Ratgeber
Handyverträge für Geflüchtete: Diese Fallstricke sind zu beachten
Gespräche ins Ausland, Internetverbindung, Familien-Tarife – es gibt einiges, was Geflüchtete bei der Wahl des richtigen Handytarifs beachten sollten. Warum WLAN dabei eine wichtige Rolle spielt und wie die Kostenkontrolle besonders leicht erfolgt, zeigt dieser Ratgeber.
Donnerstag, 08.06.2023, 0:02 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 09.06.2023, 11:10 Uhr Lesedauer: 5 Minuten |
Diese Tarif-Fakten sind wichtig
Für die Mehrzahl der Geflüchteten ist das Handy der beste Freund. Allein in der Ferne, ein neues Land und auf sich gestellt brauchen sie einen Anker. Mit dem Telefon kommunizieren sie nicht nur mit Angehörigen im Heimatland, sondern können sich auch ein Netzwerk in Deutschland mit Gleichgesinnten aufbauen. Es kann auch als Schutz dienen, denn immer wieder werden Geflüchtete auf offener Straße angefeindet und diffamiert. Hat das Handy eine Videofunktion, lassen sich solche Übergriffe aufzeichnen und womöglich als Beweismittel gegen die Angreifer nutzen.
Internet-Flatrate hilft beim Sparen
Um auch fernab des Heimatlandes informiert zu bleiben, verfolgen Geflüchtete oft soziale Medien wie Facebook, Instagram oder Twitter. Der Aufruf der Seiten ist nur mit einer funktionierenden Internetverbindung möglich, die jedoch in vielen Telefontarifen gar nicht ohne großen Mehrkostenaufwand enthalten ist. Geflüchtete können zwar öffentliche Netzwerke zum kostenlosen Surfen im Internet (u.a. für den Zeitvertreib bei Stakers oder anderen Portalen) nutzen, aber in Deutschland ist der öffentliche Hotspot-Ausbau noch nicht überall fortgeschritten.
Deshalb sind Tarife empfehlenswert, die eine unbegrenzte Internet-Nutzung bereithalten. Somit können Geflüchtete ohne Angst vor enormen Mehrkosten oder plötzlichen Kommunikationseinschränkungen aufgrund des aufgebrauchten Datenvolumens online aktiv sein. Bei der Auswahl behilflich sind Vergleiche der einzelnen Tarifangebote, denn es gibt die Filtermöglichkeit für unbegrenztes Datenvolumen. Dies ist auch eine echte Alternative, um ohne Kosten ja „Voice Over IP“ oder Apps mit seinen Freunden, Bekannte und der Familie (im Heimatland) sogar mehrfach täglich zu kommunizieren.
Tarife für Auslandsgespräche
Wer aus Deutschland ins Ausland telefoniert, muss womöglich mit überraschenden Mehrkosten rechnen. Ursächlich dafür sind die sogenannten Roaming-Gebühren. Sie alle außerhalb der EU an und können pro Minute 1 Euro zusätzlich oder mehr ausmachen. Bis 1. Juli 2022 mussten deutsche Handynutzer noch mit zusätzlichen Kosten für Anrufe nach/von Spanien, Italien und anderen EU-Ländern aus rechnen. Doch damit ist seit der Neufassung Schluss.
Noch immer gelten jedoch Gebühren für Telefonate in das Nicht-EU-Ausland. Die meisten Geflüchteten stammen beispielsweise aus Syrien, Afghanistan, dem Iran, Irak, Eritrea oder Somalia. Während viele Handytelefonate in Deutschland und der EU mittlerweile sogar kostenlos sind, können sie in die genannten Herkunftsländer schnell mehr als 40 Cent und mehr pro Minute Kosten. Mittlerweile bieten viele Telekommunikationsanbieter jedoch buchbare Optionen. So können Geflüchtete beispielsweise besonders kostengünstig in ihr Herkunftsland telefonieren, wenn sie die zusätzliche Tarifoption gewählt haben.
