Deutschland nicht überfordert
Faeser will keine Höchstgrenzen bei Aufnahme von Geflüchteten
In zweieinhalb Wochen beraten die Bundesländer mit Kanzler Scholz über die Aufnahme Geflüchteter. Bundesinnenministerin Faeser sieht Deutschland damit nicht überfordert, der sächsische Regierungschef Kretschmer fordert Aufnahmestopp von afghanischen Ortskräften.
Montag, 24.04.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 25.04.2023, 7:58 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat Obergrenzen für eine Aufnahme Geflüchteter in Deutschland erneut abgelehnt. Im Interview mit „ZDF heute“ sagte sie am Sonntag, angesichts des Krieges in der Ukraine könne man im Moment nicht verlangen, Höchstgrenzen zu definieren. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte unterdessen von der Bundesregierung eine Begrenzung des Zuzugs und stellte dabei auch die Zusagen für afghanische Ortskräfte infrage.
Freiwillige Aufnahmeprogramme wie etwa für Ortskräfte aus Afghanistan oder für Menschen aus anderen Ländern müssten sofort gestoppt werden, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Oktober das Aufnahmeprogramm gestartet, um durch die Herrschaft der Taliban besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen eine Zuflucht in Deutschland zu ermöglichen. Das Angebot richtet sich vor allem an ehemalige deutsche Ortskräfte, die nach dem Putsch der Taliban und der Evakuierung Kabuls im August 2021 Schutz suchen.
Flüchtlingspolitik-Gipfel am 10. Mai
Monatlich sollten dabei 1.000 Aufnahmeplätze zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung erklärte kurz vor Ostern, dass mit ersten Aufnahme-Zusagen für die kommenden Wochen gerechnet werde.
Mit Blick auf das Bund-Länder-Treffen zur Flüchtlingspolitik am 10. Mai mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte Kretschmer, es gehe nicht allein ums Geld, sondern darum, dass die Anzahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, reduziert werden müsse. Bei dem Treffen müsse die Bundesregierung Lösungen für die Länder und Kommunen präsentieren. Diese klagen seit einigen Monaten über eine Überlastung durch die Aufnahme geflüchteter Menschen.
Faser: Deutschland nicht Überforderung
Faeser verwies auf Bemühungen in der EU, die Menschen aus der Ukraine stärker auf die Mitgliedsstaaten zu verteilen, den Zuzug Geflüchteter insgesamt zu steuern und irreguläre Migration einzudämmen. Sie lobte die Arbeit der Kommunen und Ehrenamtlichen zur Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland und bestritt, dass es eine Überforderung gebe.
Auch die Diakonie in Sachsen kritisiert die Forderung von Kretschmer als unethisch. „Die Aufnahme ist nicht nur aus christlicher Sicht kein Gnadenakt, sondern eine Verpflichtung. Diese Menschen haben teilweise über viele Jahre für die westlichen Länder gearbeitet, die sich in den letzten Jahren für ein demokratisches Afghanistan sowie Menschen- und Frauenrechte eingesetzt haben“, erklärte Diakonie-Chef Dietrich Bauer. Die Betroffenen würden nun in der Falle sitzen und seien der Verfolgung und Willkür der Taliban ausgeliefert.
Diakonie: Forderung sendet falsche Botschaft
„Mit solchen Forderungen wird eine falsche Botschaft an die Öffentlichkeit gesendet. Zum einen wird suggeriert, dass der Stopp freiwilliger Aufnahmeprogramme ein wirkungsvoller Hebel sei, um die Zahl der geflüchteten Menschen, die zu uns kommen, schnell zu verringern“, argumentierte Bauer. Dabei betreffe das nur eine verschwindend geringe Anzahl von Menschen. Zum anderen gehe davon das fatale Signal aus, „Menschen nicht-deutscher Herkunft seien in Sachen nicht willkommen – und das bei dem großen Fachkräfte- und Nachwuchsmangel“.
Im ersten Quartal dieses Jahres ist die Zahl der Asylanträge in Deutschland gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben im Zeitraum von Januar bis März dieses Jahres insgesamt 87.777 Menschen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Das entspricht der Behörde zufolge einem Anstieg um rund 80 Prozent gegenüber dem Vorjahres-Quartal. (epd/mig) Leitartikel Politik
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