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30 Jahre Solingen-Anschlag

Steinmeier: „Ich spreche von Rechtsextremismus. Von Rassismus. Von Menschenfeindlichkeit.“

Zum 30. Jahrestag des rassistischen Brandanschlags von Solingen – einer der dunkelsten Tage – sind die Spitzen des Staates in die Stadt gekommen für einen demonstrativen Schulterschluss gegen Rassismus und rechte Gewalt.

Montag, 29.05.2023, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.05.2023, 17:44 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

30 Jahre nach dem rassistischen Brandanschlag von Solingen hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen wachsamen und wehrhaften Staat gegen rechten Terror gefordert. „Als Bundespräsident kann ich nicht dazu schweigen, in welchem Klima diese Anschläge gediehen sind“, sagte Steinmeier am Montag bei einer Gedenkveranstaltung in Solingen.

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„Unmittelbar nach dem Brandanschlag waren hier in Solingen alle Strickleitern ausverkauft“, erinnerte Steinmeier. „Die Menschen hatten Angst, sich im Notfall sonst nicht mehr aus dem oberen Stockwerk ihres Hauses retten zu können. In den Wohnungen standen damals Wassereimer bereit, um bei einem Feuer schnell löschen zu können. An den Klingelschildern und Briefkästen wurden alle fremd klingenden Namen abmontiert.“

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Viel zu lange habe das Land der Behauptung von den verblendeten Einzeltätern aufgesessen, sagte Steinmeier. Die Strukturen und die Ideologie der Täter seien lange ignoriert worden. „Ich spreche von Rechtsextremismus. Von Rassismus. Von Menschenfeindlichkeit.“

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Steinmeier: „Ich nenne das Terror“

Rechtsextreme und Rassisten entmenschlichten den Einzelnen und verbreiteten damit Angst und Schrecken. „Ich nenne das: Terror. Dieser rechte Terror ist verantwortlich für die Toten hier in Solingen. Diesen rechten Terror gab es vor Solingen, und es gibt ihn nach Solingen“, sagte der Bundespräsident. „Ich bin fassungslos, wenn ich höre, dass einzelne Angehörige von Sicherheitsbehörden, die rechtsextreme Anschläge verhindern sollen, sich in rechten Chatgruppen organisieren. Das können und das dürfen wir nicht dulden“, forderte Steinmeier.

Vor 30 Jahren, am 29. Mai 1993, starben fünf türkische Mädchen und Frauen, als Rechtsradikale das Wohnhaus der Familie Genç anzündeten: Saime Genç (4), Hülya Genç (9), Gülüstan Öztürk (12), Hatice Genç (18) und Gürsün Ince (27). Der Anschlag gilt als eines der schwersten rassistischen Verbrechen in der Geschichte der Bundesrepublik.

Faeser beklagt Versäumnisse

Kurz nach der Tat waren vier junge rechtsradikale Solinger im Alter zwischen 16 und 23 Jahren festgenommen worden. Sie waren der rechten Szene zuzuordnen und wurden 1995 wegen Mordes verurteilt. Sie sind längst wieder auf freiem Fuß.

„Auch 30 Jahre nach der grausamen Tat von Solingen sind wir noch immer fassungslos, zornig, traurig“, sagte Steinmeier. Aber: Wir sind nicht eingeschüchtert, nicht hilflos, nicht tatenlos.“ „Wichtig ist in solchen Situationen immer, dass sich die Politik geschlossen gegen diese rassistische Stimmung stellt“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die ebenfalls nach Solingen gekommen war. „Damals sind wir nicht früh genug entgegengetreten, damals haben wir die Zusammenhänge nicht gesehen. Das war ein Versäumnis der damaligen Politik, das muss man ganz klar auch so benennen“, sagte Faeser am Rande der Gedenkveranstaltung. „Deswegen bin ich froh, dass alle drei Ebenen hier sind. Die Kommune macht einen tollen Job, die Landesregierung ist gut vertreten, der Bund ist gut vertreten, der Bundespräsident selbst ist da. Das sind die richtigen Signale an einem solchen Tag des Gedenkens.“

Wüst: „Einer der dunkelsten Tage“

„Der 29. Mai ist einer der dunkelsten Tage in der Geschichte unseres Landes“, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). „Es war ein Anschlag, begangen aus Hass. Wie kann jemand Hass auf eine Vierjährige haben?“

Solingens Bürgermeister Tim Kurzbach (SPD) erinnerte an die Worte der im vergangenen Oktober gestorbenen Mevlüde Genç, die bei dem Anschlag mehrere Familienmitglieder verlor: „Der Tod meiner Kinder soll uns dafür öffnen, Freunde zu werden.“ In der Stadt war am Sonntag ein Platz nach der Bundesverdienstkreuzträgerin benannt worden.

