Anzeige

Hoffen auf Antworten

Zschäpe als Zeugin im bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss

2018 wurde sie zu lebenslanger Haft verurteilt. Nun will der bayerische NSU-Untersuchungsausschuss Beate Zschäpe vernehmen. Dass sie auf offene Fragen Antworten gibt, ist unwahrscheinlich. Deshalb steht die Vernehmung in der Kritik. Aber der Innenminister hofft.

Montag, 08.05.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.05.2023, 14:22 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die rechtskräftig verurteilte Rechtsterroristin Beate Zschäpe soll am 22. Mai als Zeugin vom NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags vernommen werden. Die Befragung findet aber nicht im Landtag statt, sondern in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz, und zwar in einer nicht-öffentlichen Sitzung. Anschließend soll es eine Online-Pressekonferenz von Ausschussmitgliedern geben und es soll im Nachgang ein Wortprotokoll veröffentlicht werden. Das teilte der bayerische Landtag am Montag auf Twitter mit. Mittel, um Zschäpe zu einer Aussage zu zwingen, gibt es nicht.

Anzeige

Die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) – Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – war von 2000 an jahrelang mordend durch Deutschland gezogen. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Mundlos und Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten. Die beiden töteten sich 2011, um ihrer Festnahme zu entgehen – erst damit war der NSU aufgeflogen.

___STEADY_PAYWALL___

Kritiker gegen Vernehmung von Zschäpe

Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, wurde 2018 nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer zu lebenslanger Haft verurteilt – als Mittäterin, auch wenn es nie einen Beweis dafür gab, dass sie selbst an einem der Tatorte war. Das Oberlandesgericht München stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Revision Zschäpes im August 2021 verworfen. Sie verbüßt ihre Haftstrafe bereits seit 2019 in der JVA Chemnitz.

Anzeige

Ziel des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses im Landtag ist es unter anderem, mögliche Verbindungen des NSU in die Neonazi-Szene in Bayern aufzuklären. Dabei hoffen die Abgeordneten nun auch auf Zschäpe, was Kritikern zufolge unwahrscheinlich ist. Mit der Vernehmung werde Zschäpe werde als Zeugin ein weiteres Mal ins Rampenlicht gestellt, so der Vorwurf.

Herrmann hofft auf Antworten

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) räumte am Montag als Zeuge vor dem Ausschuss ein, es seien „Hunderte Fragen noch offen und ungeklärt“. Etwa nach weiteren Beteiligten, nach möglichen Helfershelfern vor Ort, nach weiteren Mitwissern, nach der Auswahl der Opfer durch die Terroristen. Zum Verdacht, geäußert auch von seinem Vorgänger Günther Beckstein (CSU), dass die Täter unter anderem in Nürnberg Unterstützer vor Ort gehabt haben müssen, sagte der Innenminister: „Da spricht aus laienhafter Betrachtung viel dafür – aber es gibt halt keine konkreten Belege oder Beweise.“ Er ergänzte, auch er hoffe, dass die Vernehmung Zschäpes hier Ergebnisse liefere.

Im NSU-Prozess hatte sich Zschäpe in schriftlichen Einlassungen geäußert sowie zweimal selbst zu Wort gemeldet. Schriftlich räumte sie ein, von den Banküberfällen ihrer Freunde Mundlos und Böhnhardt gewusst und die letzte Fluchtwohnung des Trios im sächsischen Zwickau in Brand gesteckt zu haben. Aber von den Morden und Anschlägen will sie immer erst im Nachhinein erfahren haben. Später sagte sie in einer kurzen Erklärung, sie bedauere ihr „Fehlverhalten“ und sie verurteile, was Mundlos und Böhnhardt den Opfern „angetan haben“. Das Münchner Oberlandesgericht folgte dagegen der Argumentation der Bundesanwaltschaft: Zschäpe habe sehr wohl „alles gewusst, alles mitgetragen und auf ihre eigene Art mitgesteuert und mit bewirkt“. Aktuell Panorama

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. Levent Öztürk sagt:

    Die Antworten standen in den geschreddertern Beweis-Schiftstücken und stehen in den zu Staatsgeheimnissen proklamierten und für 120 Jahre weggesperrten Dokumenten. Einfach die weggesperrten Dokumente eisnehen, bewerten und dann auch Mal handeln! Was für eine für Dummverkauferei, Augenwischerei und Schmierenkomödie!