakrise vorgehe.

Der unabhängige Expertenrat für Klimafragen, dem fünf Sachverständige angehören, prüft jährlich, ob die Reduktionsziele des Bundes erreicht wurden. Er wurde im Rahmen des Bundes-Klimaschutzgesetzes berufen und legt seine Berichte der Regierung und dem Bundestag vor. Die Prüfungen auf Basis von Daten des Bundesumweltamts umfassen sieben Sektoren, darunter Energiewirtschaft, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Industrie. Der Klimawandel und seine Folgen rauben weltweit immer mehr Menschen ihren Lebensraum und zählen inzwischen mit zu den größten Fluchtursachen. (epd/mig) Aktuell Politik

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