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Sven Bensmann, Migazin, Kolumne, Bensmann, Sven
MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, Zeichnung MiG

Nebenan

Don’t Panic

Der Schock hat sich ein wenig gesetzt, Zeit also, mit etwas Abstand auf die Marathon-Sitzung der Koalition letzte Woche zu schauen.

Von Montag, 03.04.2023, 13:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 03.04.2023, 9:46 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Lang war die Diskussion über den faulen Koalitionskompromiss, darüber, dass diese Regierung, trotz grüner Beteiligung, diejenige ist, die die Klimaschutzziele dieses Landes unterläuft und beerdigt, weil sie das fragile Ego des Volker Wissing nicht allzu sehr herausfordern will, schließlich sind dornige Chancen ja immer auch irgendwie doch dornig, man kann sich daran also auch stechen, und dann blutet das ja auch, und das tut natürlich weh, und dann müssen der Volker und der Christian am Ende noch weinen. Echte Alpha-Männer eben.

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Es zeigte sich darin einmal mehr, dass in dieser Koalition, die einer toxischen Familie ähnelt, die FDP das plärrende Kind aus der Kondomwerbung ist, von dem sich die Eltern jeden Tag wünschen, sie hätten es besser abgetrieben, die SPD jene überforderte Mutter, die sich aufgegeben hat und tagtäglich mit Melissengeist betäubt, die dem Scheißbengel alles durchgehen lässt, damit er doch nur endlich mal die Fresse hält, und die Grünen der Vater, der das alles mitmacht, weil er Angst hat, alleine zu enden und sich selbst sein Essen kochen zu müssen. Das verzogene Gör hat jetzt zusammen mit der heftig alkoholisierten Mutti die Küche in Brand gesteckt und heischt derweil Vati an, den Brand nicht zu löschen, weil die Flammen so schön funkeln und Mami sich sonst scheiden lasse. Vati gibt also mal wieder nach. Eine brennende Küche ist ja nicht so wild. Die Flammen werden sich schon nicht weiter ausbreiten. Die letzte Generation von Feuerwehrpersonen hämmert indessen mit den Fäusten an der Tür. Sie wollen hereingelassen werden, um den Brand zu löschen – schon weil sie direkt nebenan wohnen, aber auch, weil schlussendlich, wenn niemand den Brand löscht, die ganze Stadt abfackeln werde – Vati kriegt’s aber gar nicht mehr mit, Sportschau läuft.

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„Wenn wir nur alle die Augen fest genug schließen, dann wird sich die Welt auch nicht erwärmen, werden nicht Milliarden von Menschen ihre Heimat verlieren.“

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Und das ist auf eine verquere Weise ja irgendwie auch gesund. Wenn wir nur alle die Augen fest genug schließen, dann wird sich die Welt auch nicht erwärmen, werden nicht Milliarden von Menschen ihre Heimat verlieren, in Asien und Australien, in Amerika, in Afrika und natürlich auch in Europa. Der Meeresspiegel wird dann bestimmt nicht um über 60 Meter steigen. Und wenn man fern der Küste, in Berlin oder Hannover wohnt, dann sind ja selbst diese 60 Meter weit weg.

Oder eben nicht. Laut Wikipedia liegt Hannover durchschnittlich nur 55 Meter über Normalnull. Berlin 30 Meter bis 115 Meter. Selbst Köln (53 Meter über NHN) und Düsseldorf (38 Meter über NHN) würden in der Nordsee landen. Und während sich die Menschen dort dann vielleicht noch fragen, ob sie sich denn eigentlich eine Wohnung in München werden leisten können, bleibt den Menschen an der amerikanischen Ost- und der Westküste von New York bis Miami, von Vancouver bis Los Angeles nur ein feuchtes San Frantschüssko. Im Inland wird es derweil natürlich auch nicht angenehmer, wenn sich Wüsten ausbreiten, Überschwemmungen und Unwetter zunehmen, fruchtbares Land im Meer verschwindet.

Im Blockbuster-Unterhaltungsstreifen „Avengers“ (ich verweigere hier absichtlich den Begriff „Film“, um dieses Machwerk nicht mit dem Film als Kunstform in Verbindung zu bringen) reichte es ja aus, dass sich die Hälfte der Menschheit mit einem Fingerschnipsen in Staub auflöst: Die Welt ist plötzlich entvölkert, Städte erodieren und werden von Pflanzen überwuchert, die Gesellschaft bricht völlig zusammen.

Erst einmal zur Erinnerung: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Films lag die Weltbevölkerung bei etwa 7,7 Mrd. Menschen, die Hälfte davon, also rund 3,9 Mrd., hatte die Erde erst- und letztmalig rund um etwa 1973. Ohne davon anfangen zu wollen, wie bescheuert die Prämisse ist, mit einer Bevölkerung, die einmalig auf den Stand von 1973 zurückgeschnipst wurde, sei das Problem der Überbevölkerung dauerhaft gelöst – wie es der Film postuliert – oder davon, wie bescheuert die Vorstellung ist, die Menschheit habe damals noch im Einklang mit der Natur gelebt, die Welt sei ergrünt und die Natur habe sich die Städte zurückerobert, nachdem die Blumenkinder sich die Haare abgeschnitten und was „Richtiges“ mit ihrem Leben angefangen hätten; soviel will ich für die Jüngeren unter den Lesern aber eben doch festhalten: 1973, das ist nicht graue Vorzeit. 1973 war Watergate, das war die Eröffnung des World Trade Centers in New York City, das waren Liebesgrüße aus der Lederhose und Dark Side of the Moon. Auf besagtem Mond waren bereits Menschen gelandet und sogar eine frühe Form des Internets gab es schon.

Das, was der Welt bevorsteht, wenn die FDP ihren Willen bekommt – und wenn nicht einmal das grüne Deutschland etwas tut, werden sich dutzende Länder dahinter verstecken, werden Länder wie die USA aufgrund von insinuierten Wettbewerbsnachteilen selbst nachjustieren – geht deutlich darüber hinaus, ist nicht bloß katastrophal, es wird die Welt des Menschen beenden, wird einen tatsächlichen Great Reset verursachen, der das dunkle Zeitalter – die Periode zwischen dem Fall des Römischen Reiches und dem Aufstieg des Frankenreiches, in der die Gesellschaft so weit zusammen gebrochen ist, dass praktisch nichts aus dieser Zeit überliefert ist – in den Schatten stellen wird.

Diese Flut wird kommen, die die menschliche Zivilisation hinwegspülen wird, ein perfekter Sturm aus vergifteten Böden, fischlosen Ozeanen, Dürren und Überflutungen, aus steigenden Meeresspiegeln und Verwüstung der Landflächen.  Vielleicht ist es wirklich das gesündeste, davor die Augen zu verschließen. Die Menschheit ist offensichtlich eh nicht in der Lage, sie zu verhindern, warum also sorgen, warum in Panik geraten, wie es Greta Thunberg verlangt?

Schließen wir alle gemeinsam die Augen vor dem was kommt. Geben wir der zerbrechlichen FDP ihren politischen Safespace, in der ihr niemand widerspricht. Dann geht das Ersaufen schneller. Und bis dahin lassen wir es uns eben gut gehen. Meinung

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