Brandanschlag auf Asylbewerberheim
Hauptzeugin im Prozess: Belohnung sollen Hinterbliebene der Opfer bekommen
Im Prozess über einen mutmaßlichen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis vor über 30 Jahren hat die Hauptzeugin die ausgelobte Belohnung in Höhe von 20.000 Mark abgelehnt. Das Geld sollten die Hinterbliebenen der Opfer bekommen.
Montag, 27.02.2023, 20:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.02.2023, 7:59 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Hauptzeugin im Koblenzer Prozess um einen mutmaßlichen Brandanschlag mit einem Toten und zwei Verletzten auf ein Asylbewerberheim 1991 in Saarlouis verzichtet nach eigener Aussage für ihre Hinweise auf eine Belohnung. Diese sollten lieber die Hinterbliebenen der Attacke erhalten, sagte sie am Montag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz. Sie habe auch erst nach ihrer Strafanzeige von dieser Geldsumme erfahren – in ihrer dritten Vernehmung bei der Polizei. 20 000 Mark waren einst für Täterhinweise ausgelobt worden.
Die Zeugin wurde am Montag vor einem Staatsschutzsenat des OLG vereidigt, da ihrer Aussage besonderes Gewicht zukam – ohne sie wäre es nicht mehr zu dem Prozess nach drei Jahrzehnten gekommen. Es gibt beispielsweise weder Fingerabdrücke noch DNA-Spuren in dem Verfahren. Der Angeklagte steht seit November 2022 wegen des Vorwurfs des Mordes sowie des versuchten Mordes in 20 Fällen vor Gericht. Mord verjährt nicht.
Bei dem nächtlichen mutmaßlichen Brandanschlag im Saarland vor mehr als drei Jahrzehnten war der 27 Jahre alte Asylbewerber Samuel Yeboah aus dem westafrikanischen Ghana nach schwersten Verbrennungen gestorben. Zwei andere Hausbewohner brachen sich Knochen beim Sprung aus einem Fenster, 18 Bewohner konnten unverletzt fliehen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem angeklagten heutigen Familienvater vor, das Feuer aus rassistischer Gesinnung gelegt zu haben. Der 51-jährige Deutsche bestreitet die Vorwürfe.
„Das war ich und sie haben mich nie erwischt.“
Die ersten Ermittlungen wurden schon vor rund 30 Jahren eingestellt. Die Schlüsselzeugin, eine Heilerziehungspflegerin, wiederholte am Montag ihre ersten Angaben von einem früheren langen Verhandlungstag: Der Angeklagte habe ihr 2007 bei einem Grillfest mit Blick auf den Brandanschlag 1991 in Saarlouis gesagt: „Das war ich und sie haben mich nie erwischt.“
Sie habe damals noch nicht gewusst, dass es bei dem Brand auch einen Toten gegeben habe. Das habe sie erst 2019 zufällig im Internet gelesen: „Ich war komplett geschockt.“ Das Grillfest zwölf Jahre zuvor habe ihr plötzlich „wieder vor Augen“ gestanden. Zwei Tage lang habe sie überlegt – und sich dann für ihre Online-Anzeige bei der Polizei entschieden. Ihren Eltern sei das aus Angst von Unannehmlichkeiten nicht recht gewesen, was sie nachvollziehen könne. Die Zeugin war in Begleitung der Polizei nach Koblenz gekommen.
Umfeld des Angeklagten
Ihr Freund zu Zeiten der Grillparty 2007 sagte am Montagnachmittag als Zeuge aus, er könne sich nicht erinnern, dass seine damalige Partnerin ihn nach der Party auf ein Geständnis des Angeklagten angesprochen habe. Er selbst sei nach Alkoholkonsum „angeheitert“ gewesen auf der Rückfahrt von dem Fest. Seine Ex-Freundin, die Hauptzeugin, hatte nach eigenen Worten seinerzeit nichts getrunken.
Nach ihrer Anzeige 2019 nahmen die Ermittler das Umfeld des heutigen Angeklagten unter die Lupe. Dabei erlebte auch der 37-jährige Ex-Freund der Hauptzeugin eine Hausdurchsuchung wegen mutmaßlicher Kontakte zur rechtsextremen Szene. Vor dem OLG sagte er als Zeuge, er habe drei- oder viermal bei „Dummgesprächen“ gehört, dass der ihm nur flüchtig bekannte Angeklagte der Täter beim Brandanschlag 1991 in Saarlouis gewesen sei. Der 37-jährige Zeuge stritt ab, nach der Anzeige seiner Ex-Freundin Kontaktdaten und Chats mit einem anderen einstigen Angehörigen der rechten Szene bewusst auf seinem Handy gelöscht zu haben. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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