Viel Prominenz

Für die Türkei dankte deren stellvertretender Außenminister Yasin Ekrem Serim den Verantwortlichen der Stadt Solingen dafür, dass sie das Gedenken an den Anschlag zur „DNA der Stadt“ habe werden lassen. Auch die Hilfe aus Deutschland für die Opfer des schweren Erdbebens in der Türkei sei in seinem Land sehr dankbar aufgenommen und registriert worden.

An der Gedenkveranstaltung nahmen neben Bundes- und Landesministern, der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und dem Landtagspräsidenten André Kuper (CDU) auch die überlebenden Familienmitglieder und Angehörige der Todesopfer teil.

Özlem Genç: „Der Hass bringt den Tod“

Schließlich ergriff eine Enkelin von Mevlüde Genç am Ende der Veranstaltung das Wort: Ihre Großmutter habe Deutschland nach dem Anschlag nicht verlassen, sondern zu Liebe und Besonnenheit aufgerufen und bewusst die deutsche Staatsangehörigkeit beantragt, sagte Özlem Genç.

„Der Hass bringt den Tod“, habe ihre Großmutter gesagt und so den triumphalen Sieg des Guten über das Böse verkörpert. Man müsse sich heute aber auch fragen, ob die laute Minderheit das Problem sei, die das Internet mit Hass überflute, oder die breite Mehrheit, die nicht in der Lage sei, das Richtige zu sagen. (dpa/mig) Leitartikel Panorama

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  1. Levent Öztürk sagt:

    Leider stets nur leere Worte. Nach dem rassistisch motivierten Brandanschlag 1992 in Mölln auf ein von Türken bewohnten Haus mit 3 Toten und 9 Schwerverletzten folgte wieder ein Brandanschlag diesmal in Solingen 1993. Das war für alle Türken mehr als unfassbar. Danach riss die Serie nicht ab, regelmäßig Brandanschläge auf Häuser von Türken und ein sytematisch organisierter Neonazi-Terror gerichtet gegen in Deutschland lebende Türken, NSU-Serienverbrechen, NSU 2.0, Bombenanschläge wie in Nürnberg oder Köln-Keupstr., Anschläge wie in Hanau oder München. Sehr schlimm war auch die Brandanschlagsserie initialisiert durch den rassistisch geführten Wahlkampf des Roland Koch in Hessen, wo sehr viele Brandanschläge auf Häuser von Türken durchgeführt wurden wieder mit vielen Toten und Verletzten Türken. Und immer wie ein roter Faden das inakzeptable Verhalten der deutschen Polizeibehörden, Justizbehörden und Politik in der „Drei Affen Haltung“. Jeder Türke ist sich sicher: Wären all diese viele dutzende von Opfern dieser auszugsweise erwähnten rassistischen Attacken Deutsche, Israelis oder US-Bürger, dann wären die NSU-Starftaten alle lückenlos aufgeklärt, alle Neonazi-Netzwerkle zerschlagen, die diesen Neonazi-Terror supportenden Hintermänner, Beweisvernichter, Schredderer und Vertuscher bereits alle vor Gericht und hinter Gitter und auch solche auf Kosten und auf dem Rücken von Türken und anderen Migranten durchgeführten „Neonazi-Duldungs-Experimente“ der Sorte 90 AfD-Abgeordnete im Bundestag wären definitiv nicht umgesetzt worden. Den deutschen Medien kann man keine Verantwortungslosigkeit vorwerfen, weil sie ja sehr intensiv mit der Detekltion von angeblichen Menschenrechts- und Rechtstaatlichkeits Defiziten in der Türkei beschäftigt sind und daher solche realexistenten Missstände und Defizite bezüglich Neonazi-Terror in Deutschland nicht eingehend recherchieren können.