Lange Verträge vs. Prepaid: Was ist die bessere Variante?
Wer einen neuen Handyvertrag in Deutschland abschließt, hat überwiegend eine Laufzeit von 24 Monaten. Da viele Geflüchtete noch gar nicht wissen, wie lange sie in Deutschland bleiben, haben Sie eine langfristige Vertragsbindung mit Kostenbelastung. Verlassen sie Deutschland innerhalb des Vertragslaufzeitraumes, bleiben sie womöglich auf den monatlichen Zahlungen sitzen und kommen nur schwer aus dem abgeschlossenen Vertrag heraus.
Um erreichbar und flexibel zu sein, sowie volle Kostenkontrolle zu haben, sind Prepaid-Tarife oft eine gute Alternative. Sie lassen sich ebenso unkompliziert online abschließen und sind mit verschiedenen Guthaben-Paketen erreichbar. Sobald der aufgeladene Betrag aufgebraucht ist, kann wieder nachgeladen werden. Diese Prozedur hilft, um mit den ausgezahlten liquiden Mitteln für Geflüchtete besser zurechtzukommen und sich an die neue Lebenssituation in Deutschland schrittweise zu gewöhnen.
Da die Einkommensmöglichkeiten in den Herkunftsländern häufig deutlich geringer als in Deutschland sind, hilft beispielsweise ein Prepaid-Vertrag, die Kosten im Auge zu behalten und das zugeteilte Taschengeld bestmöglich zu nutzen.
Prepaid-Tarife oft die einzige Möglichkeit für Handynutzung
Voraussetzung für einen klassischen Telefonvertrag in Deutschland ist die feste Wohnanschrift und eine gute Bonität. Doch Geflüchtete haben meist nur eine vorübergehende Adresse und sind bei der SCHUFA nicht registriert. Damit fehlen ihnen wichtige Voraussetzungen, um in den Genuss eines preislich attraktiven Vertrages zu kommen. Damit Geflüchtete keine überteuerten Verträge von schwarzen Schafen der Mobilfunkbranche abschließen, sind die Prepaid-Verträge meistens die bessere Option.
Geflüchtete haben ein Recht auf Handy-Privatsphäre
Sobald Geflüchtete Deutschland erreicht haben, haben sie einen Anspruch auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Hierzu gehören Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Heizung, Gesundheitspflege sowie Verbrauchs- und Gebrauchsgüter. Ein sogenanntes Taschengeld wird ebenso bereitgestellt wie Leistungen bei Geburt, Schwangerschaft und Krankheit. Ein Recht auf ein Telefon oder einen Telefonvertrag haben Geflüchtete jedoch nicht. Die Kosten dafür müssen sie von ihrem Taschengeld bestreiten. In den ersten sechs Monaten gibt es circa 146 Euro pro Monat und Person. Von dem Betrag müssen auch eventuelle Kosten für den Telefonvertrag und den Telefonkauf realisiert werden. Deshalb ist ein umfangreicher Vergleich mit maximalem Sparpotenzial so wichtig.
Ein Anrecht haben Geflüchtete hingegen auf Privatsphäre bei ihrem Telefon. Ein Urteil vom Februar 2023, des Bundesverwaltungsgericht des Leipzig hat das Gebaren des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) untersagt. Asylsuchende sind nicht dazu verpflichtet, die Daten ihres Smartphones ohne Anlass preiszugeben. Beim Amt war es gängige Praxis, dass das Smartphone auf Hinweise zur Identitätsfeststellung genutzt wurde. Eine afghanische Geflüchtete hatte sich dagegen gewehrt. Bei ihrer Antragstellung 2019 konnte sie alle notwendigen Dokumente für ihre Identitätsfeststellung vorliegen, sollte jedoch trotzdem die Zugangsdaten zu ihrem Smartphone herausgeben. Das Gericht entschied nun für die Geflüchtete und dieses Urteil hat Leuchtturmwirkung für die künftige Praxis. (bg) Panorama
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