Mecklenburg-Vorpommern
Dunkelfeld Antisemitismus – Erster Bericht der Dokumentationsstelle
Die Dokumentations- und Informationsstelle Antisemitismus hat für das Jahr 2022 erstmals einen Jahresbericht zu dort gemeldeten antisemitischen Vorfällen vorgestellt. Noch fehlt der Meldestelle jedoch die nötige Bekanntheit bei den Betroffenen.
Donnerstag, 20.04.2023, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.04.2023, 12:22 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Dokumentations- und Informationsstelle Antisemitismus DIA.MV hat erstmals einen Jahresbericht zu antisemitischen Vorfällen in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Insgesamt 36 Vorfälle seien im Jahr 2022 festgestellt worden, hieß es in dem am Mittwoch in der jüdischen Gemeinde in Schwerin vorgestellten Bericht. Dies betrifft sowohl von Betroffenen gemeldete wie auch durch die Dokumentationsstelle recherchierte Vorfälle.
Landesrabbiner Yuriy Kadnykov wies darauf hin, dass Antisemitismus ein Problem sei, das es immer gegeben habe. Die Jüdinnen und Juden seien damit jedoch weitgehend allein gelassen worden. Die Dokumentationsstelle sei daher wichtig, um zu zeigen, dass nicht nur Menschen jüdischen Glaubens von Antisemitismus betroffen seien, sondern es ein breites gesellschaftliches Problem sei. Kadnykov hofft, dass im Rahmen des von der Landesregierung geplanten Aktionsplans gegen Antisemitismus mehr Präventionsarbeit stattfindet und das Problem aktiv bekämpft wird.
Mehrheit der Fälle hat rechtsextremen Hintergrund
Die Organisation kümmert sich um die Dokumentation und Analyse antisemitischer Vorfälle – auch solcher, die unterhalb der strafrechtlichen Relevanz liegen. Im vergangenen Jahr wurden 2 Angriffe, 5 gezielte Sachbeschädigungen, 28 Anfeindungen und Propaganda sowie 1 Massenzuschrift gezählt. Nicht festgestellt worden sind demnach Fälle extremer Gewalt sowie Bedrohungen. Ziel der Dokumentation sei es, das Dunkelfeld aufzuhellen, hieß es am Mittwoch. Fälle im Internet werden den Angaben nach nur gezählt, wenn Sie sich gegen eine bestimmte Person oder Organisation richten.
Laut DIA.MV hatte die Mehrheit der Fälle (20) einen rechtsextremen Hintergrund. Bei 6 wurde eine Verbindung zum verschwörungsideologischen Milieu gezogen. In den allermeisten Fällen – bei denen das Geschlecht bekannt ist – waren die Täter männlich. Die Protestbewegung im Jahr 2022 wird im Bericht als Nährboden für Verschwörungstheorien beschrieben, welche wiederum für den Antisemitismus anschlussfähig sein können. Hierfür habe es im Jahresverlauf den Angaben nach wiederholt Beispiele gegeben.
Problem: Antisemitismus wird oft nicht erkannt
Die zuständigen Mitarbeiter der Meldestelle machten zudem deutlich, dass die quantitative Aussagekraft des ersten Berichts noch eingeschränkt ist. Dies hänge zu großen Teilen damit zusammen, dass die Möglichkeit, antisemitische Vorfälle zu melden, bei den Betroffenen noch nicht genügend bekannt ist. Hinzu komme, dass Antisemitismus überhaupt erst erkannt werden müsse, hier sehen die Verantwortlichen den Bedarf für eine entsprechende Fokussierung in der Schul-, Hochschul und Erwachsenenbildung.
Eine Zusammenarbeit zwischen DIA.MV und dem LKA steckt derweil noch im Anfangsstadium. Ein direkter Vergleich mit den Daten der offiziellen Kriminalstatistik ist daher noch schwierig. Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) verwies bei der Veranstaltung dennoch auf die Daten des LKA für das Jahr 2022. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der antisemitischen Straftaten um 7 auf 79 Fälle gestiegen. „Jeder Vorfall ist einer zu viel“, so Martin. Die Kriminalstatistik bilde jedoch nur die Spitze des Eisbergs ab, der Antisemitismus sei leider weit verbreitet. Deshalb sei die Arbeit der Dokumentationsstelle so wichtig. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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