Punktesystem
Kabinett beschließt Gesetzes-Fahrplan zur Fachkräfteeinwanderung
Einfacher und schneller sollen Fachkräfte aus aller Welt nach Deutschland kommen können, um hier zu arbeiten. Angesichts hunderttausender unbesetzter Stellen will die Regierung Vorschriften vereinfachen und ein Punktesystem einführen.
Mittwoch, 30.11.2022, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 30.11.2022, 15:08 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Bundesregierung will mit einfacheren Regeln und neuen Angeboten mehr Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin Eckpunkte für ein Gesetz, das es für Menschen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union (EU) attraktiver machen soll, in Deutschland zu arbeiten. Dazu zählt auch ein Punktesystem. Die Wirtschaft begrüßte das Vorhaben.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte nach dem Kabinettsbeschluss: „Fachkräftesicherung ist Wohlstandssicherung.“ Überall würden mehr Arbeitskräfte gebraucht, im Handwerk, in der Kinderbetreuung, der Pflege, in der öffentlichen Verwaltung oder in der Gastronomie. Deshalb reichten die Anstrengungen zur Fachkräftesicherung im Inland allein nicht aus: „Wir müssen Einwanderung wollen.“
Punkte für Qualifikation, Erfahrung, Sprache
Es sei eine gemeinsame Ausgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass Deutschland nicht abschreckend, sondern einladend sei für „helfende Hände und kluge Köpfe“, sagte Heil. Der SPD-Politiker plant nach eigenem Bekunden, den Gesetzentwurf Anfang kommenden Jahres in den Bundestag einzubringen.
Zu den neuen Regeln gehört, dass Menschen künftig mit einer „Chancenkarte“ zunächst für ein Jahr nach Deutschland kommen können, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. Punkte gibt es für die Qualifikation, berufliche Erfahrung, Sprachkenntnisse oder einen persönlichen Bezug zu Deutschland sowie das Alter. Neu ist beispielsweise auch, dass Berufserfahrung mehr Gewicht erhält. Ausländische Fachkräfte sollen auch dann eine Stelle annehmen können, wenn ihr Berufsabschluss in Deutschland nicht anerkannt ist, sie aber über eine mindestens zweijährige Berufserfahrung verfügen. Es ist dann möglich, die Anerkennung in Deutschland nachzuholen.
Habeck: Gesetz überfällig
Zuwanderer mit einem anerkannten Abschluss können künftig nicht nur in ihrem erlernten Beruf arbeiten, sondern auch eine andere Tätigkeit aufnehmen. Damit kommt die Regierung Wünschen der Wirtschaft entgegen. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger erklärte, die Politik stelle die richtigen Weichen dafür, die Einwanderung in den Arbeitsmarkt einfacher zu machen. Es könnten bis zu sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen, wenn nicht gegengesteuert werde.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, das geplante Gesetz sei überfällig. In der IT-Branche beispielsweise fehlten 100.000 Fachleute, in der Solar- und Windenergiebranche gebe es 200.000 offene Stellen. Die Ampel-Koalition werde die Schwellen für Zuwanderung senken und darauf achten, dass die Verfahren „schnell und pragmatisch“ umgesetzt würden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, Deutschland werde das modernste Gesetz in Europa zur Fachkräfteeinwanderung haben. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) betonte, man werde auch die Zuwanderung für Studierende und Auszubildende erleichtern.
Bisherige Regeln scheitern an Corona
Heil hatte die Eckpunkte im Oktober zur Abstimmung mit den anderen Ministerien vorgelegt. Die Regelungen für Fachkräfte sind Teil eines Gesetzespakets zur Migration, mit dem die Ampel-Koalition das Einwanderungs-, Aufenthalts- und Einbürgerungsrecht modernisieren will. Kontrovers wird derzeit innerhalb der Ampel über die Erleichterung von Einbürgerungen debattiert.
Die bisherigen Regeln zur Arbeitskräftegewinnung im Ausland stammen aus dem März 2020, als das Fachkräfteeinwanderungsgesetz der damaligen großen Koalition in Kraft trat. Bewähren konnte es sich wegen der Corona-Pandemie zunächst nicht. (epd/mig) Leitartikel Politik
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