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Baerbock

Erdbeben-Opfer sollen Drei-Monats-Visa bekommen

Die Hilfsbereitschaft nach den schweren Erdbeben in der Türkei ist auch in Deutschland groß. Landsleute wollen Verwandten helfen, stoßen aber auf Hürden. Die Bundesregierung kündigt Visa-Erleichterungen an. Derweil: NRW prüft Abschiebestopp; Anwaltsverein fordert Notfallbetreuung in Ausländerbehörden; Muslime beten für Opfer.

Sonntag, 12.02.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.02.2023, 12:37 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Nach der verheerenden Erdbebenkatastrophe plant die Bundesregierung Visa-Erleichterungen für Menschen aus Syrien und der Türkei. Familien in Deutschland solle es ermöglicht werden, Angehörige, die vom Erdbeben betroffen sind, vorübergehend bei sich aufzunehmen, wenn sie kein Dach mehr über dem Kopf haben oder medizinische Behandlung brauchen, schrieb Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Samstagabend bei Twitter.

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Das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium hätten eine Task Force gebildet. Ziel sei es, Visaverfahren für Betroffene so unbürokratisch wie möglich zu machen. „Wir haben in der Türkei Personal an Auslandsvertretungen verstärkt und Kapazitäten umgeschichtet“, erklärte Baerbock. Details wurden nicht bekannt gegeben. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts hatte am Freitag in Berlin gesagt, dass Visa-Erleichterungen eine „komplexe Angelegenheit“ seien. Zahlreiche Bundes- und Landtagsabgeordnete hatten sich mit der Bitte an die Außen- und Innenministerin gewandt, die Einreise von Betroffenen zu ihren Verwandten in Deutschland zu ermöglichen.

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NRW prüft Abschiebestopp in die Türkei

Derweil prüft die nordrhein-westfälische Landesregierung offenbar einen vorübergehenden Abschiebestopp. „Wir stehen derzeit im Austausch mit dem Bund und prüfen, ob Rückführungen in die Türkei aufgrund der aktuellen Naturkatastrophe weiterhin möglich sind“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums für Flucht und Integration der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Abschiebungen nach Syrien hätten zuletzt wegen der politischen Lage im Land ohnehin nicht stattgefunden. In die Türkei seien hingegen im Jahr 2022 noch 80 Personen aus NRW zurückgeführt worden.

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Zwei schwere Erdbeben in der Grenzregion Syriens und der Türkei hatten am Montag eine humanitäre Katastrophe ausgelöst. Viele Tausende Menschen kamen ums Leben oder wurden verletzt. Insgesamt sind mehrere Millionen Menschen in der Region betroffen.

Steinmeier: „Wir sehen euer Leid, wir hören euer Klagen“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sich am Donnerstag an Menschen in Deutschland mit Freunden oder Angehörigen in den Katastrophengebieten gewandt. „Wir sehen euer Leid, wir hören euer Klagen. Euer Schmerz ist unser Schmerz“, sagte Steinmeier in einer Videobotschaft.

Steinmeier dankte den Menschen, die vor Ort sowie in Deutschland Hilfe leisteten. Viele Menschen setzten sich unermüdlich ein, brächten Hilfstransporte auf den Weg oder sammelten Spenden. Der Bundespräsident sagte, es seien entsetzliche Bilder, „die uns seit Montag aus der Türkei und aus Syrien erreichen“. Ganze Städte seien in Trümmer gelegt worden. Zu sehen seien dramatische Szenen, die auch aus der Ferne kaum auszuhalten seien.

Anwaltverein: Reisen in die Heimat ermöglichen

Der Deutsche Anwaltverein wies derweil darauf hin, dass für manche auch das Reisen in die andere Richtung ein Problem sei. Wie der Verein mitteilte, ist in den vergangenen Tagen eine Vielzahl von Fällen bekannt geworden, in denen Menschen aufgrund abgelaufener Aufenthaltstitel derzeit nicht reisen können, um Verwandten zu helfen oder Beerdigungen zu besuchen. Es gehe wahrscheinlich um Hunderte Fälle. Der Verein forderte eine Notfallbetreuung in deutschen Ausländerbehörden, um in Deutschland lebenden Türken eine Reise in ihre Heimat zu ermöglichen.

Betroffen sind den Angaben zufolge unter anderem Studierende oder Menschen, die als Familiennachzügler oder Fachkräfte nach Deutschland gekommen sind und befristete Aufenthaltstitel haben. Läuft die Aufenthaltserlaubnis ab, kann sie in aller Regel verlängert, gegebenenfalls bis dahin mit einer sogenannten Fiktionsbescheinigung überbrückt werden. Derzeit warteten aber viele auf eine Rückmeldung der Ausländerbehörde, hieß es aus dem Anwaltverein. Für Ausreisen ist das ein Problem, weil die Rückkehr nach Deutschland dann gegebenenfalls nicht möglich ist. Im schlimmsten Fall drohe sogar bei der Ausreise ein Strafverfahren wegen des abgelaufenen Aufenthaltstitels.

Anwaltverein fordert Notfallbetreuung in Ausländerbehörden

Der Anwaltverein bitte daher die Ausländerbehörden, vorübergehend eine Notfallbetreuung einzurichten, „damit Menschen zur Unterstützung Angehöriger oder für Trauerfälle kurzfristig in die Türkei reisen können“, sagte Martin Manzel, Experte für Migrationsrecht. Nach seiner Einschätzung trifft die Betroffenen in der Regel keine Schuld, weil Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltstitel rechtzeitig gestellt worden sind.

„Man stelle sich vor, dass die eigene Tochter, der Ehegatte oder der Vater seit Tagen nicht zu erreichen ist, man unbedingt in die Türkei fliegen muss, dies aber – mangels Fiktionsbescheinigung – einfach nicht kann“, sagte Manzel. Das Gleiche gelte für Beerdigungen, zumal dies in einem islamischen Land sehr schnell auf den Weg gebracht werde.

Moscheen beten für Menschen im Erdbebengebiet

Bundesweit widmeten Moscheen das Freitagsgebet den Betroffenen der Erdbebenkatastrophe in der Türkei. „Möge der erhabene Allah den Hinterbliebenen reichlich Geduld schenken!“, heißt es in den Predigten. Den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern aus aller der Welt möge Kraft geschenkt und andere Menschen und Nationen vor solchem Leid bewahrt werden.

Muharrem Kuzey, Vorsitzender des obersten Religionsrates der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), zeigte sich beeindruckt von der großen Anteilnahme und Solidarität in Deutschland und dem Zusammenhalt der Menschen im Katastrophengebiet. Nach Ditib-Angaben waren bei dem Verband am Mittwoch bereits mehr als sechs Millionen Euro an Spenden eingegangen. (epd/mig) Aktuell Politik

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