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Fluchtursachenbekämpfung

Expertenrat für Klimafragen fürchtet schwaches Klimaschutzgesetz

Deutschland beteuert immer wieder, Fluchtursachen bekämpfen zu wollen. Dazu gehört auch Klimapolitik. Bei den Prüfungen des Expertenrats für Klimafragen fällt sie jedoch regelmäßig durch: Deutschland kommt zu langsam voran und könnte nun auch noch die Gesetzes-Vorgaben aufweichen.

Montag, 17.04.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.04.2023, 5:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Expertenrat für Klimafragen hat die Bundesregierung aufgefordert, das Klimaschutzgesetz nicht zu verwässern. Der Vorsitzende des Gremiums, Hans-Martin Henning, appellierte bei der Vorstellung des jährlichen Prüfberichts am Montag in Berlin an die Ampel-Koalition, die gesetzliche Begrenzung von Emissionen pro Jahr beizubehalten.

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Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP will das Klimaschutzgesetz überarbeiten und sorgt damit seit Wochen für Kritik. Der Expertenrat für Klimafragen bemängelte, die Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom März ließen nicht erkennen, ob es bei der gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Begrenzung klimaschädlicher Emissionen bleiben solle. Für das Erreichen der Klimaziele sei dies aber von zentraler Bedeutung, betonte Henning, der das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme leitet.

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„In keinem Sektor auf einem guten Weg“

Die Zahlen für 2022 hatte das Umweltbundesamt bereits Mitte März veröffentlicht. Einen Monat später wurden sie nun von dem von der Bundesregierung eingesetzten, aber unabhängig arbeitenden Wissenschaftler-Gremium bewertet. Der Rat bestätigte, dass im Verkehrssektor die Klimavorgaben im zweiten Jahr in Folge gerissen wurden. Er machte zugleich deutlich, dass Emissionen auch nicht an anderer Stelle eingespart werden könnten.

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Die stellvertretende Vorsitzende des fünfköpfigen Gremiums, Brigitte Knopf, warnte, 2022 seien die Emissionen nur krisenbedingt eingehalten worden. „Wir sind in keinem Sektor auf einem guten Weg. Deshalb kann auch keiner einen anderen entlasten“, sagte Knopf: „Eine Novelle, die das Klimagesetz schwächt, sehen wir daher kritisch.“ Die Expertin für deutsche und europäische Klimapolitik verglich die von der Ampel geplanten Änderungen mit einem Fitness-Jahresplan. Bisher stehe einmal Schwimmen und einmal Joggen pro Woche im Plan. Künftig werde es nur heißen: Bis Ende des Jahres will ich fitter werden.

Rückgang von Emissionen nicht schnell genug

Insgesamt gingen die umweltschädlichen Emissionen 2022 gegenüber 2021 zwar um 1,9 Prozent zurück, damit aber bei Weitem nicht schnell genug. Würde es in diesem Tempo weitergehen, sei das Klimaziel für 2030 nicht zu erreichen, erklärte der Expertenrat. Bis 2030 müssen die klimaschädlichen Emissionen in Deutschland im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent sinken.

Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser nannte den Prüfbericht „eine höflich formulierte, aber dennoch schallende Ohrfeige für die Klimapolitik der Bundesregierung“. Die Klima-Allianz Deutschland forderte Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf, wirksame Maßnahmen von den säumigen Sektoren einzufordern. Das betrifft vor allem Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), dem der Expertenrat bereits im vorigen Jahr attestiert hatte, ein völlig unzureichendes Sofortprogramm zur Nachbesserung in seinem Bereich vorgelegt zu haben.

Zwangsweise Einhaltung des Klimagesetzes

Nach geltendem Recht müsste Wissing nun bis zum 17. Juli ein weiteres Sofortprogramm vorlegen, ebenso Bauministerin Klara Geywitz (SPD), da auch beim Heizen die Vorgaben aus dem Klimaschutzgesetz zum dritten Mal in Folge nicht erreicht wurden. Neben der Klima-Allianz forderten auch der umweltorientierte Verkehrsclub Deutschland und die Deutsche Umwelthilfe in scharfen Worten, Wissing zur Einhaltung des Klimagesetzes zu zwingen.

Demgegenüber erklärte ein Sprecher des Verkehrsministeriums, er gehe davon aus, dass das Klimaschutzgesetz „zeitnah“ geändert werde, sodass sich ein weiteres Sofortprogramm erübrige. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner erklärte, die Regierung teile die Auffassung des Verkehrsministeriums: „Es gibt jetzt eine andere Beschlusslage.“ Die Bundesregierung werde ein sektorenübergreifenes Programm zum Klimaschutz vorlegen.

Klimapolitik ist Fluchtursachenbekämpfung

Experten zufolge ist Klimapolitik inzwischen auch Fluchtursachenbekämpfung. UN-Angaben zufolge lösen Naturkatastrophen mehr als dreimal so viele Vertreibungen aus, wie Konflikte und Gewalt. Laut dem Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) haben 2021 rund 23,7 Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund von Naturereignissen, wie Dauerregen, langanhaltenden Dürren, Hitzewellen und Stürmen sowohl kurz- als auch langfristig verlassen müssen.

Der unabhängige Expertenrat für Klimafragen prüft jährlich, ob die Reduktionsziele des Bundes erreicht wurden. Er wurde im Rahmen des Bundes-Klimaschutzgesetzes berufen und legt seine Berichte der Regierung und dem Bundestag vor. Die Prüfungen auf Basis von Daten des Umweltbundesamtes umfassen sieben Sektoren, darunter Energiewirtschaft, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Industrie. (epd/mig) Aktuell Panorama

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