Große Portion Eigennutz
Deutschland will klimafreundliche afrikanische Wirtschaft fördern
Entwicklungsministerin Schulze stellt ihre Afrika-Strategie vor: Klima- und umweltfreundlicher Umbau der Wirtschaft in Afrika. Dabei werden auch deutsche Wirtschaftsinteressen verfolgt. Hilfswerke kritisieren: Aufbau nicht auf Versorgung Afrikas ausgerichtet.
Dienstag, 24.01.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 25.01.2023, 6:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Deutschland setzt in der Entwicklungspolitik auf den klima- und umweltfreundlichen Umbau der Wirtschaft in Afrika. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung ihrer neuen Afrika-Strategie, die Entwicklung des Kontinents werde das 21. Jahrhundert prägen. „Wir sprechen in Afrika über die größte Jugendgeneration aller Zeiten.“
Das Ministerium geht davon aus, dass bis 2050 etwa zweieinhalb Milliarden Menschen in Afrika leben könnten, ein Viertel der Weltbevölkerung. Aktuell seien es 1,4 Milliarden. Deshalb müssten jährlich 25 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Jobs machten den Unterschied zwischen Perspektivlosigkeit, Frust und Instabilität einerseits und Entwicklung, Innovation und Bewältigung von Krisen andererseits, betonte Schulze. Aktuell arbeite Deutschland mit 33 afrikanischen Ländern zusammen.
„Gerechter Wandel“
Die Strategie wurde im Beisein der Afrika-Regionaldirektorin des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), Ahunna Eziakonwa, vorgestellt. Per Videoschalte nahm aus der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba auch die Jugendbotschafterin der Afrikanischen Union, Chido Mpemba, teil.
Stärker im Fokus soll künftig das „Just Transition“-Konzept (deutsch: Gerechter Wandel) stehen: Westliche Industriestaaten gehen hierbei Partnerschaften mit ausgewählten Entwicklungs- und Schwellenländern ein, um ihnen auf dem Weg zur Klimaneutralität zu helfen. Dabei sollen auch angemessen bezahlte Jobs entstehen und ein System zur sozialen Sicherung. Von den Maßnahmen sollen insbesondere Frauen profitieren.
Erste Partnerschaften laufen bereits in Afrika
Deutschland hat bereits eine Klima- und Entwicklungspartnerschaft mit Kenia. In dem ostafrikanischen Land soll die Aufforstung vorangebracht und der Stromsektor weiter umgebaut werden. Der Anteil erneuerbarer Energien soll von derzeit 90 Prozent auf 100 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erhöht werden. Die Bundesregierung hofft, dass Kenia eine Vorbildfunktion in Afrika einnimmt.
Gemeinsam mit der EU, Frankreich, Großbritannien und den USA hat Deutschland außerdem eine Partnerschaft mit Südafrika zum Ausbau erneuerbarer Energien vereinbart. Südafrika ist stark von der Kohle abhängig. Mit Südafrika, Marokko, Tunesien und Algerien wird der Aufbau von Pilot- und Referenzanlagen für Grünen Wasserstoff unterstützt.
Entwicklungshilfe nicht uneigennützig
Uneigennützig sind die Entwicklungsprojekte nicht. Nur jeder zweite Mensch in Afrika habe Zugang zu Strom, heißt es in der Afrika-Strategie. „Würde Afrika dem fossilen Entwicklungspfad der Industrieländer folgen, wären die ökologischen Folgen dramatisch, für Afrika und für den Rest der Welt.“
Der Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, kritisierte hingegen, es sei zu befürchten, dass „der Aufbau solcher alternativer Energieerzeuger in Afrika zu stark auf Export ausgerichtet ist, nicht auf die Versorgung Afrikas“. Das sei gravierend, weil etwa die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung keinen Zugang zu Strom habe. Spiegel kritisierte zudem, dass bei der Hungerbekämpfung Aussagen fehlten, mit denen Deutschland und die EU in die Verantwortung genommen würden.
Schulze: Selbstverständlich werden auch deutsche Wirtschaftsinteressen verfolgt
Schulze ergänzte, selbstverständlich würden auch deutsche Wirtschaftsinteressen verfolgt. So benötige Deutschland etwa Kobalt aus Afrika für die Energiewende. Der „Mehrwert“ einer Kooperation sei, dass sich die Bundesrepublik für faire Löhne und besseren Umweltschutz beim Kobalt-Abbau einsetze.
Die Ministerin spricht sich zudem für eine „vertiefte Reflexion der Folgen“ der Kolonialzeit aus als Grundlage für einen ehrlichen Dialog. Bevormundung will sie vermeiden. UNDP-Regionaldirektorin Eziakonwa begrüßte, dass gegenseitiger Respekt im Mittelpunkt der Strategie stehe. Die Zeiten seien vorbei, in denen Afrikanern vorgeschrieben werde, mit wem sie Geschäfte zu machen hätten, sagte sie. Jugendbotschafterin Chido Mpemba fügte hinzu, wenn junge Menschen in Afrika sich zu Wort meldeten, solle zugehört werden. Dann müssten Taten folgen. (epd/mig) Aktuell Wirtschaft
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